Coronamaßnahmen an Schulen - Kindeswohlgefährdung?

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Anordnung von Maskenpflicht - Anordnung von Schnelltests - Einhaltung von Sicherheitsabständen an Schulen - 

Können Kinder von diesen Maßnahmen gefährdet werden?


Zu diesem Thema erhalten wir derzeit zahlreiche Anfragen von besorgten Eltern, die sich wegen der Maßnahmen an den Schulen um ihre Kinder sorgen. 

Aufgrund der aktuellen Corona-Krise und der umstrittenen einhergehenden Maßnahmen und Verordnungen ist das Thema allgemein politisch sehr aufgeladen.

Vorliegend geht es speziell um Kinder, die von den Anordnungen betroffen sind. 

Welche Gerichte sind zuständig?  Kann ein Familiengericht über Corona-Maßnahmen entscheiden?

Üblicherweise sind seit Beginn der Corona-Krise die Verwaltungsgerichte mit den Coronamaßnahmen beschäftigt. Sie prüfen die Rechtmäßigkeit von Infektionsschutzmaßnahmen oder Rechtsverordnungen der Landesregierungen.

Da auch Kinder an ihren Schulen betroffen sind, mussten sich nunmehr auch Familiengerichte mit der Thematik befassen.

Einige Familiengerichte sahen sich nicht als zuständig bei der Thematik an und teilten mit, dass bei Entscheidungen bei der derzeitigen Coronkrise Verwaltungsgerichte und Verfassungsgerichte zuständig seien, nicht aber Familiengerichte. 

In Sorgerechtsverfahren sind jedoch bei Fragen bezüglich einer Kindeswohlgefährdung grundsätzlich die Familiengerichte zuständig. Hierbei sind die Familiengerichte bei Kindeswohlgefährdung grundsätzlich auch befugt, Anordnungen gegenüber Dritten zu treffen.

So hat das Familiengericht in Weimar im Rahmen einer einstweiligen Verfügung vom 08.04.2021 unter dem Aktenzeichen 9 F 148/21 die Maskenpflicht und die Durchführung von Schnelltests an einer Grundschule und an einer Realschule in Weimar per Beschluss untersagt. Die Entscheidung hat für bundesweites Aufsehen gesorgt. Den Schulen und den Lehrern der Schulen wurde verboten, die Maskenpflicht anzuordnen, Schnelltests anzuordnen und zu der Einhaltung von Mindestabständen untereinander zu verpflichten. Hintergrund des Verfahrens war ein Antrag einer Mutter von zwei Kindern, die unterschiedliche Schulen besucht haben, die das Kindeswohl ihrer Kinder durch die durch Verordnung angeordneten Maßnahmen gefährdet sah.

Im Einzelnen hat das Familiengericht den Schulleitungen und den Lehrern der beiden Schulen verkürzt folgendes untersagt:

  1. Im Unterricht und auf dem Schulgelände Masken aller Art zu tragen,
  2. Mindestabstände untereinander oder zu anderen Personen einzuhalten,
  3. an Schnelltests teilzunehmen.

Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wurde angeordnet.

Das Familiengericht hat seine Entscheidung mit mehreren Expertengutachten und zahlreichen Literaturquellen begründet. Es stellt fest, dass die Kinder bei Einhaltung der Maßnahmen physisch, psychisch und pädagogisch geschädigt werden. Ein Nutzen für die Kinder oder für Dritte sei demgegenüber aufgrund der angeordneten Maßnahmen nicht feststellbar.

Die Zuständigkeit der Familiengerichte wurde bejaht

Das Familiengericht in Weimar hat die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges verneint und ihre Zuständigkeit bei der Überprüfung von Infektionsschutzmaßnahmen bejaht. 

Hierzu hat das Familiengericht § 1666 BGB (Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls) herangezogen, da es eine Kindeswohlgefährdung angenommen hat. Darin heißt es unter Absatz 1:

„Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abhebung der Gefahr erforderlich sind…..“

Unter Absatz 4 des § 1666 BGB heisst es:

„In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.“

Auch das Familiengericht in Weilheim hat am 13.04.2021 unter dem Aktenzeichen 2 F 192/21 wegen Gefährdung des Kindeswohls ein Kind von der Maskenpflicht in seiner Schule im Rahmen einer einstweiligen Anordnung per Beschluss befreit. Die Maskenpflicht wurde bei Kindern als kindeswohlgefährdend eingestuft. Das Familiengericht ordnete in seinem Beschluss an, dass die Schulleitung das Kind nicht mehr zum Tragen einer Maske auf dem Schulgelände verpflichten kann. Zudem entschied das Gericht, dass das Kind wegen der Entscheidung in der Klasse nicht isoliert werden darf. 

Auch hier wurde die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet.

Das Familiengericht hat seine Zuständigkeit ebenfalls überzeugend mit § 1666 BGB begründet.

Das Familiengericht hat sich bei seiner Entscheidung auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Christof Kuhbandner, Universität Regensburg, gestützt, welche Schäden physischer, psychischer und pädagogischer Art durch das Tragen von Masken insbesondere bei Kindern, bejaht hat. Das Familiengericht hat aufgrund dieses Sachverständigengutachtens eine körperliche und seelische Gefährdung des Kindeswohls bei Tragen einer Maske bejaht.

Sind Sie der Ansicht, dass das Kindeswohl Ihres Kindes durch die Anordnungen in der Schule gefährdet sein könnte? Gibt es Anhaltspunkte bei Ihrem Kind, anhand dessen eine Gefährdung zu bejahen wäre?

Gerne beraten wir Sie zu diesem Thema und schauen mit Ihnen gemeinsam, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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