Welches Gericht ist für Streitigkeiten wegen Kindeswohlgefährdung wegen Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen zuständig?

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Was war geschehen?

Beim Familiengericht war von Eltern minderjähriger Schüler ein Verfahren zur Beendigung einer befürchteten Gefährdung des Kindeswohls angeregt worden. Auslöser war eine schulinterne Anordnung, welche die Schüler zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes verpflichtete, sowie die Einhaltung von Mindestabständen zu anderen Personen gebot.

Das Familiengericht erklärte sich für unzuständig und beschied den Antrag als unzulässig. Hierfür sei einzig das Verwaltungsgericht zuständig.

Das Verwaltungsgericht teilte diese Auffassung nicht. Es sah seine Zuständigkeit nicht für gegeben. Zur Klärung des Rechtswegs rief das Verwaltungsgericht das Bundesverwaltungsgericht an. Dies bestätigte die Auffassung des Verwaltungsgerichts.

Die Entscheidungsgründe:

Zur Begründung wurde vom Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass zwar grundsätzlich die Verweisung von einem Gericht an eine andere Gerichtsbarkeit bindend sei. Jedoch, wenn die Entscheidung des verweisenden Gerichts nach verständiger Würdigung nicht nachvollziehbar erscheine und offensichtlich unhaltbar sei, gelte dieser Grundsatz nicht.

Die betroffenen Eltern hätten durch ihr Schreiben an das Amtsgericht ihr Begehren ausdrücklich darauf beschränkt, ein familiengerichtliches Tätigwerden gegen die Schule wegen einer befürchteten Kindeswohlgefährdung anzustoßen.

Ziel des Verfahrens sei es nicht gewesen, durch eine gerichtliche Entscheidung die Schule zu verpflichten, die mit einer Unterlassung von Maßnahmen einhergingen. Damit hätten die Eltern keine Entscheidung verlangt, welche gegen die Schule gerichtet sei und über welche die Verwaltungsgerichte zu entscheiden hätten. Fragen einer Kindeswohlgefährdung könnten jedoch allein die Familiengerichte entscheiden. Diese könnten zudem von Amts wegen Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung eröffnen, ohne dass ein Beteiligter dies beantragt habe.

Richtig wäre es seitens des Familiengerichts gewesen, die Anregung der Eltern nicht aufzunehmen und damit kein Verfahren zu eröffnen, oder ein bereits eröffnetes Verfahren von Amts wegen zu beenden. Dass das Familiengericht die Eltern an das Verwaltungsgericht verwiesen habe, sei mit den Prozessgrundsätzen der Verwaltungsgerichtsordnung unvereinbar. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit kenne keine von Amts wegen einzuleitenden Verfahren. In der Verwaltungsgerichtsbarkeit sei es einzig dem Kläger/Antragsteller überlassen, mit welchem konkreten Ziel er sein Verfahren anstrenge.

Es könne nicht sein, dass die Verweisung an das Verwaltungsgericht tatsächlich bindend werde, ansonsten würden die betroffenen Kinder, für welche durch die Eltern lediglich bestimmte Maßnahmen angeregt wurden, Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens.

BVerwG, Beschl. v. 16.06.2021 - 6 AV 1.21


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