Coronavirus: Die wichtigsten neun Fragen für Arbeitnehmer

  • 7 Minuten Lesezeit

Das Coronavirus steht insbesondere mit der Arbeit im Konflikt. Die Antworten auf diese 9 Fragen helfen Arbeitnehmern nun weiter. 

  1. Kann mir der Arbeitgeber wegen Corona kündigen? 
  2. Muss ich zur Arbeit gehen, wenn der Kindergarten schließt?
  3. Ist es möglich, aus dem Home Office zu arbeiten?
  4. Was tue ich, wenn ich infiziert bin?
  5. Kann der Arbeitgeber Überstunden anordnen? 
  6. Bus und Bahn fahren nicht: Bekomme ich Gehalt? 
  7. Erhalte ich bei Betriebsschließung weiter Gehalt?
  8. Was gilt bei einer Ausgangssperre für die Arbeit? 
  9. Bin ich zu einer Dienstreise verpflichtet?
  10. Fazit

1. Kann mir der Arbeitgeber wegen Corona kündigen?

Gerade wegen der wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus bangen viele Arbeitnehmer um ihren Arbeitsplatz. Eine betriebsbedingte Kündigung kommt allerdings nur in Betracht, wenn der Arbeitsbedarf im Betrieb dauerhaft geringer ist. Vorübergehende Umsatzschwankungen genügen dafür noch nicht.

Es spricht vieles dafür, dass im Rahmen der Coronakrise nur von vorübergehenden Beeinträchtigungen auszugehen ist. Zudem muss die Kündigung das letzte Mittel sein. Zuvor hat der Arbeitgeber alle anderen Mittel zu nutzen, wie z. B. Kurzarbeitergeld, Überstundenabbau oder Arbeitszeitverkürzungen. Auch muss der Arbeitgeber prüfen, ob er betroffene Arbeitnehmer nicht an anderer Stelle sinnvoll einsetzen kann.

Selbst wenn ausnahmsweise eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht kommt, ist sie zunächst gegenüber den sozial am wenigsten beeinträchtigten Mitarbeitern auszusprechen. Im Rahmen dieser sog. Sozialauswahl kommt es auf Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderungen an.

All dies gilt nur, soweit das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. In Kleinbetrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern und während der Probezeit kann der Arbeitgeber allerdings leichter kündigen.

2. Muss ich zur Arbeit gehen, wenn der Kindergarten schließt?

Für viele Arbeitnehmer stellt sich die Frage, ob sie zu Hause bleiben dürfen, wenn es keine Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind gibt. Dennoch weiter am Arbeitsplatz erscheinen zu müssen, wäre in den meisten Fällen wohl unzumutbar. Arbeitnehmer dürfen die Arbeit daher verweigern, wenn ihr Kind tatsächlich nicht anders betreut werden kann. 

Ist dies nicht im Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen, ist Ihr Arbeitgeber außerdem dazu verpflichtet, Ihnen für die Dauer von ein paar Tagen weiterhin Ihr Gehalt zu zahlen (§ 616 BGB).

Für die Lohnfortzahlung müssen allerdings folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das Kind muss tatsächlich dauerhaft betreuungsbedürftig sein. Dies ist vor allem vom Alter des Kindes abhängig.
  • Außerdem darf keine andere Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung stehen. Hier kommen zum Beispiel der Ehepartner oder ältere Geschwister infrage.

Wie lange Ihnen im Fall der Schließung von Kindergärten und Schulen eine Lohnfortzahlung zusteht, ist vom Einzelfall abhängig. Dabei ist ausschlaggebend, wie lange Sie bereits für den Betrieb arbeiten und ob Ihnen Ausweichmöglichkeiten zumutbar sind.

Bisher haben die Gerichte bis zu ein bis zwei Wochen gestattet. Ist Ihnen darüber hinaus die Wiederaufnahme Ihrer Arbeit dennoch nicht möglich, müssen Sie damit rechnen, dass Ihr Lohn entfällt. Können Sie glaubwürdig nachweisen, dass es keine andere Betreuungsmöglichkeiten für Ihr Kind gibt, können Sie jedoch die Arbeit verweigern, ohne dass Ihnen eine Abmahnung oder Kündigung droht.

3. Ist es möglich, aus dem Homeoffice zu arbeiten?

In ein Homeoffice dürfen Sie grundsätzlich nur wechseln, wenn Ihr Arbeits- oder Tarifvertrag dies vorsieht. Müssen Sie laut Vertrag im Betrieb anwesend sein und machen dennoch Homeoffice, drohen Ihnen eine Abmahnung oder sogar die Kündigung. Hier empfiehlt sich gerade in diesen Krisenzeiten ein Gespräch mit dem Arbeitgeber.

Allerdings können Sie Ihren Arbeitgeber natürlich unabhängig von Ihrem Arbeits- oder Tarifvertrag bitten, von zu Hause aus arbeiten zu dürfen. Um Unklarheiten zu vermeiden, sollten Sie in diesem Fall Dauer und Arbeitszeit genau absprechen.

Ihr Arbeitgeber darf Sie grundsätzlich natürlich auch von sich aus nach Hause schicken, wenn der Verdacht auf eine Infektion besteht, auch wenn Sie arbeitsfähig und nicht infiziert sind. In einem solchen Fall muss er den Lohn jedoch weiterzahlen.

Von zu Hause aus arbeiten müssen Sie dann nur, wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag dies vorsieht.

Jedenfalls gilt dies unter gewöhnlichen Umständen. Im Einzelfall ist denkbar, dass die sog. Treuepflicht Sie dazu verpflichtet, einzelne Arbeiten von zu Hause aus vorzunehmen. Dann muss allerdings eine Art Notsituation im Betrieb herrschen (konkrete Existenzbedrohung z. B.). Zur Dauerlösung kann diese Maßnahme allerdings nicht werden. Ohnehin herrscht in einem solchen Fall Rechtsunsicherheit, weil vergleichbare Situationen noch nicht von den Gerichten entschieden wurden.

4. Was tue ich, wenn ich infiziert bin? 

Haben Sie sich mit Corona infiziert, müssen Sie zunächst Ihren Arbeitgeber informieren. Auch ohne Kenntnis der Infektion darf er Sie fragen, ob Sie vor kurzem in einem Risikogebiet unterwegs waren oder Kontakt zu Infizierten hatten.

Müssen Sie sich in (Haus-)Quarantäne begeben, muss der Arbeitgeber Ihr Gehalt für die Dauer von sechs Wochen weiterzahlen. Sind Sie länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt, erhalten Sie anschließend Krankengeld von der Krankenkasse (wenn Sie arbeitsunfähig erkrankt sind) oder eine Entschädigung in derselben Höhe vom Staat (wenn sie bloß infiziert sind, aber vom Ansteckungsrisiko abgesehen arbeiten könnten).

Sollten Sie nicht arbeitsunfähig, aber dennoch unter Quarantäne sein (z. B. als Verdachtsfall), kann Ihr Arbeitgeber das Gehalt vom Staat zurückverlangen. Dies ergibt sich aus § 56 IfSG. Der Arbeitgeber muss hierzu einen Antrag beim Landschaftsverband stellen. Ein Formular ist auf der Internetseite des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) zu finden.

5.  Kann der Arbeitgeber Überstunden anordnen? 

Die Anordnung von Überstunden durch den Arbeitgeber in Notsituationen ist grundsätzlich möglich. Sie kommt wegen des Coronavirus in Betracht, wenn viele Mitarbeiter ausfallen und erhebliche Risiken für den Betrieb drohen. Den Arbeitnehmer trifft dann eine Treuepflicht. Jedoch kommt es auch auf den Einzelfall an. Als klassischer Fall einer solchen Notsituation gilt die Überschwemmung im Betrieb. Dies steht zwar nicht im Zusammenhang mit dem Coronavirus, zeigt aber doch, wie hoch die Schwelle liegt.

Grundsätzlich sind allerdings nur zehn Arbeitsstunden am Tag zulässig und die Überstunden müssen innerhalb von sechs Monaten ausgeglichen werden. Das Leisten von Überstunden darf jedenfalls nicht zur Dauerlösung werden. Suchen Sie sich in diesem Fall arbeitsrechtlichen Rat.

6. Bus und Bahn fahren nicht: Bekomme ich Gehalt? 

Wird der Nah- und Fernverkehr eingestellt, gestaltet sich der Weg zum Arbeitsplatz oft schwierig. Der Arbeitnehmer trägt hier das sog. Wegerisiko. Er erhält also keinen Lohn, wenn er die Arbeit nicht erreichen kann. Gibt es tatsächlich keine alternative Anreisemöglichkeit, wie zum Beispiel Pkw, Fahrrad oder Fahrgemeinschaften, muss nicht gleich mit einer Abmahnung oder Kündigung gerechnet werden. 

7. Erhalte ich bei Betriebsschließung weiter Gehalt?

Besser sieht es für Arbeitnehmer aus, wenn der Arbeitgeber den Betrieb schließt. Ob dies aus eigener Initiative oder auf Anordnung der Behörde geschieht, spielt keine Rolle. Die Betriebsschließung fällt in das Risiko des Arbeitgebers und Sie erhalten weiterhin Lohn, unabhängig davon, ob Sie in dieser Zeit selbst am Coronavirus erkranken und deshalb arbeitsunfähig sind.

Hätten Sie ohnehin den Arbeitsplatz nicht erreichen können, weil die Verkehrsmittel nicht zur Verfügung stehen, treffen Betriebs- und Wegerisiko aufeinander. Bisher wurde in diesen Fällen entschieden, dass Arbeitnehmer kein Gehalt bekommen. Ob dies auch für Fälle der Coronakrise gilt, bleibt abzuwarten.

8. Was gilt bei einer Ausgangssperre für die Arbeit?

Das hängt entscheidend davon ab, wie restriktiv die Ausgangssperre ausgestaltet ist. Laut den bisher in Deutschland und international verhängten Ausganssperren ist es meist noch erlaubt, zur Arbeit zu gehen. Dann muss der Arbeitnehmer auch dort erscheinen.

9. Bin ich zu einer Dienstreise verpflichtet?

Das Auswärtige Amt hat eine weltweite Reisewarnung ausgesprochen. Sie gilt zwar nur für alle „nicht notwendigen, touristischen Reisen“. Hintergrund ist allerdings, dass die Rückreise aufgrund zunehmender Reisebeschränkungen weltweit nicht sichergestellt ist. Zudem ist in diversen Ländern mit Quarantänemaßnahmen nach der Einreise zu rechnen.

In vielen Fällen dürfen Arbeitnehmer eine Dienstreise daher wohl verweigern. Das gilt insbesondere für Fernreisen. Innerhalb Deutschlands muss der Weisung des Arbeitgebers in den meisten Fällen wohl gefolgt werden. Es kommt letztlich auf eine Abwägung an, in der unter anderem die wirtschaftliche Bedeutung der Reise, die Gefährdung am Zielort sowie das individuelle Gesundheitsrisiko für den Arbeitnehmer einfließt.

10. Fazit

  • Die Umsatzeinbrüche wegen das Coronavirus berechtigen nicht automatisch zur Kündigung.
  • Homeoffice ist nur möglich, wenn dies vertraglich geregelt oder mit dem Arbeitgeber abgesprochen ist. Nur in Notsituationen kommen Ausnahmen in Betracht.
  • Der Arbeitgeber darf Arbeitnehmer bei Verdacht auf eine Infektion nach Hause schicken.
  • Bei einer Infektion müssen Sie Ihren Arbeitgeber informieren. Sie haben jedoch zunächst einen Anspruch auf Gehalt.
  • Bei notwendiger Kinderbetreuung besteht für einige Tage Anspruch auf Lohnfortzahlung.
  • Schließt der Betrieb, haben Sie weiterhin Anspruch auf Gehalt.
  • Der Arbeitnehmer trägt das Wegerisiko. Erreicht er die Arbeit nicht, erhält er kein Gehalt.

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Tobias Ziegler

Beiträge zum Thema