Coronavirus und Arbeitsverhältnis

  • 5 Minuten Lesezeit

Hinweise für Arbeitnehmer:

Arbeitnehmer ist selbst betroffen, d. h., es liegt eine medizinisch festgestellte Infektion vor:

Hier gilt grundsätzlich dasselbe wie bei anderen Krankheitsfällen des Arbeitnehmers. Es muss eine unverzügliche Krankmeldung beim Arbeitgeber erfolgen und die ärztlich ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mitgeschickt oder nachgereicht werden. Abhängig von der Regelung im Arbeitsvertrag kann die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch vor dem 3. Tag der Arbeitsunfähigkeit für den Arbeitnehmer verpflichtend sein. Im Zweifel daher lieber nochmals den Arbeitsvertrag einsehen.

Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber den Grund der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen. Im Fall der Coronavirus-Erkrankung könnte man jedoch aus der arbeitsrechtlichen Treuepflicht herleiten, dass Arbeitnehmer ausnahmsweise die Art der Erkrankung mitteilen sollten oder sogar mitteilen müssen.

Arbeitsunfähigkeit und Krankengeld: Wer zahlt das Gehalt im Krankheitsfall? 

Der Arbeitgeber zahlt dann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen das Entgelt zunächst fort. Hierfür muss das Arbeitsverhältnis allerdings zumindest vier Wochen ununterbrochen bestehen. Die Entgeltfortzahlung ist auf 6 Wochen begrenzt. Sollte in diesem Zeitraum keine Gesundung eintreten, zahlt die Krankenkasse im Anschluss das sogenannte Krankengeld.

Arbeitnehmer ist nicht selbst betroffen

Sind Sie als Arbeitnehmer (mögliche) Kontaktperson eines Infizierten und werden durch ärztliches Attest oder durch staatliche Institutionen unter Quarantäne (Isolierung) gestellt und dadurch wird die Ausübung des Berufs für eine bestimmte Zeit untersagt, erhalten Arbeitnehmer nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 56 IfSG) für die Dauer von sechs Wochen eine Entschädigungsleistung, die der Höhe des Verdienstausfalls entspricht. Dies gilt allerdings nur, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nicht arbeiten darf und einen Verdienstausfall hat. Bei Arbeitnehmern, die zum Bespiel auch im Homeoffice arbeiten können, greift die Entschädigungsleistung nicht. Für den Fall, dass die Quarantäne länger als sechs Wochen andauert, wird ab der siebten Woche eine Entschädigung gezahlt, die in der Höhe den Leistungen des Krankengeldes im Fall der Entgeltfortzahlung entspricht.

Der Arbeitnehmer sollte den Arbeitgeber in diesem Fall unverzüglich, das bedeutet im vorliegenden Fall möglichst sofort informieren. Nur dann kann der Arbeitgeber Entscheidungen treffen und auch der Fürsorgepflicht für alle Mitarbeiter nachkommen.

Betriebsschließung

Wenn der Arbeitgeber sich dazu entschließt, den Betrieb vorübergehend zu schließen, muss das Gehalt weitergezahlt werden. Es ist in diesem Fall nicht ohne weiteres möglich, die Arbeitnehmer in den Zwangsurlaub zu schicken. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Erbringung der Arbeitsleistung zur Verfügung stellen. Geschieht dies nicht muss der Arbeitgeber, aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges, den Lohn auch ohne Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bezahlen.

Dienstreisen

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber das Weisungsrecht und legt fest, wie und in welcher Weise die Arbeit zu erbringen ist. Bei Dienstreisen in ein Gebiet, in dem vereinzelte Krankheitsfälle aufgetreten sind, aber keine Hochrisikozone vorliegt, kann der Arbeitnehmer sich nicht gegen eine Dienstreise wehren. Wenn es allerdings darum geht, in ein hochgefährdetes Gebiet zu reisen, für welches zum Beispiel auch eine Warnung der WHO vorliegt, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit die Dienstreise zu verweigern, da der Arbeitgeber das Weisungsrechtes nach „billigem Ermessen“ ausüben und hierbei auch Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen muss.

Urlaubsreisen

Arbeitnehmer haben uns bereits berichtet, dass der Arbeitgeber im Betrieb, z. B. durch einen Aushang, untersagen will, Urlaubsreisen in betroffene Krisenregionen zu unternehmen.

Grundsätzlich kann jeder Arbeitnehmer sein Urlaubsziel frei wählen, da die Urlaubsplanung reine Privatsache des Arbeitnehmers ist. Ein Verbot für bestimmte Urlaubsregionen oder Länder stellt einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dar. Dies gilt sogar dann, wenn das Auswärtige Amt für ein bestimmtes Urlaubsziel eine Reisewarnung veröffentlicht hat.

Den Arbeitnehmer trifft deshalb auch keine Pflicht den Arbeitgeber zu informieren, wenn man im Rahmen einer Urlaubsreise in einem Corona-Risikogebiet war.

Aus „dringenden betrieblichen Gründen“ kann der Arbeitgeber allerdings im dann zu prüfenden Einzelfall eine Urlaubssperre für den gesamten Betrieb verhängen.

Erkrankung des eigenen Kindes

Hier gelten dieselben Grundsätze, wie bei anderen Erkrankungen eines Kindes. Üblicherweise wird durch einen Arzt während der Erkrankung des Kindes für die erforderliche Betreuung bedarf, muss ein Elternteil durch Attest „arbeitsunfähig“ geschrieben. Die Krankenkasse zahlt dem Arbeitnehmer dann ein Krankengeld gemäß § 45 SGB V. Anspruch auf dieses Krankengeld hat der Arbeitnehmer jährlich für 10 Tage pro Kind, bei Alleinerziehenden sind es sogar 20 Tage pro Kind. Bei drei und mehr Kindern sind es maximal 25 Tage pro Jahr und bei Alleinerziehenden entsprechend sogar 50 Tage pro Jahr. Für die Dauer der Betreuung wegen Erkrankung des Kindes hat der Arbeitnehmer dadurch einen Anspruch auf Freistellung gegenüber dem Arbeitgeber und darf der Arbeit fernbleiben. Der Arbeitgeber schuldet für diese Zeit der Freistellung allerdings keine Entgeltfortzahlung.

Betreuungseinrichtung des Kindes ist wegen Infektionsverdacht geschlossen 

In diesem speziellen Fall ist in jedem Fall zügiges Handeln anzuraten. Es besteht rechtlich kein Anspruch auf bezahlte Freistellung und eine Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankung des Kindes liegt ja nicht vor. Wir empfehlen daher umgehend mit dem Arbeitgeber in Kontakt zu treten und zum Beispiel Freizeitausgleich für Überstunden oder Resturlaubstage anzumelden oder zu beantragen. Sofern keine andere Möglichkeit der Kinderbetreuung besteht, bleibt als Notnagel die unbezahlte Freistellung. Bei Ausweitung der Viruserkrankung wird in diesem Fällen sicherlich Fingerspitzengefühl gefragt sein.

Da das Auftreten des Coronavirus für alle Beteiligten im Einzelfall Neuland ist, liegt es nahe, dass hierzu nahezu keine Gerichtsentscheidungen vorliegen. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir darauf hinweisen, dass diese Einschätzung nur auf Basis der bislang bekannten arbeitsrechtlichen Grundsätze erfolgt.

Am 05.03.2020 wurde vor dem Berliner Arbeitsgericht zum Aktenzeichen 55 BVGa 2341/20 unter dem Thema Corona und Schutzbekleidung ein erster Fall verhandelt. Dabei ging es um die Möglichkeit des Arbeitgebers, das Tragen von Schutzkleidung und Handschuhen zu untersagen. Hiergegen hat sich der Betriebsrat gewehrt und der Arbeitgeber am Ende wohl eingelenkt.

Verfasser: Friedrich-Christian Beck, Anwaltskanzlei Berndt

Wir stehen Ihnen für eine nähere Beratung gerne jederzeit zur Verfügung.

Die Anwaltskanzlei Berndt ist als Arbeitnehmer-Kanzlei mit Standorten in Stuttgart, Böblingen und Rottweil ganz auf Seiten der Arbeitnehmer und Interessenkollisionen sind damit ausgeschlossen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Friedrich-Christian Beck

Beiträge zum Thema