Cum-Ex-Urteil des BGH

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Mit dem richtungsweisenden Urteil des BGH vom 28.07.2021 (1 StR 519/20) wurde nun endgültig die Strafbarkeit von Cum-Ex-Geschäften festgestellt. Es handele sich nicht bloß um die Ausnutzung eines steuerlichen Schlupflochs, dies ergebe sich klar aus dem Gesetz. Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil die Revisionen gegen das Urteil des Landgerichts Bonn verworfen, in dem zwei britischen Aktienhändler wegen Steuerhinterziehung zu Bewährungsstrafen verurteilt worden waren.

Ein Angeklagter wurde hierbei wegen Steuerhinterziehung in zehn Fällen und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in einem weiteren Fall zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Bei ihm wurde außerdem die Einziehung von Taterträgen in Höhe von 14 Millionen Euro angeordnet. Der andere Angeklagte wurde lediglich wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen verurteilt, er hatte nur unterstützende Aufgabe übernommen. In beiden Fällen entschied sich das Gericht zur Aussetzung der Strafe zur Bewährung, da die Angeklagten umfassende Kooperation zeigten.

Neben der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung wurde auch zu Lasten der Privatbank M.M Warburg eine Einziehung in Höhe von 176 Millionen Euro angeordnet. Der Einwand der Bank, die beiden angeklagten Aktienhändler hätten auf eigene Rechnung gehandelt, griff nicht durch. Auch die Berufung auf Verjährung der Ansprüche aus Geschäften in den Jahren 2007-2009 war nicht erfolgreich. Jedenfalls mit der neuen Regelung des §73e Abs. 1 Satz 2 StGB sei der Einwand der Verjährung ausgeschlossen.

Die verurteilten Londoner Aktienhändler waren für die inzwischen liquidierte Finanzberatung Balance tätig, die ein zentraler Akteur im Cum-Ex-Skandal war. Zur Umsetzung der Leerverkaufsgeschäfte im Rahmen des Cum-Ex-Geschäftsmodells waren beide in die Organisation und Planung verschiedener Aktientransaktionen eingebunden.

Die Cum-Ex-Leerverkaufsgeschäfte liefen dabei wie folgt ab: Die Bank kaufte in der Dividendensaison 2007-2011 jeweils kurz vor dem Hauptversammlungstag sogenannte „Cum-Aktien“, also Aktien mit Dividendenanspruch. Im Gegenzug wurden bewusst jedoch nur „Ex-Aktien“ geliefert, dies sind solche ohne Dividendenanspruch. Zur Kompensation wurde lediglich eine Ausgleichszahlung geleistet. Hierbei wurde allerdings nicht die seit 2007 zu entrichtende Kapitalertragssteuer einbehalten. Zugleich stellte die Warburg Bank sich hierbei selbst Steuerbescheinigungen aus, die den angeblichen Einbehalt der Steuer auswies. Mittels dieses hochkomplexen Systems kam es dazu, dass die Finanzämter den Beteiligten Steuern erstatteten, die tatsächlich nie gezahlt worden waren. Hierbei kam es zu Auszahlungen in Höhe von 166 Millionen Euro, aus denen weitere 10 Millionen Euro erwirtschaftet wurden. Somit hatten die Angeklagten sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichert. Dem deutschen Staat ist dabei ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden.

Die Beteiligten handelten nach Auffassung des BGH unzweifelhaft vorsätzlich. Es habe ein bewusst arbeitsteiliges Vorgehen gegeben, bei dem zielgerichtet gegen die gesetzliche Regelung verstoßen wurde, die vorschreibt, dass nur die tatsächlich einbehaltene Kapitalertragsteuer zur Anrechnung und Auszahlung angemeldet werden darf. Das LG Bonn habe die Rechtslage und auch die Höhe der Einziehungsbeträge zutreffend bestimmt. Das Urteil des LG Bonn ist daher rechtskräftig.

Das Urteil ist von hoher Bedeutung und sorgt in den vielen noch anhängigen Verfahren vor den Strafgerichten in den unteren Instanzen für Rechtssicherheit. So müssen nun auch andere Beteiligte an den Cum-Ex-Deals mit Verurteilungen zu Freiheitsstrafen rechnen.

Gerne halten wir Sie zu den weiteren Entwicklungen in dieser Sache auf dem Laufenden!


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