Cytotec in der Geburtenhilfe- grober Behandlungsfehler?

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Cytotec: Wie die Süddeutsche Zeitung in ihrem Artikel vom 12.02.2020 ausführlich berichtet, hat Cytotec zahlreiche mütterliche Todesfälle verursacht. Peter Husslein, Professor für Geburtshilfe und Leiter der Universitäts-Frauenklinik Wien schildert die Vorgehensweise in den Krankenhäusern und die damit verbundenen Risiken.

Für den erfahrenen Experten Peter Husslein gäbe es keinen Grund der Welt, bei der Geburtsvorbereitung  ein gefährliches und nicht registriertes Medikament anzuwenden.

Cystotec- Geld Sparen auf Kosten der werdenden Mutter?

Peter Husslein erklärt ganz eindeutig warum es trotzdem zum Einsatz von Cytotec im Rahmen der Geburtenhilfe eingesetzt hat: 

"Das passiert aus Kostengründen und das ist wirklich inakzeptabel und unethisch. In der Onkologie wird viel Geld in die Lebensverlängerung von ein paar Monaten gesteckt und in der Geburtshilfe ist man bereit, gefährliche Präparate zu nehmen, nur weil sie billiger sind. Das ist für mich völlig unverständlich."

Seiner Meinung nach werden Patienten nicht immer fair aufgeklärt. Bei einer Anwendung von Cytotec im Rahmen der Geburtshilfe müssten die Ärzte im Rahmen des Aufklärungsgespräch  streng genommen sagen, dass  sie ein Medikament vorschlagen, das nicht zugelassen ist und das effektiver und aggressiver als die Alternativen ist und deswegen aber auch mehr schlimme Nebenwirkungen  haben kann. Dass so eine Aufklärung bei den werdenden Müttern nicht gut ankommen würde, wäre wohl jedem klar. Ein nicht ordnungsgemäß durchgeführtes Aufklärungsgespräch kann zu Schadensersatz Ansprüchen der Betroffenen führen. Betroffene sollten sich am besten an einen Rechtsanwalt wenden, der ihren Fall genau überprüfen kann.

Fakt ist, dass Cytotec jahrelang in Geburtskliniken zur Geburtseinleitung bei Schwangeren angewendet worden ist, um damit Wehen bei den Schwangeren auszulösen. 
Seine Beliebtheit in der klinischen Geburtshilfe unter Gynäkologen in der klinischen Geburtshilfe  hat das Medikament hauptsächlich dem  günstigen Preis und und der guten Verfügbarkeit zu verdanken. Doch sind das die fachlich und moralisch richtigen Entscheidungskriterien bei einer derart wichtigen Behandlung? Zumal es auch andere Medikamente gibt, die für den Anwendungsbereich in der Geburtshilfe ausdrücklich zugelassen sind.

In der jahrelangen bedenklichen Anwendung von Cytotec im Rahmen der Geburtseinleitung, ist es in vielen Fällen zu Komplikationen und schwerwiegenden Schäden während und nach der Geburt gekommen. Hierzu zählen insbesondere:

  • das Reißen der Gebärmutter
  • der Tod der Mutter oder des noch nicht geborenen Kindes
  • Traumata der Mutter
  • ein hoher Blutverlust 
  • Hirnschäden und Entwicklungsstörungen beim Säugling.

Jahrelange Anwendung von Cytotec trotz feststehender Unsicherheit?

Das Gefahrenpotenzial von Cytotec ist den Experten gut bekannt gewesen. Selbst der Hersteller hält die Anwendung von Cytotec in der Geburtshilfe für kontraindiziert. Cytotec kann erwiesenermaßen zu unkontrollierbaren Wehen (Muskelkontraktionen), Uterusrupturen sowie zu unkontrollierbaren Blutungen führen, die zur erheblichen Gesundheitsschäden für die Mutter und das ungeborene Kind führen können. Die daraus folgenden Konsequenzen für Mutter und Kind können verheerend sein.

Cytotec Fälle sind Anwälten und Richtern seit Jahren bekannt

Die Berichte über die Cytotec Geschädigten sind äußerst erschreckend. So gibt es bereits Fälle verstorbener Mütter, nachdem ihre Gebärmutter nach der Gabe von Cytotec und der dadurch ausgelösten Wehentätigkeit gerissen war. Auch die Schäden bei den Neugeborenen sind zum Teil extrem belastend - Kinder kamen mit einem Hirnschaden zur Welt, weil sie aufgrund einer sogenannten hyperfrequenten Wehentätigkeit einen Sauerstoffmangel erlitten. Das Kind konnte sich im Mutterleib von dieser Krafteinwirkung nicht richtig erholen und im schlimmsten Fall verstarben Mutter und Kind.


Aufklärung der Cytotec Fälle

Wurde Cytotec entgegen dem guten klinischen Standard trotzdem in der Geburtshilfe angewendet, so hätte die werdende Mutter über die zahlreichen erheblichen Risiken explizit aufgeklärt werden müssen. 

- Cytotec ist in Deutschland  in der Geburtshilfe nicht zugelassen.

- Selbst der Medikamenten-Hersteller geht von einer Kontraindikation für den Einsatz in der Geburtshilfe aus.

- Das Medikament kann laut den vorliegenden Statistiken mit höherer Wahrscheinlichkeit zu mütterlichen und kindlichen Komplikationen führen.

- Wird Cytotec verabreicht, so muss eine extrem engmaschige Überwachung der Geburt erfolgen, etwas durch ein sogenanntes Dauer-CTG.

- Außerdem gibt es zugelassene und schonendere Behandlungsalternativen.

Ist die Risikoaufklärung nicht ordnungsgemäß erfolgt? 

Anwälte berichten von vielen Haftungsfällen im Zusammenhang mit Cytotec, dass keine ordnungsgemäße Risikoaufklärung durchgeführt worden ist. Stattdessen haben sich die Kliniken oft standardisierten Formularaufklärungsbögen bedient, in denen die Cytotec Risiken verharmlost bzw. nicht dargestellt worden sind. Der Risikoaufklärung kommt eine entscheidende Rolle zu. Betroffene sollten sich diesbezüglich am besten an einen Anwalt wenden. Denn  die Entbindungsklinik kann sich nur bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung und einer darauf erfolgenden wirksamen Einwilligung einer Haftung entziehen.

Kommt Cytotec trotz aller Bedenken bei einer Schwangeren in der Klinik zum Einsatz, hat die Klinik bedingungslos für eine gründliche, ggf. sogar lückenlose Überwachung der kindlichen Herztöne, sowie der mütterlichen Befindlichkeit (Uterusaktivität, Kontraktionen/Wehen, Blutdruckwerte) Sorge zu tragen. Sind in diesem Bereich Fehler passiert, so steht ein Befunderhebungsfehler (unterlassene Befunderhebung) im Raum.

Betroffene sollten ihren Fall mit einem Rechtsanwalt vertraulich besprechen. Fehlerhafte Anwendung von Cytotec und daraus resultierende Gesundheitsschäden sollten aufgearbeitet werden. Den Betroffenen steht in vielen Fällen ein Anspruch auf Schadensatz zu. Dieser kann zwar nicht die erlittenen Gesundheitsschäden rückgängig machen, aber wenigstens das Leben mit/nach den Beeinträchtigungen etwas erleichtern und eine gewisse Kompensation darstellen.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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