Daimler-Dieselabgasskandal: Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung beim E 350 BlueTEC Kombi

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Die Daimler AG hat vor dem Landgericht Stuttgart eine weitere herbe Niederlage im Dieselabgasskandal rund um ihre Kernmarke Mercedes-Benz erlitten. Das Unternehmen wurde im Wege des Schadensersatzes zur Rücknahme eines Mercedes-Benz E 350 BlueTEC Kombi mit dem Dieselmotor OM642 und der Abgasnorm Euro 6 verurteilt.  

Und wieder schlägt das Landgericht Stuttgart im Sinne geschädigter Verbraucher zu. Die Richter verurteilten die Daimler AG einmal mehr im Dieselabgasskandal (Urteil vom 06.11.2020, Az.: 14 O 426/20) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB. Die Daimler AG als Herstellerin der Fahrzeuge der Marke Mercede-Benz kommt damit nicht zur Ruhe – auch nicht vor dem Heimatgericht. 

Streitgegenständlich war in dem Verfahren ein Mercedes-Benz E 350 BlueTEC Kombi mit dem Dieselmotor OM642 und der Abgasnorm Euro 6. Der Kläger hatte den Wagen im August 2017 zum Preis von 29.000 Euro gebraucht gekauft (zuzüglich Finanzierungskosten von 347,10 Euro) und erhält nun nach Abzug einer Nutzungsentschädigung für eine hohe Laufleistung 12.653,55 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit 1. August 2020 und wird von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 Euro freigestellt. Die Daimler AG trägt zudem 55 Prozent der Kosten des Rechtsstreits. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wies das Fahrzeug eine Laufleistung von mehr als 182.000 Kilometern auf; bei Kauf war es rund die Hälfte. Das Fahrzeug war zunächst von einem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt betroffen, der aber nach einem Widerspruch durch die Daimler AG zurückgenommen worden. Stattdessen bietet die Daimler AG ein Update im Rahmen einer freiwilligen Servicemaßnahme an. 

Das Gericht hat den Vortrag des geschädigten Verbrauchers anerkannt und das Vorliegen einer illegalen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit dem Emissionskontrollsystem (SCR-System) bestätigt. Darunter versteht man die selektive katalytische Reduktion, englisch: „selective catalytic reduction“. Das bezeichnet eine Technik zur Reduktion von Stickoxiden in Abgasen und wird im Dieselskandal zur Manipulation eingesetzt. „Wenn die Software erkennt, dass das Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand steht, wird die Abgasnachbehandlung mit SCR-Katalyse durchgeführt, sodass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden, bei normaler Bewegung hingegen wird diese abgeschaltet. Das bedeutet: Im realen Straßenverkehr sind die Funktionen deaktiviert, so dass die Stickoxid-Emissionen deutlich angsteigen. Zudem wird die Abgasrückführung außerhalb eines Thermofensters von sieben bis 30 Grad abgeschaltet. Damit ist ein Temperatur-Korridor gemeint, in dessen Rahmen die Abgasverarbeitung funktioniert. Unter und über bestimmten Temperaturen wird die Abgasbehandlung mit dem Argument des Bauteilschutzes vor Überhitzung rigoros abgeschaltet, sodass die tatsächlichen Ausstöße weit über dem der offiziellen Testphasen liegen“, erklärt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde. 

Er sagt ganz deutlich: „Abschalteinrichtungen wie Thermofenster bei der Abgasreinigung in Dieselfahrzeugen oder eben auch Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelungen sind grundsätzlich unzulässig. Das hat die EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston in ihrem Schlussantrag zu einem vielbeachteten Verfahren am Europäischen Gerichtshof EuGH klargemacht. Entscheidend bei dem EuGH-Verfahren ist die Aussage, dass auch temperaturabhängige Abgaskontrollsysteme unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen.“ Zudem habe die Daimler AG eine lediglich auf dem Prüfstand aktive Funktion der Abgaskontrolle nicht hinreichend bestritten. Ebenfalls könne sich der Konzern hinsichtlich der Motorsteuerung-Software nicht mehr auf ein Geschäftsgeheimnis berufen. 

Viele Mercedes-Benz-Diesel sind mit illegalen Abschalteinrichtungen ausgestattet. „Besonders betroffen sind die Motoren des Typs OM651, OM622, OM626, OM654, OM642 und OM656. Geschädigte Verbraucher haben also weitreichende Chancen, von der Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Wege der Betrugshaftungsklage Schadensersatz zu erhalten und das Skandalfahrzeug abzugeben“, stellt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung heraus.



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