Darf der IDO e.V. Ordnungsgelder beantragen?

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Rechtsanwalt Andreas Kempcke

Das OLG Hamm hatte mit Datum vom 15.05.2023 entschieden, dass der IDO e.V. wegen der bislang nicht erfolgten Eintragung in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b UWG bzw. wegen der bislang nicht erfolgten Eintragung in die Liste der qualifizierten Verbraucherverbände nach § 4 UKlaG keine Anträge auf Festsetzung von Ordnungsmitteln stellen darf (OLG Hamm, Beschluss vom 15.05.2023, Az. 4 W 32/22). Diesen Beschluss hat der BGH inzwischen zwar aufgehoben (BGH, Beschluss vom 21.12.2023 zum Az. I ZB 42/23). Der BGH hat die Sache allerdings zur erneuten Entscheidung an das OLG Hamm zurückverwiesen. Welche Fragen der BGH offengelassen hat und was dies für Ordnungsgeldanträge des IDO e.V. bedeutet, erläutere ich im nachfolgenden Beitrag:

Hintergrund

Der IDO - Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. (IDO) hatte in der Vergangenheit massenhaft abgemahnt. In den Fällen, in denen zu einer Abmahnung des Vereins keine Unterlassungserklärung abgegeben worden war, hatte der Verein zwar nicht immer, aber in vielen Fällen gerichtliche Verfahren eingeleitet. Ein Großteil dieser Verfahren endete mit Entscheidungen, mit denen den Abgemahnten unter Androhung von Ordnungsmitteln die Wiederholung der Wettbewerbsverstöße untersagt worden ist. Bei einem Verstoß gegen eine entsprechende gerichtliche Untersagungsanordnung droht ein Ordnungs- und Zwangsmittelantrag des Vereins.

Ordnungs- und Zwangsmittelantrag

Wenn ein Gericht einem Abgemahnten ein bestimmtes wettbewerbswidriges Verhalten unter Androhung von Ordnungsmitteln (Ordnungsgeld oder Ordnungshaft) untersagt und es trotzdem zu einem Verstoß gegen die gerichtliche Untersagungsanordnung kommt, kann ein Ordnungsmittelantrag / Zwangsmittelantrag gestellt werden. Mit einem solchen Antrag wird üblicherweise beantragt,

ein empfindliches Ordnungsgeld

und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann,

ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten

zu verhängen.

Zu der aufgehobenen Entscheidung des OLG Hamm

In dem Verfahren vor dem LG Essen / OLG Hamm hatte der IDO e.V. wegen eines Verstoßes gegen eine einstweilige Verfügung die Festsetzung von Ordnungsmitteln beantragt. Diesen Antrag hatte das Landgericht Essen zurückgewiesen. Das OLG Hamm hatte die Entscheidung des LG Essen anschließend mit der folgenden Begründung bestätigt:

„Das Landgericht hat den Ordnungsmittelantrag des Gläubigers zu Recht zurückgewiesen.

Der Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist unzulässig. Dem Gläubiger fehlt die erforderliche Antragsbefugnis.“

Diese Entscheidung des OLG Hamm hat der BGH mit der Begründung aufgehoben, dass es für die Antragsbefugnis des IDO in Ordnungsmittelverfahren nicht darauf ankommt, dass der IDO gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nicht mehr klagebefugt ist. Der IDO darf also Ordnungsgelder beantragen. Aber ... so ganz ausdiskutiert ist die Sache meiner Meinung nach damit noch nicht, denn

Der BGH hat interessante Fragen offengelassen

Der BGH hat in dem Fall des OLG Hamm nicht abschließend entschieden, sondern die Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG Hamm zurückverwiesen. Offen ließ der BGH, ob dem Kläger die entfallene Sachbefugnis im Wege einer Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO oder mit einem Antrag auf Aufhebung des Unterlassungstitels gemäß § 927 ZPO entgegengehalten werden kann:

„23

bb) Ob und inwieweit die aufgrund der Gesetzesänderung (jedenfalls derzeit) entfallene Sachbefugnis des Gläubigers der Schuldnerin unter Berücksichtigung der Übergangsvorschrift des § 15a Abs. 1 UWG nF die Möglichkeit eröffnet, sich wegen dieser materiellen Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Unterlassungstitel zu wenden, bedarf im Streitfall mithin keiner Entscheidung (…).


24

cc) Ebenfalls offenbleiben kann deshalb, ob gegen Unterlassungstitel, die - wie hier - im Verfahren der einstweiligen Verfügung erlassen worden sind, die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO statthaft ist oder ob die Schuldnerin dagegen allein mit einem Antrag auf Aufhebung wegen veränderter Umstände gemäß § 927 Abs. 1 ZPO vorgehen kann (…) und wie sich die Abgabe einer Abschlusserklärung auswirkt, in der die Schuldnerin - wie hier - auf Ihre Rechte aus § 927 ZPO verzichtet hat.“ 

Was die Entscheidung des BGH für laufende und etwaige neue Ordnungsmittelverfahren bedeutet

In laufenden und etwaigen neuen Ordnungsmittelverfahren können die Betroffenen nach meiner Auffassung nunmehr prüfen, ob die Übergangsvorschrift des § 15a Abs. 1 UWG nF relevant ist und ob die Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO oder ein Antrag auf Aufhebung des Unterlassungstitels wegen veränderter Umstände gemäß § 927 Abs. 1 ZPO Sinn macht.

Der IDO e.V. hat die Verhängung von Ordnungsgeld gegen Sie beantragt?

Wenn der IDO in der Vergangenheit ein gerichtliches Verfahren gegen Sie geführt hatte und nunmehr wegen eines Verstoßes gegen die gerichtlichen Untersagungsanordnung ein Ordnungsgeld beantragt hat, berate ich Sie gern zu den Möglichkeiten, sich gegen das Vorgehen des Vereins zur Wehr zu setzen.

Ich vertrete bereits seit geraumer Zeit Betroffene, die sich gegen eine Vertragsstrafenforderung oder einen Ordnungs- und Zwangsmittelantrag des IDO e.V. wehren wollen und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Verfahren.

Weitere Informationen zu mir und meiner Tätigkeit können Sie meiner Profilseite, meinen Rechtstipps und meinem Bewertungsprofil entnehmen.

Gern berate ich auch Sie: bundesweit und natürlich auch kurzfristig per Telefon.

  • Rufen Sie mich einfach an unter: 0381 260 567 30
  • Schicken Sie mir eine E-Mail an: rostock@internetrecht-rostock.de
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ direkt unter diesem Rechtstipp eine Mitteilung zukommen.


Andreas Kempcke

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für IT-Recht

Internetrecht-Rostock.de

Foto(s): Andreas Kempcke


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