Das Arbeitnehmerdatenschutzrecht – kein gläserner Arbeitnehmer

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Mit der neuen Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat sich auch das Arbeitsrecht verändert. Welche Auswirkungen hat das neue Datenschutzrecht bei Beginn, Fortbestand und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses?

I. Grundsätzliches

Die neue DSGVO bringt einige Neuerungen mit sich. Zugleich wurde auch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) angepasst. Das Ziel: Der verbesserte Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Privatpersonen. Dazu gehört auch der Arbeitnehmer. Arbeitgeber müssen sich darüber Gedanken machen, welche Daten sie über Ihren Arbeitnehmer sammeln und verarbeiten dürfen. Auf der anderen Seite fragt sich der Arbeitnehmer: Was weiß der Arbeitgeber über mich? Welche personenbezogenen Daten hat der Arbeitgeber über mich gesammelt? Und insbesondere: Darf der Arbeitgeber dieses Wissen überhaupt haben und verwenden? Diese Fragen können insbesondere in der Situation einer Abmachung oder Kündigung entscheidungserheblich sein.

II. Die DSGVO und das Arbeitsrecht

Der Grundsatz der DSGVO und auch des alten BDSG lautet, dass die Verarbeitung von Daten unzulässig ist, wenn nicht eine Befugnisnorm die Verarbeitung erlaubt. Sollte keine Befugnisnorm bestehen, muss die betroffene Person nun nach Art. 7 Abs. 2 DSGVO schriftlich einwilligen. Bei besonders sensiblen Daten wie z. B. Religion, Gesundheitsdaten, Gewerkschaftszugehörigkeit gelten gemäß Art. 9 DSGVO besonders strengere Regelungen.

Rechtmäßigkeit, Treu und Glauben, Richtigkeit und Datenminimierung

Rechtmäßigkeit bedeutet, dass personenbezogene Daten nur noch aufgrund einer Rechtsgrundlage oder mit der Einwilligung der betroffenen Person verarbeitet werden dürfen (Art. 5 Abs. 1 DSGVO, § 26 Abs. 2 BDSG). Treu und Glauben beschreibt die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen und Erwartungen der betroffenen Person. Datenminimierung bedeutet, dass nur dann Daten erhoben und verarbeitet werden dürfen, soweit es für den Zweck der Datenverarbeitung angemessen und notwendig ist.

Fraglich ist, ob der Arbeitnehmer einer Einwilligung widersprechen kann, wenn der Arbeitgeber die Einwilligung zur Datenverarbeitung ausdrücklich verlangt. Eine Einwilligung ist das freiwillige Einverständnis zur Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Freiwilligkeit wird daher bei Beschäftigungsverhältnissen gemäß § 16 Abs. 2 BDSG nur bejaht, wenn die Datenverarbeitung auch für den Arbeitnehmer einen Vorteil bringt oder der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer das gleiche Interesse daran haben. Das ist beispielsweise bei der Erstellung einer Geburtstagsliste mit Daten des Arbeitnehmers der Fall. Ist die Datenverarbeitung aber nachteilig für den Arbeitnehmer, dürfte die Freiwilligkeit entfallen und keine wirksame Einwilligung vorliegen.

Sollte der Arbeitgeber zu Beginn des Arbeitsverhältnisses darauf bestehen, dass der zukünftige Arbeitnehmer in eine Datenverarbeitung einwilligt, die für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses aber nicht notwendig ist, ist eine solche Einwilligung nicht freiwillig und unwirksam. Es darf gemäß Art. 7 Abs. 4 DSGVO der Abschluss eines Vertrages nicht davon abhängig gemacht werden, dass in die Datenverarbeitung eingewilligt wird, diese aber für die Vertragsdurchführung nicht erforderlich ist (sog. Koppelungsverbot).

Transparenzgebot

Der datenverarbeitende Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer davon in Kenntnis setzen, dass er über diesen personenbezogene Daten verarbeitet. Dies muss schriftlich oder elektronisch in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form geschehen. Ein Arbeitnehmer kann Arbeitgeber verlangen, dass er ihm eine Auflistung der von ihm gespeicherten Daten überlässt (Art. 15 DSGVO). Zusätzlich muss der Arbeitgeber neben dem Zweck und der Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung auch über das Recht zur Beschwerde, die Beschwerdestelle, Auskunftsansprüche und den Anspruch auf Richtigstellung (Art. 12, 13 DSGVO) informieren. Es empfiehlt sich für den Arbeitgeber, die über den Arbeitnehmer gespeicherten Daten schon zu Beginn des Arbeitsverhältnisses mitzuteilen und bei späteren Änderungen den Arbeitnehmer zu informieren.

Speicherbegrenzung

Sobald Daten nicht mehr für den Zweck der Datenverarbeitung benötigt werden, müssen sie gelöscht werden (§ 17 Abs. 1 DSGVO). Die Löschpflicht besteht auch bei Widerspruch und Widerruf durch die betroffene Person. Es besteht das „Recht auf Vergessenwerden“.

Im Arbeitsrecht kann dies folgende Auswirkungen haben, denn die Speicherung der Daten kann und darf abhängig vom Zweck auch länger dauern:

Die Daten eines abgelehnten Bewerbers können und sollten mindestens zwei Monate gespeichert werden, damit ein Entschädigungsanspruch des Bewerbers aus §§ 15 Abs. 4, 7 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) geprüft werden kann, sollte dieser sich benachteiligt im Sinne des § 1 AGG fühlen. Eine Speicherung von bis zu sechs Monaten dürfte verhältnismäßig sein.

Bei Steuerangelegenheiten verpflichtet § 147 Abs. 3 S. 1 AO die Speicherung von relevanten Unterlagen (z. B. Bücher, Jahresabschlüsse etc. inklusive mit den erforderlichen Arbeitsanweisungen) von 10 Jahren.

Integrität und Vertraulichkeit

Der Datenverarbeitende muss gemäß Art. 25 DSGVO durch geeignete organisatorische und technische Maßnahmen für die Rechte und die Freiheiten einer natürlichen Person ein angemessenes Schutzniveau gewährleisten („Privacy by design/ Privacy by default“). Den Arbeitgeber trifft daher die Pflicht, die Daten des Arbeitnehmers ausreichend zu schützen. Der Arbeitgeber muss, je nach Risikoabschätzung, beispielsweise eine Pseudonymisierung oder Verschlüsselung vornehmen, ein geeignetes Antivirenprogramm zu installieren, eine Beschränkung der Einsehbarkeit der Daten vornehmen etc.

Rechenschaftspflicht

Der Arbeitgeber als Datenverarbeitender muss nachweisen, dass er die Regelungen der DSGVO einhält. Im Streitfall trifft ihn die Beweislast. Dies gilt im Fall eines Prozesses mit dem Arbeitnehmer und eines Bußgeldverfahrens. Kann er den Nachweis nicht erbringen, hat der Arbeitgeber Entschädigungen und/oder Bußgelder zu zahlen.

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