Das neue Kaufrecht 2022 – was Autohändler jetzt wissen müssen!!

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 Die neue Schuldrechtsreform bringt für die Autohändler dringenden Handlungsbedarf. Werden die in der Vergangenheit üblichen Verträge beim Autoverkauf an Privatpersonen weiterverwendet, drohen für den Unternehmer erhebliche Nachteile in Gewährleistungsfällen. Denn durch die neuen Regelungen wurden die Rechte der Verbraucher erheblich gestärkt. 

Welche Änderungen gilt es für den Autohändler jetzt zu beachten? 

  1. Der Sachmangelbegriff

Durch die Neufassung des § 434 BGB wurde der Sachmangelbegriff angepasst. Eine Sache ist nunmehr frei von Sachmängeln, wenn sie nach § 434 Abs. 1 BGB den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen entspricht. Ein Vorrang der Beschaffenheitsvereinbarung – wie sie früher in § 434 Abs. 1 BGB normiert war – gibt es demnach nicht mehr. Die Parteien können nunmehr nach § 434 Abs. 2 BGB bestimmen, dass die Kaufsache der vertraglichen Vereinbarung entsprechen muss und ansonsten mangelhaft ist.

Kurz gesagt muss die zu verkaufende Sache nicht mehr nur so sein wie vereinbart, sondern auch so, wie bei Sachen derselben Art üblich. Ist die Sache nicht so, wie bei Sachen derselben Art üblich (z.B.: weil sie gebraucht ist, Kratzer und Dellen hat), dann muss eine vertragliche Vereinbarung darüber geschlossen werden, dass die Sache dennoch als vertragsgemäß gilt.

Bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern ist nun Vorsicht geboten. Durch die neue Regelung des § 476 BGB werden neue Anforderungen an die vertraglichen Vereinbarungen über die Beschaffenheit im B2C-Geschäft normiert.

Beim Verkauf eines Unternehmers an einen Verbraucher müssen nun zwei neue Voraussetzungen erfüllt sein, um subjektive Anforderungen an die Vertragsgemäßheit der Ware im Vertrag festzusetzen:

  • Der Verbraucher muss vor Abgabe seiner Willenserklärung zum Abschluss des Kaufvertrages „eigens“ informiert werden, dass ein bestimmtes Merkmal nicht den objektiven Anforderungen (z.B.: Kratzer im Blech, kaputter Scheinwerfer, Rost etc.) abweicht und
  • diese Abweichung ist „ausdrücklich und gesondert“ im Vertrag zu vereinbaren.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: 

Kunde K hat Interesse an einem Gebrauchtwagen. Nach einer kurzen Probefahrt möchte K das Fahrzeug von Händler H käuflich erwerben. Um den Kauf abzuwickeln holt H sein übliches Vertragsformular aus seinem Schreibtisch. Plötzlich fällt ihm ein, dass sich am Radkasten noch eine Roststelle befindet, auf die er K noch nicht hingewiesen hat. H zeigt K die rostige Stelle, aber K möchte das Fahrzeug dennoch kaufen. Im Kaufvertrag wird noch unter „Sonstiges: Rost am Radkasten“ vermerkt. 

Nach alter Rechtslage haben die Parteien die Vereinbarung getroffen, dass das Fahrzeug mit schadhafter Roststelle als vertragsgemäß gilt (Beschaffenheitsvereinbarung). Nachbesserung hätte der Kunde hier nicht verlangen können.

Nach neuer Rechtslage allerdings hat H die Abweichung von den objektiven Anforderungen an die Vertragsgemäßheit der Kaufsache (Rostfreiheit des Fahrzeugs) nicht entsprechend der besonderen Formvorschrift des § 476 BGB vorgenommen. Um ein Nacherfüllungsverlangen des K rechtssicher auszuschließen, hätte H die Abweichung ausdrücklich zum Vertragsbestandteil machen müssen. H hätte den Zusatz „Sonstiges: Rost am Radkasten“ gesondert und zusätzlich von K unterscheiben lassen müssen.

Und zwar deswegen: Nach § 476 Abs. 1 Nr. 1 BGB muss der Verbraucher vor Abgabe der Willenserklärung davon in Kenntnis gesetzt werden, dass ein bestimmtes Merkmal der Sache von den objektiven Anforderungen abweicht. Im Beispielsfall wurde K aber erst nachdem er gegenüber H Kund getan hat, dass er das Fahrzeug kaufen möchte, über den Mangel informiert. Die nach Abgabe der Verkaufserklärung des Verbrauchers erfolgte Mitteilung des Unternehmers reicht vorliegend nicht aus, um die Warnfunktion zu erfüllen. Dies liegt daran, dass eine einmal getroffene (Kauf-) Entscheidung von dem Verbraucher nur sehr ungern geändert wird.  Die zweite Voraussetzung, die Abweichung „ausdrücklich und gesondert“ im Vertrag zu vereinbaren, wurde von H wohl eingehalten.

Ziel der neuen verbraucherschützenden Regelung ist, dass der Käufer nicht von einem Mangel der Kaufsache überrascht werden darf, sondern sich bewusst und trotz des Mangels für die Kaufsache entscheidet. 

Um die neuen Regelungen des § 476 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB nicht zu unterlaufen, kommt erschwerend hinzu, dass § 442 BGB vorliegend nicht mehr greift. Danach waren die Rechte eines Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen, wenn dieser bei Vertragsschluss den Mangel kannte.

  1. Die Verjährung

Bezüglich der Kürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr muss nun ebenfalls Einiges beachtet werden.

Wurde ein Gebrauchtwagen beim Händler käuflich erworben, so hat dieser oftmals die Verjährung gegenüber Verbrauchern auf ein Jahr verkürzt. Dies ist auch nach neuer Rechtslage weiter möglich. Es gelten hier aber ebenfalls die oben genannten Voraussetzungen des § 476 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB.

Der Verbraucher muss vor Vertragsschluss über die Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr informiert werden. Zusätzlich muss die Verkürzung der Verjährungsfrist im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Das bedeutet, dass eine solche Vereinbarung nicht – wie üblich – im AGB-Text untergehen darf. Die Vereinbarung sollte zukünftig in einem separaten Absatz im Vertrag oder auf einem gesonderten Blatt Papier vorgenommen werden. Um ganz sicher zu gehen, sollte der Verbraucher die Verjährungsvereinbarung gesondert unterschreiben.

  1. Fristsetzung

Zu beachten ist ferner, dass der Verbraucher zukünftig keine explizite Nacherfüllungsfrist setzen muss, um vom Kaufvertrag zurücktreten zu können. Nach dem neuen § 476d) Abs. 1 BGB ist ein Rücktritt möglich, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung trotz Ablaufs einer angemessenen Frist nicht vorgenommen hat, nachdem der Verbraucher ihn über den Mangel unterrichtet hat. Voraussetzung ist demnach nur noch der Ablauf einer angemessenen Frist. Nicht die konkrete Fristsetzung. Faktisch läuft damit nachdem der Verbraucher dem Händler den Mangel angezeigt hat, automatisch eine fiktive Nacherfüllungsfrist. Verstreicht diese ergebnislos, kann der Verbraucher zurücktreten.

Lassen Sie Ihre Verträge und AGB’s jetzt überprüfen und an die neue Gesetzeslage anpassen, damit Sie auch zukünftig rechtssichere Verträge schließen können.

Gerne unterstützen wir Sie dabei.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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