Das Parteiausschlussverfahren erklärt am Fall Otte

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AFD Bundespräsidenten Kandidat

Parteiausschlussverfahren gegen Max Otte

Die CDU will ihr Mitglied Prof. Dr. Max Otte wegen der geplanten Kandidatur für das Bundespräsidentenamt auf Vorschlag der AFD aus der Partei ausschließen. Zusätzlich hat die Partei Otte sofort alle Mitgliederrechte entzogen. 

Welche Voraussetzungen für einen solchen Ausschluss gegeben sein müssen und ob diese im Fall Otte erfüllt sind, erläutert der folgende Beitrag.

Der Parteiausschluss ist das schärfste Schwert politischer Parteien, um parteischädigendes Verhalten einzelner Mitglieder zu sanktionieren. Gesetzlich normiert ist der Parteiausschluss in § 10 Abs. 4 PartG. Danach kann ein Mitglied nur dann aus der Partei ausgeschlossen werden, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt. Der Parteiausschluss wegen eines Verstoßes gegen die Satzung knüpft an die Verletzung beliebiger Vorschriften der Satzung einer Partei an. Die Grundsätze einer Partei lassen sich im Wesentlichen aus dem Parteiprogramm und anderen programmatischen Beschlüssen der zuständigen Parteiorgane ableiten. Unter den Begriff der Ordnung fallen alle geschriebenen und ungeschriebenen Grundsätze, die von den Mitgliedern zur Sicherung der Existenz sowie zur Erhaltung der Konkurrenz- und Funktionsfähigkeit der Partei befolgt werden müssen, also etwa auch das Solidaritäts- und Rücksichtnahmegebot. Darüber hinaus erfordern Satzungsverstöße vorsätzliches Handeln, wogegen Verstöße gegen Ordnung oder Grundsätze erheblich sein müssen. Kumulativ hinzutreten muss jeweils noch ein schwerer Schaden, ein rein parteischädigendes Verhalten rechtfertigt mithin keinen Parteiausschluss. Der schwere Schaden setzt keine nachgewiesenen Einbußen materieller Art oder in Bezug auf Wählerstimmen voraus, sondern kann auch in einer Schädigung des Ansehens oder der Glaubwürdigkeit der Partei liegen. 

Nach § 10 Abs. 5 Satz 1 PartG kann der Parteiausschluss nur durch das zuständige Schiedsgericht beschlossen werden, die Berufung an ein Schiedsgericht höherer Stufe ist dabei zu gewährleisten, § 10 Abs. 5 Satz 2 PartG. Da ein Ausschlussverfahren vor dem Parteischiedsgericht längere Zeit in Anspruch nehmen kann, ermächtigt § 10 Abs. 5 Satz 4 PartG dazu, ein Mitglied von der Ausübung seiner Rechte bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts auszuschließen. Es muss sich um einen dringenden und schwerwiegenden Fall handeln, der sofortiges Eingreifen erfordert. § 6 Abs. 2 Nr. 4 PartG ordnet an, dass die Satzung einer Partei Bestimmungen über den Ausschluss ihrer Mitglieder enthalten muss.Letztlich hat § 6 Abs. 2 Nr. 4 PartG keine über § 10 Abs. 4 und 5 PartG hinausgehende Bedeutung. Die CDU regelt den Parteiausschluss in § 11 ihrer Satzung. Abs. 1 ist deckungsgleich mit § 10 Abs. 4 PartG, während Abs. 6 der CDU-Satzung § 10 Abs. 5 PartG dahingehend ergänzt, dass ein entsprechender Vorstandsbeschluss gleichzeitig als Antrag auf Einleitung eines Ausschlussverfahrens gilt.

Überträgt man diese abstrakten Grundsätze auf den konkreten Fall Otte wird man zunächst feststellen müssen, dass ein erheblicher Verstoß gegen die Grundsätze der CDU gegeben ist. Der ehemalige Generalsekretär der CDU Paul Ziemiak hat zutreffend ausgeführt, Otte habe mit der Kandidatur auf Vorschlag der AFD einerseits gegen die Entscheidung der CDU verstoßen, eine zweite Amtszeit von Amtsinhaber Frank Walter Steinmeier zu unterstützen. Er habe gleichzeitig Parteitagsbeschlüsse aus dem Jahr 2018 verletzt, „in keiner Weise mit der AFD zusammenzuarbeiten“. Die Einwände von Prof. Otte, es gehe um „das höchste Staatsamt, das über den Parteien steht“ und es liege „keine Zusammenarbeit“ mit der AFD und damit kein Widerspruch zur CDU-Beschlusslage vor, vermögen nicht zu überzeugen. Schon der gemeinsame Presseauftritt mit den AFD-Bundessprechern Tino Chrupalla und Alice Weidel lässt sich als Zusammenarbeit klassifizieren. Das angestrebte Amt selbst ist in diesem Kontext völlig irrelevant. Der schwere Schaden dürfte ebenfalls zu bejahen sein. Die AFD als Gesamtpartei wird derzeit vom Verfassungsschutz als Prüffall behandelt. Die Junge Alternative (JA) und der offiziell aufgelöste „Flügel“ dürfen bereits nachrichtendienstlich beobachtet werden. Vor dem Verwaltungsgericht Köln streitet der Verfassungsschutz zurzeit unter anderem dafür, auch die Gesamtpartei beobachten zu dürfen. Aufgrund dessen wird durch eine Zusammenarbeit sowohl das Ansehen als auch die Glaubwürdigkeit der CDU geschädigt. Die Glaubwürdigkeit der Union wird insoweit geschädigt, als dass ihr durch eine etwaige Zusammenarbeit mit der AFD unterstellt werden kann, sie toleriere bzw. akzeptiere trotz gegenteiliger Beteuerungen politischen Extremismus. Dadurch wiederum leidet womöglich das Ansehen der Partei, was zu erheblichen Wahlverlusten führen kann. Demgemäß sind die Voraussetzungen für einen Parteiausschluss nach § 10 Abs. 4 PartG im Fall Otte erfüllt. 

Sollte Prof. Dr. Max Otte unbedingt Christdemokrat bleiben wollen und bestreitet er den vollständigen Rechtsweg, ist es noch ein langer Weg hin bis zu einer finalen Entscheidung über seinen Ausschluss aus der CDU. Denn auch für Ausschlussverfahren gilt, dass gegen die Entscheidungen der Schiedsgerichte die ordentlichen Gerichte angerufen werden können. Beschlüsse über den Ausschluss eines Mitglieds unterliegen zwar nur einer eingeschränkten Überprüfbarkeit. Vollständig gerichtlich geprüft wird indes, ob der in Rede stehende Sachverhalt zutreffend ermittelt wurde. Soweit dies der Fall ist, bleibt die Subsumtion unter satzungsrechtliche und gesetzliche Regelungen im Grundsatz Sache der Schiedsgerichte. Die ordentlichen Gerichte prüfen dann lediglich, ob die angegriffene Entscheidung willkürlich oder offenbar unbillig ist.

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