Das Testament des Immobilieneigentümers - was gilt es zu beachten?

  • 7 Minuten Lesezeit

Sofern die Erbfolge nicht sauber geregelt ist, kommt es im Todesfall häufig zu Streitigkeiten in der Familie. Das gilt insbesondere für Immobilien, da diese wertmäßig oftmals den Löwenanteil des Nachlasses ausmachen. Durch ein eindeutiges und mit Bedacht erstelltes Testament können unnötige Streitigkeiten vermieden bzw. sich abzeichnende Streitpunkte entschärft werden. Allerdings wird auf die Planung der eigenen Erbfolge in der Regel ein zu geringes Augenmerk gerichtet. Leider regeln sich diese Dinge nicht von selbst. Ist der Erblasser erst einmal verstorben, lässt sich eine unterbliebene Testamentserrichtung nicht mehr nachholen. Deshalb ist es entscheidend, sich frühzeitig mit der eigenen Erbfolge auseinanderzusetzen und diese konkret zu regeln. 

Ohne letztwillige Verfügung regelt das Gesetz die Erbfolge

Wenn die Erbfolge vom Erblasser nicht geregelt worden ist, gilt die gesetzliche Erbfolge. Vielfach wird fälschlicherweise vorausgesetzt, dass die gesetzliche Erbfolge eine adäquate Lösung zur Regelung jedes Erbfalls bereithält. In der Praxis führt die gesetzliche Erbfolge aber allzu oft zu gänzlich anderen Rechtsfolgen als vom Erblasser oder dessen Angehörigen geahnt.

Die Krux mit der Erbengemeinschaft

Wesentlicher Nachteil der gesetzlichen Erbfolge ist die regelmäßige Entstehung von Erbengemeinschaften. Hierbei handelt es sich um reine „Zufallsgemeinschaften“, weil die Zusammensetzung der Erbengemeinschaft von den Verwandtschaftsverhältnissen im Zeitpunkt des Todes des Erblassers abhängt. Hauptproblem der Erbengemeinschaft ist, dass sich alle Erben einigen müssen. Denn die gesetzliche Erbfolge regelt zwar die Erbquoten der Beteiligten, aber nicht wie die einzelnen Nachlassgegenstände aufzuteilen sind. Insbesondere die Verteilung von Immobilien und deren gemeinschaftliche Verwaltung werden oftmals zum Zankapfel. Ein Einzelner kann die Verwaltung erschweren und die Verteilung des Nachlasses dauerhaft blockieren. Auch die Beteiligung von Minderjährigen kann zu erheblichen Problemen führen, wenn beispielsweise familiengerichtliche Genehmigungsverfahren zu durchlaufen sind.

Vermeidung der gesetzlichen Erbfolge durch Testament 

Durch ein fachkundig formuliertes Testament lassen sich diese Schwierigkeiten in aller Regel im Vorfeld beseitigen. Die Erbfolge wird dann nicht durch das Gesetz geregelt, sondern durch die letztwilligen Verfügungen des Erblassers. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass das Testament wirksam errichtet worden ist und die getroffenen letztwilligen Verfügungen rechtskonform sind. Ein Testament sollte immer auch ersatzweise Regelungen für den Fall beinhalten, dass ein Beteiligter vorverstirbt.

Vermeidung der Entstehung einer Erbengemeinschaft 

Die Entstehung einer Erbengemeinschaft lässt sich durch ein Testament vermeiden, indem lediglich eine Person als Erbe („Alleinerbe“) eingesetzt wird. Ergänzend können „Vermächtnisse“ zugunsten weiterer Personen angeordnet werden, die dadurch den Anspruch auf die Herausgabe einzelner Nachlassgegenstände (beispielsweise einer Immobilie oder eines Geldbetrages) erhalten. Am übrigen Nachlass sind sie nicht beteiligt. Diese Gestaltung hat den Vorteil, dass die Vermächtnisnehmer ihren Vermächtnisanspruch zwar erforderlichenfalls gerichtlich durchsetzen können, aber in Bezug auf den übrigen Nachlass kein Mitspracherecht haben. Der Alleinerbe hat in diesem Fall eine sehr starke Stellung und kann den ihm verbleibenden Nachlass allein verwalten. Dies wird oftmals zur Absicherung des Ehegatten gewünscht.

Regelung der Aufteilung des Nachlasses (Teilungsanordnung / Vorausvermächtnis)

Auch wenn man mehrere Personen als Erben einsetzen möchte (= Erbengemeinschaft), kann man im Testament regeln, wie der Nachlass zwischen den Erben aufzuteilen ist, und dadurch Streitpunkte vermeiden. Hierbei sollte aber unbedingt geregelt werden, ob bei Wertdifferenzen der zugeteilten Gegenstände ein Wertausgleich vorgenommen werden soll oder nicht und wie dieser gegebenenfalls konkret zu erfolgen hat. Denn gerade die Bewertung von Immobilien ist ein häufiger Streitpunkt zwischen den Erben. Sofern ein Wertausgleich zwischen den Erben erfolgen soll, bezeichnet man die Regelung als „Teilungsanordnung“. Sofern kein Wertausgleich erfolgen soll, handelt es sich bei der Zuordnung von Nachlassgegenständen um sogenannte „Vorausvermächtnisse“ zugunsten einzelner Erben. Die Verwendung der juristisch richtigen Begrifflichkeiten ist bei der Testamentsgestaltung von entscheidender Bedeutung, um Unklarheiten zu vermeiden. Sofern auf einzelnen Immobilien Kredite lasten, sollte geregelt werden, wer diese Verbindlichkeiten zu tragen hat.

Verwaltungsvorgaben und Testamentsvollstreckung 

Darüber hinaus können im Testament Vorgaben betreffend die Verwaltung von Immobilien gemacht werden. Dies kann entweder durch konkrete Verwaltungsvorgaben oder durch die Berufung eines Testamentsvollstreckers erfolgen, der die Immobilie(n) bis zur Verteilung oder auch darüber hinaus verwalten soll. Es kann auch angeordnet werden, dass die Immobilie verkauft werden soll und jeder einen bestimmten Anteil des Erlöses erhält. Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung sollte generell in Betracht gezogen werden, wenn mit Streitigkeiten zu rechnen ist oder Minderjährige am Nachlass beteiligt werden sollen. Das Testament sollte dann aber auch die Aufgaben, die Befugnisse und eine etwaige Vergütung des Testamentsvollstreckers eindeutig regeln.

Anordnung von Nießbrauch oder Wohnrecht

In einem Testament kann der Testierende auch regeln, dass das Eigentum an einer Immobilie auf eine Person (z.B. das Kind) übergehen, der Nießbrauch an der Immobilie aber einer anderen Person (z.B. dem Ehepartner) zustehen soll. Bei einem Nießbrauch handelt es sich um ein im Grundbuch eingetragenes vollumfängliches Nutzungsrecht. Auch ein reines Wohnrecht oder ein sonstiges Nutzungsrecht kann testamentarisch eingeräumt werden. Wenn mehrere Personen eine Immobilie dauerhaft gemeinsam nutzen sollen (z.B. ein Ferienhaus), empfiehlt es sich, Verwaltung und Nutzung im Testament genau zu regeln.

Einräumung von Vorkaufsrechten

Wenn Immobilien möglichst lange in der Familie gehalten werden sollen, besteht beispielsweise die Möglichkeit, testamentarisch anzuordnen, dass jedes Kind eine Immobilie erhält und zusätzlich jeweils wechselseitig Vorkaufsrechte im Grundbuch eingetragen werden sollen. Wenn dann ein Kind seine Immobilie an einen Dritten verkaufen möchte, könnte das andere Kind in diesen Kaufvertrag eintreten und anstatt des Dritten kaufen.

Auseinandersetzungsausschluss

Sofern mehrere Personen eine Immobilie gemeinsam erhalten sollen, kann im Testament ein vorübergehender oder dauerhafter Auseinandersetzungsausschluss angeordnet werden. Dies hat zur Folge, dass sich die Immobilie weiterhin im Eigentum der Erbengemeinschaft befindet. Ob ein solcher Ausschluss sinnvoll und im Interesse der Beteiligten ist, sollte jedoch sorgsam abgewogen werden. Ferner können sich die Miterben bei Vorliegen eines wichtigen Grundes oder auch einvernehmlich über den Ausschluss hinwegsetzen. Sofern der Testierende einen dauerhaften Ausschluss der Auseinandersetzung erreichen will, sind hierzu ergänzende Regelungen im Testament erforderlich. 

Reduzierung der Erbschaftsteuerbelastung

Auch im Hinblick auf die Ausnutzung erbschaftsteuerlicher Freibeträge ist die Errichtung eines Testaments anzuraten. Von Relevanz ist hier insbesondere die Steuerbefreiung für das sogenannte Familienheim, die das Gesetz im Todesfall für Ehegatten und Kinder unter sehr engen Voraussetzungen gewährt. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass man die Steuerbefreiung nur in Anspruch nehmen kann, soweit man den befreiten Gegenstand (Familienheim) erhält. Erben beispielsweise zwei Kinder die zuvor von dem länger lebenden Elternteil selbst bewohnte Immobilie und zieht aber nur eines der Kinder nach dem Erbfall unverzüglich für mindestens zehn Jahre in diese Immobilie ein, kann nur dieses Kind (und auch nur hinsichtlich seines Hälfteanteils) die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen. Die Zuordnung einzelner Nachlassgegenstände durch Testament ist also auch für die erbschaftsteuerlichen Folgen bedeutsam. Genereller Vorteil der testamentarischen Erbfolge gegenüber der gesetzlichen Erbfolge ist, dass sich bei mehreren Beteiligten deren Freibeträge gezielt ausnutzen lassen. Eine solche Planung ist bei der gesetzlichen Erbfolge schwierig, weil bis zum Erbfall unklar ist, wer zu welcher Erbquote erbberechtigt sein wird (Stichwort: „Zufallsgemeinschaft“).

Berücksichtigung pflichtteilsrechtlicher Ansprüche

Zum Schutz von Nachlassimmobilien ist es auch wichtig, pflichtteilrechtliche Ansprüche von Angehörigen zu berücksichtigen; insbesondere, wenn man einzelne Angehörige von der Erbfolge ausschließen („enterben“) möchte. Pflichtteilsrechtliche Ansprüche können durch lebzeitiges Handeln des Erblassers reduziert / vermieden werden, sofern frühzeitig oder mit Einverständnis des Pflichtteilsberechtigten gehandelt wird. Der Pflichtteil ist eine gesetzlich garantierte Mindestbeteiligung naher Angehöriger (insbesondere Ehegatte und Kinder) am Nachlass. Dem Pflichtteilsberechtigten steht mit dem Tod des Erblassers ein sofort fälliger Geldanspruch zu. Auch wenn ein Pflichtteilsberechtigter im Testament enterbt wird, steht ihm dieser Zahlungsanspruch grundsätzlich zu, sofern nicht zu Lebzeiten Vorsorge getroffen worden ist. Die Höhe der Zahlung richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad und den Vermögensverhältnissen des Erblassers bei dessen Tod. Auch lebzeitige Schenkungen des Erblassers (insbesondere solche mit Nießbrauchsvorbehalt) können erheblichen Einfluss auf die Höhe der Zahlung haben – sowohl nach oben als auch nach unten. Die Zahlungspflicht kann dazu führen, dass eine Immobilie zur Schaffung der für die Auszahlung des Pflichtteils erforderlichen Liquidität verkauft werden muss. Daher sollte ein solcher Liquiditätsbedarf bei der Gestaltung des Testaments gegebenenfalls berücksichtigt werden. 

Fazit

Die testamentarische Erbfolge hat deutliche Vorteile gegenüber der gesetzlichen Erbfolge und birgt erheblich weniger Risiken. Im Rahmen der Testamentsgestaltung steht gerade im Hinblick auf Immobilien ein großer Werkzeugkasten bereit, mit dem die individuellen Wünsche und Vorstellungen zumeist passgenau umgesetzt werden können. Hierbei lassen sich auch vorsorgliche Regelungen für unerwartete Ereignisse treffen. Entscheidend ist jedoch, die einzelnen Instrumente richtig anzuwenden und richtig miteinander zu kombinieren. Ein handwerklich schlecht errichtetes Testament verfehlt seinen Zweck. 


Fragen zum Testament von Immobilieneigentümern und allgemein?

Melden Sie sich bitte gerne bei mir. Ich freue mich auf Ihre Nachricht und unterstütze Sie gerne in Ihrem ganz speziellen Fall.

Ihr Nicolai Utz
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Erbrecht

+49 89 54 71 43
n.utz@acconsis.de

Foto(s): Shutterstock

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Nicolai Utz

Beiträge zum Thema