Das wucherähnliche Geschäft der Pfando GmbH und die Frage nach dem Händlereinkaufswert

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Derzeit gibt es zu dem bis ca. März 2023 verwendete cash & Drive Vertragsmodell der Firmen "Pfando" massenhaft Rechtsstreitigkeiten zwischen der Pfando GmbH,  der Pfandos Cash & Drive GmbH als Vermieterin und neuerdings auch der Pfando Vermietung GmbH mit ihren Kunden zur Frage, ob es sich bei den Verträgen wegen der besonderen Einseitigkeit der Konditionen um sittenwidrige und wucherähnliche Geschäfte gem. § 138 Abs. 1 BGB handelt. 


Die Firmen Pfando Cash & Drive GmbH, bzw. Pfando GmbH und neuerdings auch Pfando Vermietung GmbH betreiben unter dem Stichwort „Cash & Drive “ ein Geschäftsmodell, bei dem es häufig unklar ist, ob es sich um einen Gebrauchtwagenhandel handelt oder um Finanzgeschäfte. Viele der Mandanten des Unterzeichners behaupten, ihnen sei von den Mitarbeitern der Rückverkauf ihres an die Pfando GmbH verkauften Pkws oder sonstigen Fahrzeugs fest versprochen worden, was im Einzelfall eine mündliche Nebenabrede zu dem Cash & Drive Vertrag sein könnte oder ihnen sei vorgespiegelt worden, dass es um eine Verpfändung, also die Situation eines Darlehens ginge, was zur Nichtigkeit als Rückkaufhandel führen kann, § 34 Abs. 4 GewO.

In vielen Fällen kann dies offenbleiben, da die von der Pfando GmbH gezahlten Kaufpreise für die PKW oft so gering sind, dass man von einem wucherähnlichen Geschäft ausgehen kann.

Dem Unterzeichner liegt in Textform eine Äußerung eines Zweigstellenleiters der Firmen Pfando vor, wonach die Firmen „Pfando“  die Hälfte des Wertes des Fahrzeugs für die PKW bezahlen und außerdem eine gerichtlich protokolliert Zeugenaussage eines ehemaligen Zweigstellenleiters, wonach maximal 50 % bis 60 % des Marktwertes gezahlt werden.

Dies führte aus Sicht des Unterzeichners in sehr vielen Fällen dazu, dass der Vertrag als sittenwidriges Geschäft nichtig ist, denn gleichzeitig fließen den Firmen Pfando erhebliche Mittel aus der Rückvermietung zu. Nichtig ist dann auch die Übereignung des Pkws oder sonstigen Fahrzeugs.

Die Gerichte prüfen im Ausgangspunkt die Sittenwidrigkeit und das Vorliegen eines wucherähnlichen Geschäftes danach, ob ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, welches mehr als 100 % ausmacht, was allerdings kein streng arithmetischer Maßstab ist. 

Manche Gerichte sind allerdings der Auffassung, dass für die Prüfung des Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung der Händlereinkaufspreis zugrunde zu legen ist. Hierzu legt der Prozessbevollmächtigte der Beklagten immer wieder eine Liste von Beweisbeschlüssen und Hinweisbeschlüssen vor, denen zu entnehmen sein sollen, dass das Missverhältnis zwischen Leistung Gegenleistung anhand des Händlereinkaufspreises als Wertansatz für den Pkw zu prüfen ist. 

Das wäre natürlich für Pfando fein, wenn das zutreffen würde, da der Händlereinkaufspreis gerade bei älteren Gebrauchten deutlich niedriger liegt, als der Verkehrswert der PKW, Motorräder usw.

Beispielsweise zitiert Pfando folgende Beschlüsse und Verfügungen

Beschluss des Oberlandesgerichtes München, 7 U 8401/21 vom 03.04.2023

Beschluss des Landgerichtes Berlin,105a S 5/21 vom 29.03.2023

Beschluss des Landgerichtes Kassel, 7 O 1045/22 vom 28.03.2023

Verfügung des Landgerichtes Berlin, 4 O 44/22 vom 28.03.2023

Beweisbeschluss des Landgerichtes Köln, 15 O 78/22 vom 27.03.2023

Beschluss des Amtsgerichtes Essen, 29 C 46/21 vom 11.03.2023

Beweisbeschluss des Landgerichtes Stuttgart, 23 O 221/21 vom 08.03.2023

Beschluss des Landgerichtes Ingolstadt, 31 O319/22 vom 06.03.2023

Beweisbeschluss des Oberlandesgerichtes Köln, 16 U 44/22 vom 02.03.2023

Beweisbeschluss des Landgerichtes Frankfurt/M., 2-32 O 136/22 vom 20.02.2023

Verfügung des Oberlandesgerichtes Frankfurt/M., 2 U 125/20 vom 16.02.2023


Allerdings ist - was die Firmen "Pfando" nicht zum Ausdruck bringen das Oberlandesgericht Frankfurt / Main - von dem Hinweisbeschluss wieder etwas abgerückt und lässt durch die Sachverständigen sowohl den Händlereinkaufswert als auch den Verkehrswert ermitteln. Bemerkenswert ist, dass sich die Richter am Oberlandesgericht Frankfurt / Main irritiert darüber zeigten, dass so viele Pfando Geschädigte, die durch sehr viele unterschiedliche Anwälte vertreten werden schildern, dass sie getäuscht wurden, indem etwa von dem Mitarbeitern von Pfando der Vertrag als eine Form der Verpfändung dargestellt wurde und die Geschädigten sehr häufig schildern, dass bei Unterzeichnung die Unterschriftenseiten aufgeblättert hingelegt wurden, so dass der Kunde den Vertragstext nicht lesen konnte.

Das alleinige Abstellen auf den Händlereinkaufswert ist nach Auffassung des Unterzeichners für die spezielle Vertragskonstruktion des Cash & Drive Vertrages, wie er regelmäßig zwischen der Pfando GmbH als Käuferin des Pkws und den Kunden der Firma Pfando vereinbart wird nicht zutreffend.

Es findet sich in dem Vertrag über die Rückvermietung an den Kunden meist in § 7d eine AGB-Klausel, wonach das normalerweise vom Vermieter zu tragende Kostenpaket für Versicherung/Steuern/Wartung und Reparaturen am Fahrzeug während der Laufzeit des Vertrages auf den Kunden abgewälzt wird.  Gleichzeitig ist der vereinbarte Mietzins im Verhältnis zu dem an den Pfando Kunden gezahlten Kapital - welches den Anschaffungsaufwand der Vermietungsgesellschaft Pfandos Cash & Drive GmbH oder Pfando Vermietung GmbH darstellt - sehr hoch. In sechs Monaten beträgt dieser nach den Erfahrungen des Unterzeichners, der sehr viele Pfando Mandanten vertritt sehr regelmäßig mehr als 60 % des ausgereichten Kapitals. Nur wenige der Mietverträge werden auf eine Laufzeit von vier Monaten abgeschlossen.

Die Abwälzung des Reparaturrisikosauf den Kunden im Mietvertrag bedeutet, dass der Ansatz des Händlereinkaufspreises als Maßstab für das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht richtig sein kann. Nach der Lebenserfahrung treten Mängel am Fahrzeug innerhalb von sechs Monaten nach Gebrauchsüberlassung auf. Diese Lebenserfahrung spiegelt sich in der Regelung des § 477 BGB a.F. zur Beweislastverteilung bei Mängel im Verbraucherrecht. 

Kommt es beispielsweise während der Nutzungsdauer des Pkws durch den Kunden zu einem Motorschaden, würde die Regelung über die Abwälzung des Reparaturrisikos bedeuten, dass der Kunde den Motorschaden reparieren muss, um am Ende der Mietzeit seine Verpflichtung zur vertragsgemäßen Rückgabe des Fahrzeugs zu erfüllen. Da es dabei jedoch auch um die Rückgabe an die Pfando GmbH als Käuferin des Pkws geht, ist dies auch eine Regelung im Zusammenhang mit dem Ankauf des Fahrzeugs durch die Pfando GmbH. Diese Situation unterscheidet sich grundlegend von der Situation eines Gebrauchtwagenankaufs. Die Rückvermietung stellt bereits die Verwertung des Fahrzeugs dar und das Verwertungsrisiko liegt nicht bei den Firmen Pfando. Das Gewährleistungsrisikos wird faktisch auf den Kunden rückabgewälzt.

Im Ergebnis erscheint es daher sachgerechter, von dem Verkehrswert des Pkws auszugehen und nicht erst aus anhand der Verpflichtung zur Zahlung von Mieten an die Schwestergesellschaft eine Verschiebung des Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung abzuleiten, was die Alternative wäre. Völlig unvertretbar erscheint es, die weiteren Verpflichtungen zur Zahlung von Mieten außer Betracht zu lassen, etwa weil der Wert der Nutzungsüberlassung diesen Wert habe, da dies auf eine doppelte Berücksichtigung des Anschaffungsaufwand hinausliefe; die Pfandos Cash & Drive GmbH als Vermieterin oder die Pfando Vermietung GmbH als Vermieterin haben aus der Sicht des Gesamtgeschäftes keinen Anschaffungsaufwand.

Dies bedeutet, dass sehr viele der von der Firma Pfando GmbH, Pfandos Cash & Drive GmbH und Pfando Vermietung GmbH abgeschlossenen Verträge als wucherähnliches Geschäft nichtig ist.


Stephan Lengnick

Rechtsanwalt


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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