Die Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit zum Antrag auf Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben

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Vor einigen Monaten habe ich über eine ähnliche Problemstellung mit der Krankenkasse in Zusammenhang mit § 51 SGB III berichtet. Mittlerweile habe ich zur Verhinderung der Folgen (Ruhen des Krankengeldanspruchs) mehrere einstweilige Verfügungen beantragt. Und in jedem Fall hat die Krankenkasse die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anerkannt und weiter Krankengeld gezahlt.

Im Arbeitsförderungsrecht gibt es eine ähnliche Vorschrift, § 145 II 1 SGB III. Was hat es mit dieser Vorschrift auf sich?

Die finanzielle Absicherung langzeiterkrankter Menschen gleicht einer Achterbahnfahrt. Die Betroffenenn haben das Gefühl von einem Leistungsträger zum anderen verschoben zu werden: angefangen von der Krankenkasse (KK), der Bundesagentur für Arbeit (BA) bis zum Träger der Rentenversicherung (DRV). Dies führt neben der Sorge um die eigene Genesung zu einer erheblichen Verunsicherung. Zwar gibt es in Deutschland ein relativ gutes soziales Auffangnetz. Allerdings ist dieses Netz an einigen Stellen besonders löchrig.


Der klassische Weg eines Menschen mit einer Langzeiterkrankung beginnt mit der Entgeltfortzahlung (6 Wochen), führt über das Krankengeld (72 Wochen) und anschließend zum  Arbeitslosengeld. Danach tut sich ein Abgrund auf. Entweder muss jetzt eine Rente her oder es droht Bürgergeld. Da die Höhe der Erwerbsminderungsrente in den meisten Fällen niedriger ist als das gezahlte Kranken- oder Arbeitslosengeld, sind die Betroffenen häufig daran interessiert, die jeweiligen Ansprüche auszuschöpfen. 


Die Krankenkasse kann den Betroffenen auffordern, bei der DRV einen Antrag auf Reha-Leistungen zu stellen. Sollte der Antrag innerhalb von 10 Wochen nicht gestellt werden, wird mit dem Verlust des Krankengelds gedroht. Hier sind Widerspruch und Klage die probaten Mittel, da sie aufschiebende Wirkung haben. Flankierend ist eine einstweilige Anordnung zu beantragen, da die Krankenkasse in der Regel die aufschiebende Wirkung missachtet und die Zahlung von Krankengeld einstellt. 


Spätestens wenn der Betroffene Arbeitslosengeld nach der Nahtlosigkeitsregelung beantragt, beginnt das Spiel von Neuem. Die Regelung selbst ist eigentlich eine gute Sache. Denn hierdurch wird sichergestellt, dass Langzeiterkrankte zwischen dem Krankengeld und einer möglichen EM-Rente „nahtlos“ Geld erhalten, also nicht zwischen den Stühlen landen. Gleichwohl: Nach der Beantragung von Arbeitslosengeld auf dieser Grundlage meldet sich regelmäßig die BA. Die Betroffenen werden dann aufgefordert, einen Reha-Antrag zu stellen: diesmal binnen 1 Monats. Kommen sie dieser Aufforderung nicht nach, gibt es kein Arbeitslosengeld mehr. Was passiert, wenn sie der Aufforderung folgen, hängt vom Ausgang des Reha-Verfahrens ab. Wenn die DRV feststellt, dass der Arbeitslose tatsächlich weniger als 3 Stunden am Tag arbeiten kann, wird der Reha-Antrag in einen Antrag auf EM-Rente umgedeutet.


Probates Mittel gegen diese Rechtsfolge ist erneut der Widerspruch. Dieser hat aufschiebende Wirkung. Gleichzeitig sollte eine einstweilige Anordnung in Aussicht gestellt werden. Denn auch die BA missachtet immer wieder die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und stellt die Zahlung von Arbeitslosengeld ein.


Fazit

Stellt der Langzeiterkrankte nach einer Aufforderung der BA einen Reha-Antrag, prüft die RV die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch. Hält sie eine Reha für nicht erfolgversprechend, wird „automatisch“ ein Rentenverfahren eingeleitet. Dies kann für den Versicherten bei einer hohen EM-Rente vorteilhaft sein, weil so ein frühzeitiger Rentenbeginn ermöglicht wird. Wenn die EM-Rente niedriger ist als das Arbeitslosengeld, und das ist die Regel, ist ein vorverlegter Rentenantrag indes für ihn wirtschaftlich nachteilig.


Der Betroffene kann diesen Nachteil durch Widerspruch und Klage abwenden. Denn diese Rechtsmittel haben aufschiebende Wirkung. Durch eine einstweilige Anordnung lässt sich die Weiterzahlung des Arbeitslosengelds sicherstellen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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