Update III: Rückforderung und Erstattung gewährten Kurzarbeitergelds vom Arbeitgeber

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Der alleinige Hinweis auf die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung im zweiten Absatz „ergänzender Hinweise“ im Anschluss an die Rechtsbehelfsbelehrung eines Bescheides kann nach seiner Begrifflichkeit und Stellung eine Vorläufigkeit nicht begründen, so der zweite Leitsatz im Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 15.8.2022 – S 14 AL 32/22.

Und diese Feststellung hat es in sich. Denn die Bundesagentur für Arbeit (nachfolgend BA) hat zu Beginn der Pandemie Tausende, vielleicht auch Hunderttausende Bescheide erlassen, bei denen die Leistungsbewilligung von Kurzarbeitergeld (KUG) nicht im Verfügungssatz unter die Bedingung der Vorläufigkeit gestellt worden ist. Diese Bewilligungen sahen ungefähr wie folgt aus:

Sehr geehrte Damen und Herren,

auf Ihren Antrag wird für den oben genannten Anspruchszeitraum Kurzarbeitergeld (KUG) in der beantragten Höhe bewilligt. Die Berechnungen der Leistungen sowie die Abzüge entnehmen Sie bitte dem Berechnungsblatt am Ende des Bescheides.

In formeller Hinsicht erfordert eine vorläufige Entscheidung einen Verfügungssatz, der für den Empfänger ohne Zweifel die Vorläufigkeit des Bescheides deutlich macht. Aus dem Verfügungssatz selbst muss für den Empfänger vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Es muss damit klar erkennbar sein, dass es sich nur um eine vorläufige Regelung handelt, die unter dem Vorbehalt einer abschließenden Prüfung steht.

Der obige Verfügungssatz erfüllte diese Voraussetzungen nicht. Die BA hat eine Entscheidung über die Tatsache und die Höhe von KUG getroffen, ohne auf die Vorläufigkeit hinzuweisen. 

Der alleinige Hinweis auf die vorläufige Bewilligung in den rechtlichen Hinweisen nach der Rechtsbehelfsbelehrung macht nicht hinreichend deutlich, die Leistungsbewilligung vorläufig ist.

Rechtsfolge der fehlenden Vorläufigkeit ist, dass die BA nicht einen einen endgültigen Bescheid erlassen kann. Denn der vermeintlich vorläufige Bescheid ist bereits endgültig. Und ein endgültiger Bescheid kann nur rückwirkend aufgehoben werden, wenn er von Beginn an rechtswidrig war. Eine Aufhebung einer Leistung für die Vergangenheit, auf dessen Bestand der Begünstige vertraut hat, setzt einen das Vertrauen ausschließende Gegebenheit nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 – 3 SGB X voraus. Der Arbeitgeber müsste den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt haben. Oder der Verwaltungsakt müsste  auf Angaben beruhen, die der Arbeitgeber vorsätzlich oder grobfahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat Oder der Arbeitgeber müsste die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kennen oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennen. Die BA trägt die Beweislast für die Tatsachen, aus denen sie Rechte herleitet.

Folglich kann die BA nur unter erheblichen Schwierigkeiten das KUG vom Arbeitgeber zurückverlangen, wenn sie einen vermeintlich vorläufigen Bewilligungsbescheid erlassen hat.

Fazit:

Ein Rückforderungsbescheid ist im Lichte des Leistungsbescheids zu prüfen. Ist dieser nur vermeintlich vorläufig, so ist der Rückforderungsbescheid in der Regel rechtswidrig, wenn der Arbeitgeber auf den Bestand des Leistungsbescheids vertrauen durfte.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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