Die Außenhaftung des Geschäftsführers im Falle der Insolvenz einer GmbH: Ein Direktanspruch für Gläubiger.

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1. Einführung

Die Insolvenz einer GmbH wirft zahlreiche rechtliche Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Haftung der Geschäftsleitung. 

Ein besonders interessanter Aspekt ist die Außenhaftung des Geschäftsführers, die es Gläubigern ermöglicht, direkt gegen die Geschäftsleitung vorzugehen, ohne auf Handlungen des Insolvenzverwalters warten zu müssen. 

Diese Möglichkeit der direkten Anspruchsdurchsetzung bietet Gläubigern einen wichtigen Hebel, um ihre Rechte effektiv zu wahren.

Allerdings ist diese Anspruchstellung und Durchsetzung komplex und in der Regel nur durch Vertretung über einen fachkundigen Rechtsanwalt erfolgsversprechend.


2. Außenhaftung der Geschäftsleitung gegenüber Gläubigern

Zugunsten einzelner Gläubiger können u. a. folgende Rechtsnormen eine Direkthaftung gegenüber dem Geschäftsführer bzw. der Geschäftsleitung begründen:

a. § 15a InsO und Neugläubigerschaden

Nach § 15a InsO besteht für den Geschäftsführer die Pflicht, bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der GmbH ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei bzw. sechs Wochen nach Eintritt der Insolvenzreife, einen Insolvenzantrag zu stellen. 

Versäumt der Geschäftsführer diese Pflicht, kann dies zur Haftung gegenüber Neugläubigern führen, die in dieser Zeit Verträge mit der insolventen GmbH abschließen. Den hätte der Geschäftsführer rechtzeitig einen Insolvenzantrag gestellt, wäre es zu dem Vertragsschluss nicht mehr gekommen.

Diese Haftung ergibt sich aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 15a InsO, wobei der sogenannte Neugläubigerschaden geltend gemacht werden kann.

b. Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 2 BGB

Weiterhin kann der Geschäftsführer nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit verschiedenen Schutzgesetzen haften. 

Dazu zählen unter anderem die Straftatbestände der Gläubiger- und Schuldnerbegünstigung (§§ 283c, 283d StGB), Untreue (§ 266 StGB) und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB). 

Diese Haftungstatbestände können zu direkten Schadensersatzansprüchen der Gläubiger gegen den Geschäftsführer führen.

c. Haftung gegenüber dem Finanzamt

Eine besondere Haftung besteht gegenüber dem Finanzamt gemäß §§ 69 Satz 1, 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Hier kann der Geschäftsführer für Steuerschulden der GmbH persönlich in Haftung genommen werden, insbesondere wenn Steuerabgaben vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht abgeführt werden.

d. Außenhaftung gemäß §§ 280, 311 Abs. 3 BGB

Eine Einstehen müssen kann sich auch aus den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 280, 311 Abs. 3 BGB ergeben, insbesondere wenn bei Vertragsschlüssen ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Gläubiger und Geschäftsführer bestand und dieses Vertrauen schuldhaft enttäuscht wurde.

e. Haftung nach § 826 BGB

Schließlich kann eine Haftung auch aus § 826 BGB resultieren, wenn der Geschäftsführer vorsätzlich zum Schaden des Gläubigers gehandelt hat. Dieser Anspruch auf Schadensersatz setzt ein sittenwidriges Verhalten voraus.


3. Direkte Anspruchsdurchsetzung gegenüber der Geschäftsleitung

Wenig bekannt ist, dass Gläubiger über die vorgenannten Anspruchsgrundlagen ihre Ansprüche direkt gegenüber der Geschäftsleitung geltend machen können, ohne auf die Handlungen des Insolvenzverwalters angewiesen zu sein. 

Diese direkte Anspruchsdurchsetzung bietet den Gläubigern eine wichtige Möglichkeit, ihre Rechte unabhängig vom Verlauf des Insolvenzverfahrens zu wahren.

Bei schnellen Handeln und der Beauftragung eines fachkundigen Rechtsanwalts kann eine Inanspruchnahme des Geschäftsführer sogar noch vor der Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter erfolgen.


4. Fazit

Die Außenhaftung des Geschäftsführers in der Insolvenz einer GmbH ist ein komplexes und vielschichtiges Rechtsgebiet. Sie bietet Gläubigern verschiedene Ansatzpunkte, um ihre Forderungen gegenüber der Geschäftsleitung direkt geltend zu machen. 

Dieses Instrumentarium ist von großer Bedeutung, da es den Gläubigern ermöglicht, unabhängig vom Insolvenzverfahren aktiv zu werden und ihre Rechte zu schützen.

Hierdurch kann ein wirtschaftlicher Schaden wesentlich eingedämmt werden. Denn der Gläubiger muss nicht nicht mit einer Quotenzahlung aus der Insolvenzmasse zufrieden geben, sondern kann gegenüber dem Geschäftsführer bzw. der Geschäftsleitung einen Schadensersatznanspruch durchsetzen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 

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