Die Erweiterung des „Einsteigens“ beim Wohnnungseinbruchsdiebstahl

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Der OLG Oldenburg erzielte Aufsehen durch seinen neusten Vorlagebeschluss (vom 14.09.2015 – 1 Ss 81/15) beim Bundesgerichtshof.

Handeln tut es sich dabei um den Wohnungseinbruchdiebstahl gemäß §§ 242, 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Der Täter verschaffte sich Zugang zu einer Villa, indem er bei einem bereits gekippten Fenster die Verriegelungsschiene löste. Durch den nun größer gewordenen Spalt konnte er seinen Arm durchstrecken und den Griff der sich neben dem Fenster befindlichen Terrassentür betätigen. Dies alles kostete den Täter keinen besonderen Kraftaufwand. Insgesamt entwendete der Täter fünfzehn Flaschen hochwertigen Alkohols aus der Villa des Opfers.

Die Merkmale der Wegnahme einer fremden beweglichen Sache im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB und einer Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB sind hier unzweifelhaft gegeben.

Auch die Alternative des Einbrechens gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 Var.1 StGB kann man schnell abhandeln, da das Erfordernis einer nicht unerheblichen körperlichen Anstrengung hier nicht vorliegt.

Dagegen bereitete das Merkmal des Einsteigens dem OLG Oldenburg Probleme.

An sich setzt das Einsteigen ein nur unter Schwierigkeiten mögliches Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung voraus. Eine sich im Erdgeschoss befindliche Terrassentür ist aber unter normalen Umständen gerade für einen ordnungsgemäßen Eintritt gedacht. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch dann, wenn die Terrassentür dadurch geöffnet wurde, dass der Täter durch ein gekipptes Fenster hineingreifen konnte.

Demnach wäre eigentlich auch ein Einsteigen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 Var.2 StGB zu verneinen. Dies sieht der OLG Oldenburg aber anders.

Der BGH vertrat bislang die Auffassung, dass der gesetzgeberische Grund für eine höhere Bestrafung darin liegt, dass der Täter bei dem Merkmal Einsteigen eine „schwerere besondere Geflissentlichkeit und Hartnäckigkeit“ vorweist. Genau dies sei aber nicht gegeben, wenn der Täter die Möglichkeit hat, ohne Überwindung von Schwierigkeiten eine Terrassentür durch ein daneben liegendes Fenster zu öffnen. 

Der OLG Oldenburg bejaht aber in diesem vorliegenden Fall die Überwindung einer Schwierigkeit, so dass nach dessen Auffassung ein geflissentliches und hartnäckiges Verhalten des Täters bejaht werden kann.

Dieser musste nämlich, bevor er seinen Arm durch das Fenster strecken konnte, zunächst die Verriegelungsschienen lösen. Und allein diese Überwindung eines mechanischen Hindernisses sei ausreichend für die Erfüllung des Tatbestandes des Einsteigens. Selbst dann, wenn es sich bei der nun entstandenen Öffnung um eine zum ordnungsgemäßen Eintritt bestimmte Öffnung handelt.

Folge man dieser Auffassung, so wäre hier der Wohnungseinbruchdiebstahl gemäß §§ 242, 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllt, denn der Täter handelt zusätzlich vorsätzlich und mit Zueignungsabsicht.

Es bleibt abzuwarten, wie sich der BGH in diesem Fall entscheiden wird. Entweder er schließt sich der höchstbedenklichen Auffassung des OLG Oldenburg an und erweitert damit die Strafbarkeit durch die Hintertür oder er behält seine bisherige Meinung bei und hält sich an die gesetzgeberische Intention einer qualifizierten Strafbarkeit.

Rechtsanwalt für Strafrecht Benjamin Grunst berät Sie bei Strafverfahren mit dem Vorwurf des Wohnungseinbruchdiebstahls.


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