Die fehlerhafte Ausschlagung der Erbschaft – Anfechtung bei Irrtum nicht immer möglich

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Liebe Mandanten und Freunde, an dieser Stelle möchten wir Ihnen von Zeit zu Zeit interessante Erbrechts-Themen aus der Praxis vorstellen. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und helfen Ihnen bei Fragen gerne. Ihr BBT-Team. 

1. Ausschlagung der Erbschaft – Frist, Form und Bedeutung

Wird jemand Erbe, so gehen die Erbschaft und damit alle Aktiva (Vermögensgegenstände, Forderungen etc.) und Passiva (Verbindlichkeiten etc.) nach § 1942 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge automatisch auf den berufenen Erben über (Anfall der Erbschaft). Der Erbe kann die Erbschaft jedoch innerhalb von 6 Wochen ausschlagen, wobei die Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, in welchem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen (also Testament etc.) berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht (§ 1944 BGB).

Gemäß § 1945 BGB erfolgt die Ausschlagung durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht. Die Erklärung kann direkt vor Ort beim Nachlassgericht erfolgen oder sie kann vor einem Notar aufgenommen werden, der diese Erklärung dann beim Nachlassgericht einreicht (§ 1945 BGB).

Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt. Die Erbschaft fällt dann demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte (§ 1953 BGB). Dies kann ein im Testament genannter Ersatzerbe sein oder, wenn kein Testament existiert, der nachrückende gesetzliche Erbe.

2. Die fehlerhafte Ausschlagung der Erbschaft – Irrtum über den nachrückenden Erben

In seiner Entscheidung vom 22.03.2023 hat der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 22.03.2023, IV ZB 12/22) darüber geurteilt, ob der eine Erbschaft Ausschlagende, seine Entscheidung anfechten und damit rückgängig machen kann, wenn er sich bei Abgabe der Ausschlagungserklärung darüber geirrt hat, wer an seiner Stelle in die Erbfolge eintritt.

Der BGH hat dies verneint. Dass der Ausschlagende sich über die konkrete Person des Nächstberufenen geirrt hat, begründe unabhängig davon, welche rechtlichen oder tatsächlichen Fehlvorstellungen dem zugrunde lagen, z.B. irrige Annahme einer Anwachsung beim verbleibenden Miterben oder Irrtum über Inhalt der gesetzlichen Erbfolge im deutschen Erbrecht, lediglich einen unbeachtlichen Motivirrtum, welcher nicht zur Anfechtung berechtige.

In dem entschiedenen Fall war der Erblasser verheiratet und hatte mehrere Kinder (letztere sind gesetzliche Erben der ersten Ordnung). Ein Testament lag nicht vor, so dass die gesetzliche Erbfolge galt. Danach wären die Ehefrau und die Kinder gemeinsam Erben in einer Erbengemeinschaft geworden. Die Kinder wollten aber, dass die Ehefrau alleinige Erbin wird und schlugen deshalb die Erbschaft aus. Sie irrten sich dabei jedoch über die gesetzliche Erbfolge, denn nach dieser wäre die Ehefrau nur dann alleinige Erbin geworden, soweit keine gesetzlichen Erben der zweiten Ordnung (Geschwister und Eltern) und keine Großeltern vorhanden gewesen wären, was jedoch der Fall war.

3. Fazit – eine Ausschlagung der Erbschaft muss wohl überlegt sein

Eine Ausschlagung kann gewollt und sinnvoll sein, um das Vermögen z.B. gleich auf die nächste Generation übergehen zu lassen, womit dann die Erbschaftsteuer für einen Erbgang gespart wird. Eine solche sog. „lenkende Ausschlagung“ muss jedoch wohl überlegt sein und sollte nicht ohne rechtliche Hilfe vorgenommen werden. Denn oft wird die gesetzliche Erbfolge falsch eingeschätzt, was zu ungewollten Ergebnissen führen kann, die, wie der BGH entschieden hat, auch nicht korrigiert bzw. angefochten werden können.

Wir beraten und unterstützen Sie bei Ihrer Entscheidung „Ausschlagung ja oder nein“ und bei allen sonstigen erbrechtlichen und damit zusammenhängenden steuerlichen Fragen. Besuchen Sie uns unter Erbrecht – BBT & Partner. Oder schreiben Sie uns gerne unter m.lingenberg@bbt-partner.de.


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