Veröffentlicht von:

Die Haftung des Reitstallbesitzers für das eingestellte Pferd

  • 4 Minuten Lesezeit

Der Reitstall liefert eine Reihe von Ansatzpunkten, bei denen es zwischen Reitstallinhaber und Pferdeigentümer/-halter zu unerfreulichen Haftungsfragen kommen kann. Einerseits haftet der Reitstall für Schäden an dem eingestellten Pferd, die aufgrund der Nichteinhaltung von Sorgfaltsanforderungen entstanden sind. Der Reitstallbetreiber hat nämlich dafür Sorge zu tragen, dass von seinem Reitstall und seiner Reitanlage keine Gefahren für das eingestellte Pferd und seinen Eigentümer ausgehen. Andererseits hat aber auch der Pferdehalter für die von seinem Pferd verursachten Schäden aus Tierhalterhaftung verschuldensunabhängig einzustehen.

1. Der Pferdepensionsvertrag

Das wirksame Zustandekommen eines Pferdepensionsvertrages setzt nicht voraus, dass dieser schriftlich abgeschlossen wird. Ausreichend ist eine mündliche Abrede über die Unterstellung des Pferdes. Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien bestimmen sich dann ausschließlich nach den gesetzlichen Vorschriften. Da es aber in der Regel nicht bei der reinen Unterstellung des Pferdes bleibt, sondern weitere Leistungen (wie z. B. Weidegang, Fütterung, usw.) vereinbart werden, handelt es sich nicht um einen Mietvertrag, sondern um einen sog. Verwahrungsvertrag. Dies hat zur Folge, dass dem Reitstallinhaber auch kein Vermieterpfandrecht an dem Pferd zusteht. Ein Pfandrecht an dem Pferd ist nur gegeben, wenn es ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde. Nur dann kann sich der Reitstallinhaber (bei Nichtzahlung der Stallmiete) durch einen sog. freihändigen Verkauf des Pferdes (wobei der Verkauf zuvor angedroht werden muss) aus dem Verkaufserlös befriedigen.

2. Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Da in der Regel ein wirksamer (zumindest mündlich geschlossener) Pferdepensionsvertrag vorliegen wird, bestimmen sich die von den Vertragsparteien einzuhaltenden Rechte und Pflichten zunächst einmal nach den gesetzlichen Regelungen, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde. So darf z. B. die Pferdebox keine baulichen Mängel aufweisen. In einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Urteil vom 05.02.2013 – 15 U 138/12) wurde der Reitstallinhaber zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, weil er seine Verpflichtung, das untergestellte Pferd vor nicht fernliegenden Verletzungsgefahren zu schützen, verletzt hatte.

Das Pferd klemmte sich einen Vorderfuß in einer Tür der Pferdebox ein, brach sich das rechte Vorderbein und musste eingeschläfert werden. Der Sachverständige stellte fest, dass bauliche Mängel in Form des Vorhandenseins eines Spalts zwischen Tor und Türangel vorlagen, die der Reitstallinhaber vor Unterstellung des Pferdes hätte beseitigen müssen. Es bleibt festzuhalten, dass jede Pflichtverletzung zu einer Schadensersatzpflicht des Reitstallbetreibers führt. Um die Pflichten und deren Umfang einem Streit zu entziehen, empfiehlt es sich, einen genauen Pflichtenkatalog in den Pferdepensionsvertrag aufzunehmen. Schließlich hat auch der Einsteller gegenüber dem Reitstallbetreiber gewisse Pflichten zu erfüllen. Neben der Verpflichtung zur Zahlung der Stallmiete, ist der Stallinhaber auf Besonderheiten des Pferdes hinzuweisen, wie z. B. auf Unverträglichkeiten mit anderen Pferden, Problemen beim Ausmisten etc.

3. Beweislastumkehr zu Gunsten des Pferdeeinstellers bei Verletzung des Pferdes!

Beim Pferdepensionsvertrag nimmt die Rechtsprechung eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Pferdeeinstellers an, wenn das Pferd im Gefahren- und Verantwortungsbereich, d. h. im Stall des Stallinhabers, verletzt wurde. Kurzum: Der Stallinhaber muss darlegen und beweisen, dass er seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Kann er dies nicht und lässt sich nicht aufklären, wie es zu der Verletzung des Pferdes gekommen ist, haftet der Stallinhaber für den Schaden.

Aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 14.09.2017 – 15 U 21/16:

„Da sich das Pferd der Kläger die Verletzungen zugezogen hat, während es sich, wie ausgeführt, in der alleinigen Obhut und im alleinigen Verantwortungs- und Gefahrenbereich des Beklagten befand, hätte es

demgemäß ihm oblegen, den entsprechenden Entlastungsbeweis zu führen. Das ist ihm indes nicht gelungen.“

4. Haftungsausschluss des Stallbesitzers?

Vor dem Hintergrund der dargestellten Pflichten des Reitstallinhabers wird sein Interesse groß sein, die Haftung auszuschließen oder zumindest zu beschränken. Ein Haftungsausschluss für Kardinalpflichten wird jedoch vom BGH nicht gebilligt. Möglich ist aber eine Haftungsbegrenzung. So wäre eine Klausel mit dem Inhalt zulässig, dass die Haftung des Stallbesitzers für durch einfache Fahrlässigkeit verursachte Schäden der Höhe nach auf den Deckungsbetrag der Haftpflichtversicherung beschränkt ist. Voraussetzung ist allerdings, dass der Versicherungsschutz eine vollständige Kompensation gewährt. 

5. Exkurs: Die Kündigung des Pferdepensionsvertrages

Da es sich bei dem Pferdeeinstellungsvertrag in der Regel nicht um einen Mietvertrag handelt, gelten auch nicht die mietrechtlichen Kündigungsfristen. Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, wäre der Einsteller (auf Grund des Vorliegens eines Verwahrungsvertrags) eigentlich berechtigt, das Vertragsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, also von dem einen auf den anderen Tag, zu beenden. Wurde eine Kündigungsfrist vereinbart, findet man oft die Klausel, wonach der Vertrag nur mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werden kann. Diese Klausel wird man regelmäßig als unwirksam ansehen müssen. Die Rechtsprechung sieht eine Kündigungsfrist von maximal zwei Monaten als wirksam an.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Tim Feber

Beiträge zum Thema