Die Rückabwicklung von Immobilienkaufverträgen

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Der Kauf einer eigenen Immobilie ist für viele Privatpersonen ein lang gehegter Wunsch und gleichzeitig Teil der Altersvorsorge, um sich in der eigenen Immobilie vor höheren Wohnkosten im Alter zu schützen. Im Hinblick auf eine Investition in Sachwerte wird es in den letzten Jahren auch vermehrt zur Kapitalanlage empfohlen, um so Währungsrisiken abzudecken. Nicht selten werden daher von den Erwerbern große Summen aufgebracht oder Verbindlichkeiten aufgenommen, um die Anschaffung zu finanzieren. Umso ärgerlicher ist es, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Immobilie nicht den Wünschen oder Erwartungen der Erwerber entsprochen hat und er die Immobilie daher am liebsten wieder abgeben würde. Unter welchen Voraussetzungen dies rechtlich möglich ist, soll im Weiteren kurz dargestellt werden.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das deutsche Recht weiterhin dem Grundsatz folgt, dass einmal wirksam geschlossene Verträge einzuhalten sind, sofern das Recht nicht ausdrücklich das Recht zur Rückabwicklung gewährt. Ein von vielen vermutetes „allgemeines Widerrufsrecht" oder ein „Recht zum Umtausch" gibt es nicht.

Im Zusammenhang mit dem Kauf von Immobilien kann eine Rückabwicklung insbesondere auf das Recht zur Anfechtung des Vertrags, ein Widerrufsrecht im Rahmen der Finanzierung oder ein Rücktrittsrecht wegen Sach- oder Rechtsmängeln sein. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass der Vertrag aufgrund seiner Ausgestaltung gegen die guten Sitten verstößt und damit von Anfang an nichtig ist.

Liegt keiner der vorgenannten Gründe vor, bleibt dem Erwerber nur die Möglichkeit, die Immobilie selbst wieder am Markt zu veräußern. Dabei trägt er dann allerdings das Risiko, dass die Immobilie beim Weiterverkauf nicht den ursprünglich gezahlten Kaufpreis erzielt.

Von daher liegt es nahe, dass viele Erwerber in dieser Situation erst einmal versuchen, den ursprünglichen Kaufvertrag rückabzuwickeln.

Erster Ansatzpunkt hierfür ist die Frage, ob der Kaufvertrag unter Umständen nichtig ist. Grundlage der Nichtigkeit ist regelmäßig § 138 BGB (Sittenwidriges Rechtsgeschäft, Wucher). Hierbei beschäftigen die Gerichte insbesondere Fallkonstellationen, in denen der vereinbarte Kaufpreis nicht unerheblich von dem „objektiven Wert" der Immobilie abweicht. Nach der gefestigten Rechtsprechung (zuletzt z.B. OLG Celle, Urteil vom 30.08.2012 -13 U 135/11; KG, Urteil vom 15.06.2012 - 11 U 18/11) ist der Vertrag dabei dann nichtig, wenn der Kaufpreis den Wert der Immobilie um rund (BGH, Urteil vom 18.12.2007 - XI ZR 324/06) bzw. knapp (BGH, IMR 2012, 251) um 100 % übersteigt.

Problematisch bei der Anwendung dieser Regel ist jedoch, sie in der Praxis mit Leben zu füllen. Denn während der Kaufpreis einer Immobilie feststeht, existiert ein objektiver Wert einer Immobilie nicht. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass eine Immobilie aufgrund ihrer Lage und Bebauung sowie des Erhaltungszustands immer ein Einzelstück ist. Es gibt somit keinen objektiven Börsen- oder Marktpreis, an dem man sich orientieren könnte. Vielmehr ist sie grundsätzlich so viel wert, wie jemand bereit ist, dafür zu zahlen. Um die Bewertung dennoch zu ermöglichen, wendet die Praxis drei Bewertungsmethoden an:

Bei der Substanzwertmethode wird der Berechnung der Preis zugrunde gelegt, der aufgewandt werden müsste, um die Immobilie neu zu erstellen. Hiervon wird der Wertverlust im Hinblick auf das konkrete Alter in Abzug gebracht.

Im Rahmen der Ertragswertmethode wird bei vermieteten Immobilien errechnet, welche Erträge der potentielle Käufer in Zukunft mit der Immobilie erwirtschaften könnte, wobei die Summe wegen der sofortigen Zahlung abgezinst wird.

Bevorzugte Methode ist jedoch, den Verkehrswert mittels der Vergleichsmethode zu ermitteln. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass in dem Zeitpunkt des Erwerbs in der Umgebung der Immobilie ausreichend vergleichbare Wohneinheiten verkauft wurden. Alle diese Verkäufe werden im Hinblick auf die Immobilie kategorisiert und mit einander verglichen. Der Verkehrswert entspricht dabei in etwa dem Durchschnitt der Verkaufspreise, kann jedoch durch den Sachverständigen im Hinblick auf Erhaltungszustand und Ausstattung nach oben oder unten korrigiert werden.

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, stellt sich die Frage, ob der Käufer den Kaufvertrag anfechten kann. Das Bürgerliche Recht kennt dabei zwei voneinander zu unterscheidende Tatbestände, nämlich die Anfechtung wegen eines Inhalts- und Erklärungsirrtums nach § 119 BGB und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder Drohung nach § 123 BGB. In der Praxis kommen im Hinblick auf die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags fast ausschließlich Fälle zu den Gerichten, in denen der Erwerber sein Anfechtungsrecht auf eine arglistige Täuschung stützt. Diese kann entweder darin gesehen werden, dass der Verkäufer eine Aussage über die Immobilie abgegeben hat, die objektiv falsch war und die den Käufer zum Kauf motiviert hat, oder, dass er eine Aufklärung unterlassen hat, die der Käufer nach Treu und Glauben erwarten konnte. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls.

Wenn eine Anfechtung nicht möglich ist, und ist der Kaufvertrag zwischen den Parteien somit wirksam, so kann dem Käufer dennoch ein Recht auf Rückabwicklung des Vertrags zustehen.

Ansatzpunkt hierfür kann das Bestehen eines Mangels der Immobilie sein, für die der Käufer einzustehen hat. Insbesondere beim Verkauf von Bestandsimmobilien, bei der die werkvertragliche Sachmängelgewährleistung bereits verjährt ist, schließt der Verkäufer jedoch regelmäßig nach Besichtigung die Haftung für Mängel aus. Ob diese Klausel wirksam ist, muss jeweils im Einzelfall überprüft werden. Ist der Haftungsausschluss jedoch wirksam, so bleibt im Falle eines Mangels regelmäßig nur die Anfechtung wegen Nichtanzeige des Mangels (s.o.). Liegt jedoch ein Mangel vor, für den der Verkäufer haftet, und hilft der Verkäufer dem Mangel nicht ab, so kann dem Käufer ein Rücktrittsrecht nach den kaufrechtlichen Regelungen zustehen, so dass der Vertrag rückabzuwickeln ist.

In einer Sonderkonstellation kann sich darüber hinaus ergeben, dass der Käufer an den Kaufvertrag dann nicht mehr gebunden ist, wenn er wirksam den Darlehensvertrag zur Finanzierung widerrufen hat und Darlehensvertrag und Kaufvertrag einen verbundenen Vertrag i. S. d. § 358 BGB darstellen. Mit der Rückabwicklung von Darlehens- und Kaufvertrag hat der Käufer dann die erworbene Immobilie zurück zu übertragen.

Bei sämtlichen Fällen der nachträglichen Rückabwicklung muss allerdings berücksichtigt werden, dass der Käufer zum Ausgleich der von ihm gezogenen Vorteile gegenüber dem Verkäufer verpflichtet ist. Er muss daher regelmäßig eine Nutzungsentschädigung in Höhe einer objektiv zu berechnenden Miete zahlen, es sei denn, in seinem Vermögen ist keine Bereicherung eingetreten.

Wenn der Erwerb der Immobilie durch eine Bank finanziert wurde, der Darlehensvertrag von der Rückabwicklung jedoch nicht betroffen ist, so gilt folgendes:

Der Darlehensvertrag ist wegen der Übertragung der Immobilie von Gesetzes wegen kündbar - dies steht dem Verkauf also nicht entgegen - die finanzierende Bank hat jedoch einen Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, die der Darlehensnehmer wirtschaftlich ebenfalls zu tragen hat. Diese kann in die Saldierung der Zahlungen nicht ohne weiteres einbezogen werden (BGH, Urteil vom 14.07.2000 - V ZR 82/99). In manchen Konstellationen ist es jedoch denkbar, dass der Verkäufer unter Schadenersatzgesichtspunkten auch die Finanzierungskosten zu tragen hat. Dies muss jedoch jeweils im Einzelfall geprüft werden.

Rechtsanwalt Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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