Die "unfähige" Erbengemeinschaft

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Wer es mit einer Erbengemeinschaft zu tun bekommt, z.B. als Gläubiger oder auch als Schuldner des Erblassers, muss auf der Hut sein, wenn er rechtlich relevante Erklärungen abgeben möchte, die allen Erben gegenüber wirken sollen.

Warum eine Erbengemeinschaft nicht rechtsfähig ist

Eine ungeteilte Erbengemeinschaft ist eine schlichte Gesamthandsgemeinschaft: Die Erben halten den Nachlass des Erblassers „zur gesamten Hand“, d.h. es ist ein jedes Mitglied der Erbengemeinschaft Eigentümer der gesamten Nachlassgegenstände.

Als Gesamthandsgemeinschaft ist eine Erbengemeinschaft aber nicht rechtsfähig, weil sie weder eine natürliche Person ist noch eine juristische Person. Der Gesetzgeber hat der Erbengemeinschaft bewusst nicht den Status einer juristischen Person gegeben, etwa den Status einer BGB-Gesellschaft, weil eine Erbengemeinschaft im Gegensatz zu einer Gesellschaft im Regelfall auf eine möglichst baldige Auseinandersetzung angelegt ist.

Die Folge mangelnder Rechtsfähigkeit …

Da die Erbengemeinschaft nicht rechtsfähig ist, kann sie auch in ihrer Gesamtheit rechtlich relevante Erklärungen weder abgeben noch entgegennehmen.

Die Folge für Gläubiger und Schuldner einer Erbengemeinschaft sind ebenso sperrig wie für die Erbengemeinschaft selbst:

Rechtlich relevante Erklärungen, z.B. die Kündigung der Wohnung, in der der Erblasser gelebt hat, müssen von allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft gegenüber dem Vermieter abgegeben werden. Umgekehrt müssen rechtlich relevante Erklärungen, etwa vom Vermieter, gegenüber sämtlichen Mitgliedern einer Erbengemeinschaft abgegeben werden.

… und wenn man die mangelnde Rechtsfähigkeit übersieht

Es muss ein jedes Mitglied der Erbengemeinschaft die Erklärung erhalten, etwa wie folgt: „An Frau X als Mitglied der Erbengemeinschaft Müller“.

Ein Anschreiben „An die Erbengemeinschaft Müller“ oder auch „An die Erbengemeinschaft Müller z.H. Frau X“ ist zu unbestimmt.

Die Folge: Die Erklärung an „die Erbengemeinschaft“ wurde nicht rechtswirksam abgegeben; eine erklärte Kündigung oder ein abgegebenes Angebot wären unwirksam.

Was im Verwaltungsrecht gilt

Das vorstehend für das Zivilrecht beschriebene gilt auch für das Verwaltungsrecht, also z.B. für den Rechtsverkehr mit Behörden:

Wenn eine Behörde gegen eine Erbengemeinschaft einen Verwaltungsakt erlassen möchte, muss sie ebenfalls die Schuldner klar und eindeutig in dem Bescheid benennen.

Dies entschied kürzlich das Verwaltungsgericht Ansbach:

Eine Gemeinde erließ einen Beitragsbescheid über ein Grundstück, als dessen Eigentümer eine Erbengemeinschaft als Rechtsnachfolger nach dem Erblasser eingetragen war. Der Bescheid erging „An die Erbengemeinschaft …… z.H. von Frau …….. .“

Gegen diesen Bescheid legte „Frau …..“ Widerspruch ein, der zurückgewiesen wurde, weshalb „Frau ….“ eine Klage vor dem Verwaltungsgericht erhob.

Die Klage hatte Erfolg: Das Verwaltungsgericht befand den Beitragsbescheid für nichtig, weil er gegen das Bestimmtheitsgebot verstieß (Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil v. 13.07.2021, Az. AN 1 K 21.00363, BeckRS 2021, 31454).

Fazit:

Wer als Mitglied einer Erbengemeinschaft Post von Gläubigern oder Schuldnern der Erbengemeinschaft bekommt, sollte sich das Anschreiben ganz genau ansehen, denn aus Gründen der Bequemlichkeit werden Anschreiben vielfach an die Erbengemeinschaft adressiert, aber nur an eines der Mitglieder geschickt. Und wenn das der Fall ist, sollte der Adressat der Erklärung entgegentreten, sofern eine Frist eingehalten werden muss oder die Angelegenheit aus einem anderen Grund wichtig ist.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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