Die grenzüberschreitende EU-Verschmelzung – letzte Chance 2020

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Das Thema „Verschmelzung einer englischen Limited mit einer deutschen GmbH oder UG“ hat unter anderem wegen des bevorstehenden Endes der Brexit- „Übergangsperiode“ am 31.12.2020 massiv an Bedeutung gewonnen.

Die Brexit-Verhandlungen zwischen London und Brüssel sind sehr enttäuschend verlaufen und bis Sommer 2020 ergebnislos geblieben. Eine Verlängerung der Übergangsperiode in 2021 wird ausgeschlossen.

Die noch verbleibende Zeit, für Limited-Unternehmer zu handeln, ist äußerst kurz. In 2021 wird es rechtlich nicht mehr möglich sein, eine englische Limited mit einer deutschen GmbH zu verschmelzen, bzw. umzuwandeln.

Das Vereinigte Königreich hat die EU am 31.01.2020 bereits verlassen. Englische Limited-Gesellschaften werden von daher künftig nicht mehr wie andere EU-Gesellschaften behandelt werden. Keiner weiß, wie lange noch etwaige „Übergangsregelungen“ gelten werden.

Hinzu kommt das erhebliche steuerliche Risiko für Gesellschafter der Limited in Deutschland. Das Brexit-Steuerbegleitgesetz der Bunderegierung hat die Besteuerung der Gesellschafter der Limited nicht abgemildert.

Das Verschmelzungsverfahren selbst dauert in der Regel drei bis vier Monate, wenn alles gut vorbereitet ist. Im Falle von Rückfragen durch das Gericht, Änderungen bezüglich der rechtlichen Verhältnisse der Limited oder GmbH während des Verschmelzungsverfahrens, kann das Verfahren länger dauern.

Aus diesem Grund ist es für deutsche Unternehmer, die eine grenzüberschreitende Verschmelzung in Erwägung ziehen, sinnvoll, sich jetzt zu informieren und mit dem Verschmelzungsverfahren spätestens Ende des Sommers 2020 zu beginnen.

Die EU-Richtlinie 2005/56/EG ist seit 2007/08 in nationales Recht umgesetzt worden.

Die grenzüberschreitende Verschmelzung einer englischen Limited mit einer deutschen Kapitalgesellschaft wird vom „The Companies (Cross-Border Merger) Regulations 2007“ in England sowie durch das deutsche Umwandlungsgesetz (UmwG) konkret geregelt.

Für die Anmeldung der Eintragung der grenzüberschreitenden Verschmelzung der Limited-Gesellschaft in das deutsche Handelsregister ist §122l UmwG maßgebend, weil es sich bei der übernehmenden Gesellschaft um eine deutsche Gesellschaft handelt.

Um nach der EU-Regelung verschmelzen zu können, müssen alle vorgeschriebenen, rechtlichen Voraussetzungen erfüllt werden.

Unter anderem müssen die folgenden Schritte beachtet werden:

  1. Die Erstellung eines „Verschmelzungsplans“, der beim englischen und deutschen Handelsregister eingereicht beziehungsweise veröffentlicht werden muss. Die Einreichung beim englischen Handelsregister (Companies House) erfolgt mittels eines vorgeschriebenen Formulars (CBO1). Die Veröffentlichungsfrist beträgt mindestens zwei Monate in England. Erst danach kann ein Gerichtstermin zwecks Genehmigung der geplanten Verschmelzung in England beantragt werden.
  2. Die Erstellung des Verschmelzungsberichts, der zur Einsicht am Satzungssitz der Limited einen Monat bereitgehalten werden muss und in den Geschäftsräumen der GmbH in Deutschland zur Einsichtnahme durch die Gesellschafter und die Arbeitnehmer auszulegen ist.
  3. Frühestens nach Ablauf eines Monats nach Einreichung des Verschmelzungsplans beim Handelsregister kann der Verschmelzungsbeschluss notariell beurkundet werden, in dem die GmbH-Gesellschafter dem Verschmelzungsplan formell zustimmen.
  4. Nach Fassung des Verschmelzungsbeschlusses ist der Antrag auf Erteilung einer Verschmelzungsbescheinigung („Pre-Merger Certificate“) mittels eines Gerichtsantragsformulars sowie einer Zeugenaussage eines Director (Geschäftsführer) der Limited, in welchem dieser versichert, dass die erforderlichen Verschmelzungsvoraussetzungen vollständig erfüllt sind, beim High Court in London zu stellen. Allein das Gericht in England entscheidet über die Erteilung der Genehmigung. Von daher ist die gründliche Vorbereitung des Genehmigungsantrages unausweichlich.
  5. Nach Erteilung der Verschmelzungsbescheinigung (Pre-Merger Certificate) kann die Anmeldung der Verschmelzung beim deutschen Handelsregister vorgenommen werden. Mit der Eintragung im deutschen Handelsregister ist die Verschmelzung wirksam, das Vermögen der Limited ist also dann im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die GmbH übergegangen und die Limited ist erloschen. Die deutsche Zweigniederlassung wird dann von Amts wegen im deutschen Handelsregister gelöscht.
  6. Die Limited wird in England von Amts wegen ohne Mehrkosten oder Mehraufwand aus dem Handelsregister vor Ort gelöscht, nachdem das deutsche Handelsregistergericht dem englischen Handelsregister schriftlich mitgeteilt hat, dass alle Voraussetzungen für die Verschmelzung in Deutschland erfüllt worden sind.

Da die meisten deutschen Notare und Steuerberater nie solch ein grenzüberschreitendes Verschmelzungsverfahren durchgeführt haben, ist die vorherige Abstimmung mit einem auf diesem Gebiet versierten, englischen Kollegen unbedingt zu empfehlen.

Die Gesamtkosten der Verschmelzung können vorab ziemlich genau abgeschätzt werden.

Darüber hinaus sollte unbedingt sichergestellt werden, dass der Verschmelzungsvorgang steuerlich neutral durchgeführt wird. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die mit Ihrem Steuerberater abgestimmt werden können. Hier ist die Planung selbst bei der Gründung der GmbH oder UG ab Tag eins kritisch.

Am Ende des Jahres 2020 ist der Brexit-Austritt endgültig vorbei. Grenzüberschreitende Verschmelzungen englischer Limiteds gemäß der EU- Regelungen werden nicht mehr möglich sein. Nur Kapitalgesellschaften der EU- Mitgliedsstaaten dürfen miteinander verschmelzen.



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