Die Verwertung einer Grundschuld durch den Grundschuldgläubiger: Welche Verteidigungsmöglichkeiten bestehen?

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1. Einführung 

Die Grundschuld ist ein wesentliches Instrument zur Sicherung von Zahlungsansprüchen im Immobilienfinanzierungsbereich sowie zur Sicherung sonstiger Darlehensforderungen.  Sie dient dem Gläubiger als Sicherheit für gewährten Darlehen. 

Im Falle eines Zahlungsausfalls des Darlehensnehmers oder Sicherungsgebers kann der Gläubiger auf die Grundschuld zurückgreifen, um seine Ansprüche zu sichern. 

Dieser Prozess der Verwertung ist jedoch nicht nur ein Recht des Gläubigers, sondern unterliegt auch dem Schutzerfordernis des Darlehensnehmers und Sicherungsgebers. Es gilt, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Gläubigers und den Schutzrechten des Schuldners zu wahren.


2. Definition und Sinn einer Grundschuld

Die Grundschuld ist ein dingliches Recht an einem Grundstück, das dem Gläubiger erlaubt, die Zahlung einer bestimmten Geldsumme aus dem Grundstück zu fordern. Im Gegensatz zur Hypothek ist die Grundschuld nicht von der Existenz einer Forderung abhängig. Ihre Hauptfunktion ist die Sicherung des Gläubigers, wobei die Verwertung der Sicherheit – das Grundstück – im Vordergrund steht. Dies tritt besonders dann zu Tage, wenn der Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt.


3. Verwertungsmöglichkeiten für einen Grundschuldgläubiger

Für die Verwertung einer Grundschuld stehen dem Grundschuldgläubiger folgende Möglichkeiten zur Verfügung.

a. Zwangsversteigerung

Bei der Zwangsversteigerung wird das Grundstück öffentlich versteigert. Der Erlös dient der Befriedigung der Gläubigeransprüche. Dieses Verfahren beginnt mit einem Antrag beim zuständigen Amtsgericht und durchläuft mehrere Phasen, einschließlich der Festsetzung eines Verkehrswertes und der eigentlichen Versteigerung.

b. Zwangsverwaltung

Die Zwangsverwaltung zielt darauf ab, die Erträge aus dem Grundstück (z.B. Mieteinnahmen) zu nutzen, um die Forderungen des Gläubigers zu befriedigen. Auch hier ist ein gerichtliches Verfahren notwendig.

c. Freihändiger Verkauf

Der freihändige Verkauf ist eine weniger restriktive Form der Verwertung. Hierbei wird das Grundstück auf dem freien Markt verkauft, oft mit Zustimmung des Schuldners, um einen besseren Preis zu erzielen und die Schulden zu begleichen.


4. Voraussetzungen für die Verwertung einer Grundschuld

Die Verwertung einer Grundschuld setzt voraus, dass der Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt. 

Zudem muss der Gläubiger die Fälligkeit der Forderung nachweisen und in der Regel eine Androhung der Verwertung aussprechen. 

Gerichtliche Genehmigungen und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sind ebenfalls erforderlich, um die Rechtmäßigkeit des Verfahrens zu gewährleisten.

Zudem können sich aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien Besonderheiten ergeben.


5. Rechtsmittel und rechtliche Möglichkeiten gegen die Verwertung

Der Schuldner und Sicherheitengeber hat u. a. folgende Möglichkeiten, sich gegen eine Inanspruchnahme und Verwertung der Grundschuld zu wehren:

  1. Vollstreckungsklage gegen die Zwangsvollstreckung: Gemäß § 767 ZPO kann der Schuldner gegen die Zwangsvollstreckung Vollstreckungsabwehrklage und Klauselgegenklage erheben, wenn er der Meinung ist, dass die Vollstreckung aus der Grundschuld zu unrecht erfolgt. Dies muss durch eine Klage beim zuständigen Gericht erfolgen.
  2. Antrag auf einstweilige Verfügung: Nach § 940 ZPO kann der Schuldner bei dringenden Fällen eine einstweilige Verfügung beantragen, um die Zwangsvollstreckung vorübergehend zu stoppen. Dies ist besonders relevant, wenn die Verwertung der Grundschuld unmittelbar bevorsteht und der Schuldner Zeit benötigt, um seine Rechte geltend zu machen.
  3. Vergleich mit dem Gläubiger: Außergerichtliche Verhandlungen können zu einem Vergleich führen, der die Verwertung der Grundschuld verhindert. Dies kann beispielsweise eine Umschuldung, Stundung oder teilweise Schuldenerlass beinhalten.
  4. Insolvenzverfahren: Gemäß der Insolvenzordnung (InsO) kann der Schuldner ein Insolvenzverfahren beantragen. Im Rahmen dieses Verfahrens wird ein Insolvenzverwalter eingesetzt, der eine geordnete Abwicklung der Schulden vornimmt. Dies kann die Verwertung der Grundschuld beeinflussen oder verzögern.
  5. Anfechtung der Sicherungsabrede: Wenn die Sicherungsabrede, die der Grundschuldbestellung zugrunde liegt, rechtliche Mängel aufweist, kann der Schuldner diese anfechten. Dies könnte beispielsweise bei Sittenwidrigkeit oder Täuschung der Fall sein.


6. Fazit

Die Verwertung einer Grundschuld ist ein komplexes Verfahren, das sowohl die Rechte des Gläubigers als auch die des Schuldners berücksichtigt. 

Während es für den Gläubiger ein effektives Mittel zur Sicherung seiner Ansprüche darstellt, stehen dem Schuldner verschiedene Rechtsmittel zur Verfügung, um sich gegen eine ungerechtfertigte oder fehlerhafte Verwertung zu wehren. 

Sofern eine Verteidigung gegen eine Insanspruchnahme und Verwertung der Grundschuld angedacht ist, sollte ein fachkundiger Rechtsanwalt hinzugezogen werden.




Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 

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Foto(s): Dr. Holger Traub


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