Diesel-Abgasskandal: EA189-Software-Update mit unerlaubtem Thermofenster?

  • 2 Minuten Lesezeit

Die EU-Generalanwältin hat bereits festgestellt, dass auch temperaturabhängige Abgaskontrollsysteme unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne des sogenannten Thermofensters darstellen. Das Software-Update für den Diesel-Abgasskandal-Motor EA189 von Volkwagen steht im Verdacht, ebenfalls ein Thermofenster zu beinhalten.

Seit Ende April 2020 ist klar: Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen sind grundsätzlich unzulässig. Das machte die EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston nun in ihrem Schlussantrag zu einem Verfahren am Europäischen Gerichtshof EuGH klar (Az.: C-693/18). Nur in absoluten Ausnahmefällen seien derartige Abschalteinrichtungen zulässig. Dabei sei der Begriff Ausnahme allerdings sehr eng auszulegen, so die Generalanwältin. Erfasst von der Ausnahmeregelung sei demnach nur der Schutz des Motors vor dem Eintreten von unmittelbaren und plötzlichen Schäden und nicht vor langfristigen Auswirkungen wie Abnutzung. 

„Abschalteinrichtungen wie Thermofenster bei der Abgasreinigung sind demnach illegal. Das Argument der Autobauer, dass sie aus Motorschutzgründen ausnahmsweise zulässig sind, zieht somit nicht mehr. Für die Automobilindustrie dürfte das ein massives Erdbeben sein“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Entscheidend bei dem EuGH-Verfahren ist die Aussage, dass auch temperaturabhängige Abgaskontrollsysteme unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen. „Das wiederum kann bedeuten, dass das Software-Update von Volkswagen für den Motor EA189 als dem Auslöser des Diesel-Abgasskandals eine Neuauflage dieses Skandals darstellen könnte. Das Update soll ebenfalls ein Thermofenster beinhalten. Sollte sich dies erhärten, könnte ein neues Delikt vorliegen und Volkswagen dafür gegenüber geschädigten Verbrauchern haftbar sein – und das, obwohl die Hersteller und allen voran VW behaupten, durch Software-Updates könnten die Probleme der Fahrzeuge gelöst werden“, betont Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. Neben dem Wertverlust könnten die Dieselfahrzeuge sogar auf behördliche Anordnung stillgelegt werden. 

Laut dem Regensburger Juraprofessor Michael Heese führt das Software-Update beim EA189 nicht zu einer Beseitigung des Schadens und auch nicht zu einer Erfüllung des Schadensersatzanspruchs. Das hätten Zivilgerichte bereits mehrfach bestätigt. Laut Professor Michael Heese spricht daher vieles dafür, dass bei der Unzulässigkeit des Thermofensters im Aufspielen von Software-Updates ein erneutes und etwa auch in Ansehung der Verjährung eigenständiges zu behandelndes Delikt im Sinne von § 826 BGB zu sehen sei. 

Apropos Verjährung: Grundsätzlich könnte es bei EA189-Motoren zu einer Verjährung der Ansprüche gegen Volkswagen Ende des Jahres 2020 kommen, wenn nicht sogar von höchstrichterlicher Seite vorher eine sogar schon eingetretene Verjährung zu Ende Dezember 2019 bestätigt, warnt der Diesel-Rechtsanwalt. Durch diese Neuentwicklung hinsichtlich der Software-Updates bleibe das Klagefenster für Geschädigte aber gegebenenfalls länger offen, sodass auch künftig hinreichend Möglichkeiten bestünden, auf dem Weg der Betrugshaftungsklage weitreichende Schadensersatzzahlungen zu erhalten. „Daher sollten Anleger sich nicht auf die Software-Updates verlassen, sondern Klagen nach § 826 BGB einreichen. Das ergibt alles Voraussicht nach im EA189-Komplex auch noch 2020 und darüber hinaus Sinn.“

Foto(s): © Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung

Beiträge zum Thema