Dieselskandal BGH - Grundsatzurteile vom 26.6.2023 zum Schadensersatz bei Thermofenstern

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Der Presse und verschiedenen Fernsehberichten war bereits zu entnehmen, dass der Bundesgerichtshof, also das höchste deutsches Zivilgericht, wichtige neue Entscheidungen zum Dieselskandal gefällt hat.

BGH stärkt Recht von Dieselkunden“(tagesschau.de) war beispielsweise zu lesen, oder

Diesel – Kläger habe Anspruch auf Schadenersatz“ (so titelte die Bild-Zeitung).

Unser Fachanwalt für Verkehrsrecht und Dieselskandal-Experte, Herr Rechtsanwalt Michael Borik, der bereits im Dieselskandal 1.0, Hunderte von Gerichtsverfahren erfolgreich geführt hat, ordnet hier das neue Urteil des Bundesgerichtshofs und seine praktische Bedeutung für Besitzer eines Dieselfahrzeugs ein:

Frage: „Herr Borik, wird es jetzt für Dieselfahrer tatsächlich leichter, ihr Fahrzeug zurückzugeben und Schadensersatz zu bekommen?“

Antwort: „Ja und Nein, oder wie wir Juristen sagen: „Es kommt darauf an“.

Tatsächlich hat der BGH in seinen jetzigen Urteilen die Hürde für Dieselklagen erheblich gesenkt.

Vor den neuen Entscheidungen verlangte der BGH für einen Schadensersatz der Dieselkunden den Nachweis einer vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung durch den jeweiligen Motorhersteller. Dieser Nachweis war extrem schwer zu führen.“

Frage: „Was hat sich denn jetzt für den Dieselkunden geändert?“

Antwort: „Nach der jetzigen Rechtsprechungsänderung des BGH, welche auf das EuGH-Urteil vom 21. März 2023 zurückzuführen ist, genügt jetzt bereits ein fahrlässiges Handeln der Motorhersteller“.

Frage: „Und was bedeutet das konkret für den einzelnen Dieselfahrer?“

Antwort: „Wenn der Dieselkunde nachweisen kann, dass im Fahrzeug zumindest fahrlässig eine unzulässige Abschalteinrichtung (z.B. ein Thermofenster) verbaut wurde, kann der durch die Abgasmanipulation verursachte Vertrauensschaden als sogenannter „Differenzhypothesenschaden“ i. H. v. 5-15 % des ursprünglich gezahlten Kaufpreises geltend gemacht werden und der Kläger kann das Fahrzeug behalten.

Daraus ergibt sich aber leider kein Automatismus, d. h. nicht jeder Dieselfahrer kann jetzt einfach per se vom Hersteller oder vom Verkäufer Schadensersatz i. H. v. 5-15 % Schadensersatz verlangen.

Vielmehr müssen die Ansprüche in jedem Einzelfall geprüft werden. Der Beweis, dass im betroffenen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung - z.B. ein Thermofenster - verbaut ist, muss durch den Dieselkunden geführt werden.“

Frage: „Ist das nicht schon längst geklärt, dass z.B. das Thermofenster eine solche unzulässige Abschalteinrichtung ist?“

Antwort: „Nein, ganz so einfach ist es leider nicht. Die Motorhersteller können im Einzelfall versuchen nachzuweisen, dass die konkret verbaute Abschalteinrichtung ausnahmsweise zulässig war. Nach der Entscheidung des BGH kann ein Schadensersatzanspruch daher immer noch daran scheitern, dass es entweder an dem Verbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung oder an einem erforderlichen Verschulden des Herstellers fehlt.“

Frage: „Nehmen wir einmal an, die Abschalteinrichtung ist im konkreten Fall unzulässig und fahrlässiges Verhalten des Motorherstellers ist nachgewiesen, was bekommt der Dieselkunde dann vom Hersteller?“

Antwort: „Sollte ein Gericht im Einzelfall zu dem positiven Ergebnis kommen, dass ein Schadensersatz bei fahrlässigem Verhalten des Motorherstellers zu bejahen ist, kann das Fahrzeug nicht mehr wie beim Dieselskandal 1.0 zurückgegeben werden. Bei Thermofenster kommt allenfalls ein bestimmter Schadensersatzbetrag in Geld in Betracht.“

Frage: „Und wie hoch ist ein solcher Schadensersatz?“

Antwort: „Der BGH hat in seinen aktuellen Entscheidungen einen Betrag zwischen 5 und 15 % des gezahlten Kaufpreises genannt. Innerhalb dieser Bandbreite obliegt die genaue Feststellung dem Tatrichter, der sein Schätzungsermessen ausüben kann, ohne sich vorher sachverständig beraten lassen zu müssen. Auf den gerichtlich geschätzten Betrag muss sich der Dieselkunde noch die sogenannte „Nutzungsentschädigung“ für die Zeit anrechnen lassen, in welcher er das Fahrzeug genutzt hatte.“

Frage: „Können jetzt auch noch Dieselkunden klagen, die bisher nicht geklagt haben oder sind die Ansprüche alle schon verjährt?“

Antwort: „Das kann man so pauschal nicht sagen. Es gibt so viele verschiedenen Fahrzeugmodelle und Dieselmotoren, dass jeder Fall einer genauen rechtlichen Analyse bedarf. Anwälte, die sich auf den „Abgasskandal“ spezialisieren, erkenne allerdings ziemlich schnell, ob und welche unzulässige Abschalteinrichtung das konkrete Fahrzeug des Dieselkunden eine unzulässige Abschalteinrichtung aufweist und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass man dem Motorhersteller des betroffenen Fahrzeugs ein schuldhaftes Verhalten nachweisen kann“.


Vielen Dank für das Interview Herr Borik.


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Dazu ist es erforderlich, dass Sie zunächst unseren Fragebogen ausfüllen und an uns senden.

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Dieser Beitrag wurde erstellt von Noah Kappus



Foto(s): istock-928017490

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