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Echte und virtuelle Mitarbeiterbeteiligung im Vergleich

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Nicht nur für Startups stellen Modelle zur Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen oder am Unternehmenserfolg mittlerweile probate Mittel dar, um neue Mitarbeiter zu gewinnen oder bewährte Mitarbeiter zu motivieren bzw. zu binden. Auch bei Unternehmen, denen grundsätzlich ausreichende finanzielle Möglichkeiten zur Schließung personeller Engpässe bereit stehen, erfreuen sich Mitarbeiterbeteiligungen, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, immer größerer Beliebtheit.

In nachfolgendem Beitrag soll aufgezeigt werden, welche Modelle der Mitarbeiterbeteiligung es gibt und wie sich die einzelnen Modelle voneinander unterscheiden, insbesondere welche Vor-und welche Nachteile sich aus dem jeweiligen Modell ergeben.

I. Überblick 

Im Wesentlichen kann zwischen folgenden Modellen der Mitarbeiterbeteiligung differenziert werden:

1. Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen

a) Unmittelbare Beteiligung

  • Gesellschaftsanteile
  • Anteilsoptionen (Share Options)

b) Mittelbare Beteiligung

  • Stille Gesellschaft
  • Treuhand
  • Unterbeteiligung
  • Schuldrechtliche Beteiligungen
  • Virtuelle Anteile (Virtual Shares / Phantom Stocks)
  • Partiarische Darlehen
  • Genussrechte
  • Bonus, Tantieme

II. Unmittelbare Beteiligung 

Die naheliegendste Form der Mitarbeiterbeteiligung bietet grundsätzlich diejenige der direkten, physischen Beteiligung, wenn man den Mitarbeiter also auf direktem Wege „auf Augenhöhe“ zum Mitgesellschafter macht.

1. Gewährung von Geschäftsanteilen 

Im Rahmen der unmittelbaren Beteiligung werden die Mitarbeiter in der Regel direkt als Mitglieder einer Außengesellschaft beteiligt, erhalten also Geschäftsanteile und werden Mitgesellschafter. Der Mitarbeiter wird dadurch zwingend zum Mitunternehmer mit sämtlichen einhergehenden mitgliedschaftlichen Vermögens- und Verwaltungs-sowie Informationsrechten gemäß der gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Regelungen.

VorteileNachteile
  • direkter Liquiditätszufluss bei der Gesellschaft
  • Erfordernis vertraglicher Anpassungen durch die geänderte Gesellschafterstruktur
  • Direkte Beteiligung, auch eigener Kapitaleinsatz schafft größtmögliche Identifikation mit dem Unternehmen
  • Mitarbeiter erhält, je nach Beteiligungsquote, umfassende Mitspracherechte

  • Langfristige und feste Bindung
  • Langfristige und feste Bindung
  • Unmittelbare Beteiligung am Fortkommen des Unternehmens, damit größtmögliche Motivation
  • Aus Sicht des Mitarbeiters: Risiko der Verlustbeteiligung
  • Vorleistungspflicht des Mitarbeiters, Kapitalaufbringung für Anteilserwerb, ggf. erhöhte Hemmschwelle


  • Kosten (insb. Notar, Registergericht, hoher vertraglicher Aufwand)

  • Aus Sicht des Mitarbeiters ggf. steuerliche Nachteile – sowohl beim Anteilserwerb als auch aufgrund der Stellung als Mitunternehmer

2. Anteilsoptionen / Share-Options

Diese Möglichkeit stellt zunächst nur die Vorstufe zur unmittelbaren Beteiligung dar. Hier wird mit dem Mitarbeiter ein Optionsvertrag abgeschlossen, der diesen unter bestimmten Bedingungen berechtigt, zu einem späteren Zeitpunkt Unternehmensanteile zu vorab zu definierenden Konditionen zu beziehen.

VorteileNachteile
  • Zunächst noch keine direkte Beteiligung, d.h. keine Hergabe von Gesellschafterrechten und auch keine Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers
  • Bei GmbH bereits in diesem Stadium notarielle Beurkundungspflicht

  • Motivation durch Aussicht auf Beteiligung bei Zielerreichung
  • Kein direkter, unmittelbarer Liquidationszufluss
  • Verbindliche Aussicht auf langfristige und feste Bindung
  • Mitarbeiter erhält, je nach Beteiligungsquote, umfassende Mitspracherechte
  • Keine direkten steuerlichen Nachteile; Versteuerung erst bei Ziehen der Option mit tatsächlicher Beteiligung

III. Mittelbare Beteiligung 

Im Rahmen der mittelbaren Beteiligung erfolgt die wirtschaftliche Beteiligung des Mitarbeiters zwar auf schuldrechtliche Grundlage, d.h. nur im Innenverhältnis zwischen Gesellschaft bzw. einem Gesellschafter und dem Mitarbeiter, jedoch mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag. Grundsätzlich tritt der Mitarbeiter dabei also nicht im Außenverhältnis in Erscheinung, je nach Ausgestaltung (zum Beispiel: bei atypisch stiller Gesellschaft, Treuhand) und je nach Umfang der Beteiligung ist indes womöglich eine Eintragung im Transparenzregister erforderlich.

1. Stille Beteiligung


Im Rahmen der stillen Beteiligung wird eine stille Gesellschaft als reine Innen-GbR zwischen dem Unternehmen und dem Mitarbeiter begründet. Der Mitarbeiter beteiligt sich dabei mit einer Vermögenseinlage direkt am Unternehmen, ohne dabei direkt Gesellschafter der Gesellschaft zu werden.

VorteileNachteile
  • Liquiditätszufluss
  • Kein Ausschluss vom Gewinn möglich
  • Identifikation mit dem Unternehmen und Motivation durch Beteiligung am Gewinn
  • Vorleistungspflicht des Mitarbeiters, Kapitalaufbringung für Anteilserwerb
  • Bei sog. atypisch stiller Gesellschaft Risiko des Verlusts beschränkt auf die Höhe der Einlage; bei typisch stiller Gesellschaft Verlustbeteiligung gänzlich ausgeschlossen
  • Je nach Konstellation (atypisch stille Gesellschaft) auch hier Gefahr steuerlicher Nachteile wegen Mitunternehmerschaft
  • Beschränkte Mitsprache- und Informationsrechte (mindestens: Vorlage des Jahresabschlusses)

2. Treuhand, Unterbeteiligung

Über ein Treuhandverhältnis können diverse Mitarbeiterbeteiligungen gepoolt werden („Beteiligungs-Sammelbecken“). Die einzelnen Mitarbeiter sind in dem Fall wiederum mittelbar beteiligt (Treugeber), ihnen steht das wirtschaftliche Eigentum an den einzelnen Geschäftsanteilen zu. Gemittelt werden die Beteiligungen durch einen Treuhänder, der im Rechtsverkehr nach außen als Gesellschafter auftritt und auch gegenüber der Gesellschaft die jeweiligen Gesellschafterrechte aus den treuhänderisch gehaltenen Anteilen ausübt.

Die einzelnen Gesellschafterrechte werden dabei regelmäßig im Rahmen eines Stimmrechtpools eingeschränkt, sodass nur eingeschränkte Gesellschafterrechte die Regel sind.

Denkbar ist auch die Gewährung einer Unterbeteiligung, wobei dem Mitarbeiter durch einen Gesellschafter (nur) eine Beteiligung an den Erträgen aus dessen Geschäftsanteilen eingeräumt wird. Die direkte Beteiligung erfolgt hier also mittelbar über die Beteiligung eines anderen Gesellschafters.

IV. Schuldrechtliche Beteiligungen

Im Rahmen der schuldrechtlichen Beteiligung erfolgt die Beteiligung des Mitarbeiters im Gegensatz zur mittelbaren Beteiligung ohne gesellschaftsrechtlichen Einschlag auf rein schuldrechtlicher Ebene. Die Mitarbeiter sind hier nicht – auch nicht mittelbar – in das Unternehmen eingegliedert, werden also nicht Gesellschafter, und erscheinen nicht im Außenverhältnis.

1. Virtuelle Beteiligung / Phantom Shares / Virtual Stock Options

Hier wird durch vertragliche Vereinbarung letztlich eine Regelung geschaffen, die darauf abzielt, den Mitarbeiter in wirtschaftlicher Hinsicht so zu stellen, als wäre er direkt an der Gesellschaft beteiligt, ohne tatsächlich direkt beteiligt zu sein (daher die Bezeichnung als virtuelle bzw. phantomartige Beteiligung).

Hierbei werden regelmäßig Ansprüche auf Zahlung von Dividenden und/oder Beteiligung am Erlös bei Beendigung der Beteiligung (Exit) vereinbart.

VorteileNachteile
  • Motivation durch Beteiligung am Gewinn (bei virtuellen Gewinnausschüttungen) bzw. Wertzuwachs (bei virtuellem Exiterlös)
  • Kein Liquiditätszufluss bei der Gesellschaft

  • Keine direkten Mitspracherechte mangels (mittelbarer) Gesellschafterstellung
  • Vergleichsweise niedrige Identifikation mit dem Unternehmen durch Beteiligung „nur auf dem Papier“
  • Kein Risiko des Mitarbeiters mangels Erfordernis der Kapitalaufbringung

  • Keine steuerlichen Nachteile, da keine Mitunternehmerschaft – Besteuerung erst zum Zeitpunkt der Auszahlung der virtuellen Erlöse, daher kein Liquiditätsproblem

2. Genussrechte

Ein Genussrecht bezeichnet das vertraglich vereinbarte Recht eines Mitarbeiters auf eine Ergebnisbeteiligung, wofür ein vertragliches Entgelt zu bezahlen ist.

Ein Genussrecht ist also vereinfacht gesagt eine entgeltliche Gewinnbeteiligung.

VorteileNachteile
  • Liquiditätszufluss beim Unternehmen

  • Vergleichsweise niedrige Identifikation mit dem Unternehmen, da keine Beteiligung daran
  • Motivation durch Beteiligung am Gewinn

  • Verlustbeteiligung kann, muss aber nicht, vereinbart werden

  • Keine direkten Mitspracherechte mangels (mittelbarer) Gesellschafterstellung

  • Keine steuerlichen Nachteile, da keine Mitunternehmerschaft – Besteuerung erst zum Zeitpunkt der Auszahlung der virtuellen Erlöse

  • Großer Gestaltungsspielraum, hohe Flexibilität

3. Partiarisches Darlehen

Bei dieser Form des Darlehens gewährt der Mitarbeiter dem Unternehmen ein Darlehen, bei dem anstelle eines festen Zinssatzes (oder zusätzlich) eine Beteiligung am Erlös vereinbart wird.

VorteileNachteile
  • Liquiditätszufluss beim Unternehmen

  • Keine Verbesserung der Kapitalstruktur, reines Fremdkapital
  • Motivation durch Beteiligung am Gewinn im Form gewinnabhängiger Verzinsung

  • Vergleichsweise niedrige Identifikation mit dem Unternehmen, da keine Beteiligung daran
  • Keine steuerlichen Nachteile, da keine Mitunternehmerschaft – Besteuerung erst zum Zeitpunkt der Auszahlung der virtuellen Erlöse
  • Vorleistungspflicht des Mitarbeiters, Kapitalaufbringung für Darlehen

  • Keine direkten Mitspracherechte mangels (mittelbarer) Gesellschafterstellung
  • Verbindlichkeit der Gesellschaft durch Darlehensrückzahlungsanspruch
  • Aus Sicht des Mitarbeiters: keine Verlustbeteiligung
  • Aus Sicht der Gesellschaft: Keine Verlustbeteiligung

4. Bonus, Tantieme

Die Gewährung einer Tantieme in Form einer Gewinn- bzw. Umsatzbeteiligung ist als bloßer (erfolgsabhängiger) Vergütungsbestandteil die schwächste Form der Mitarbeiterbeteiligung.

VorteileNachteile
  • Keinerlei Risiko für beide Parteien
  • Keinerlei Liquiditätszufluss
  • Motivation durch Beteiligung am Gewinn bzw. Umsatz
  • Vergleichsweise niedrige Identifikation mit dem Unternehmen, da keine Beteiligung daran
  • Keine steuerlichen Nachteile, da keine Mitunternehmerschaft – Besteuerung erst zum Zeitpunkt der Auszahlung
  • Aus Sicht der Gesellschaft: Keine Verlustbeteiligung

  • Keine Mitspracherechte


  • Aus Sicht des Mitarbeiters: keine Verlustbeteiligung

III. Fazit

Die vorstehende Darstellung soll lediglich einen ersten, groben Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten einer Mitarbeiterbeteiligung darstellen. Hinzu kommen zahlreche weitergehende Gestaltungsoptionen, deren Darstellung den Rahmen dieses Beitrages sprengen würde. Denkbar ist etwa die Regelung sog. Vesting-Bedingungen (Beteiligung erst nach einem gewissen Zeitraum der Betriebszugehörigkeit, ggf. gestaffelt), Definition von bestimmten Ereignissen zur Bedingung der Beteiligung (Verkauf, Börsengang etc.).

Welche der dargestellten Modelle für Ihr Unternehmen die richtige ist, bedarf einer konkreten fachanwaltlichen Einzelfallbetrachtung. Dasselbe gilt für die konkrete Beurteilung der im Raum stehenden Fallstricke und der dargestellten rechtlichen und steuerlichen Risiken.


Gerne berate und begleite ich Sie in der Auswahl und Gestaltung von Mitarbeitermodellen. 



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