Die Wahl der richtigen Rechtsform - Rechtsformen im Vergleich
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1. Einführung
Bereits im Gründungsstadium stellt sich für angehende Unternehmer die Frage nach der richtigen Rechtsform. Das deutsche Gesellschaftsrecht stellt zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede nachfolgend beleuchtet werden sollen.
Im Wesentlichen wird differenziert zwischen Personengesellschaften auf der einen und Kapitalgesellschaften auf der anderen Seite.
a) Zu den Personengesellschaften gehören insbesondere:
- Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), auch BGB-Gesellschaft genannt, §§ 705 ff. BGB
- die offene Handelsgesellschaft (OHG), §§ 105 ff. HGB
- Die Kommanditgesellschaft (KG), §§ 161 ff. HGB
- Die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) bzw. Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartGmbB), §§ 1 ff. PartGG
b) Zu den Kapitalgesellschaften gehören insbesondere:
- Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), §§ 1 ff. GmbHG,
- Die Unternehmergesellschaft (UG (haftungsbeschränkt)), § 5a GmbHG
- Die Aktiengesellschaft (AG), §§ 1 ff. AktG
- Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), §§ 278 ff. AktG,
Im Wesentlichen stehen, wie der Name bereits sagt, bei den Personengesellschaften die Personen selbst und bei den Kapitalgesellschaften wiederum die Kapitalbeschaffung und -erhaltung im Vordergrund. Der besondere Vorteil der Kapitalgesellschaften, die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter, wird durch eine besondere Formstrenge kompensiert, wohingegen Personengesellschaften grundsätzlich flexibler, einfacher und günstiger zu gründen und zu unterhalten sind, wohingegen die persönliche Haftung der Gesellschafter der entscheidende Nachteil ist.
Grundform der Personengesellschaften ist dabei die GbR. Liegt deren Zweck in dem Betrieb eines Handelsgewerbes begründet, handelt es sich automatisch kraft Gesetzes um eine OHG, vgl. § 105 Abs. 1. Ist in letzterem Fall bei einem oder mehreren Gesellschaftern die Haftung auf die Höhe einer bestimmten Einlage beschränkt, liegt wiederum eine KG vor, vgl. § 161 Abs. 1 HGB.
2. Unterscheidungskriterien
Sowohl in rechtlicher als auch in steuerlicher Hinsicht unterscheiden sich Kapital- und Personengesellschaften erheblich. Aufgrund dessen ist bereits im Gründungsstadium der Fokus auf die (insbesondere wirtschaftlichen) Zielsetzungen zu legen und auf dieser Basis die Wahl und Ausgestaltung der Rechtsform an die Zielsetzung anzupassen. Sofern und soweit im weiteren Verlauf sich diese Zielsetzungen ändern, stellt insb. das Umwandlungsgesetz (UmwG) zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, die bestehende Rechtsform bei Bedarf in eine andere Rechtsform umzuwandeln.
Grundsätzlich ist die Frage nach der richtigen Rechtsform stets im Einzelfall auf Basis einer individuellen Betrachtung und Bewertung zu beantworten (s. hierzu nachfolgend Ziff. 3). Dieser Artikel kann insoweit lediglich eine erste Übersicht darstellen, wobei der Fokus in den rechtlichen, nicht den (nicht minder erheblichen und umfangreichen) steuerlichen Erwägungen liegt. Eine fachanwaltliche Beratung ist dabei grundsätzlich ratsam.
a) Rechtsnatur / Rechtsfähigkeit
Kapitalgesellschaften sind Körperschaften, denen die Vollrechtsfähigkeit zuerkannt wird, da sie als juristische Personen eine eigene Rechtspersönlichkeit haben. Damit sind sie selbst Inhaber des Gesellschaftsvermögens und werden selbst berechtigt und verpflichtet (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 AktG, § 13 Abs. 1 GmbHG).
Auch wenn dies früher anders gesehen wurde, wird Personengesellschaften nach heute ganz allgemeiner Auffassung zumindest eine Teilrechtsfähigkeit zuerkannt. Auch Personengesellschaften können also eigenständig Rechte und Pflichten erwerben und sind in diesem Rahmen in einem Zivilprozess zugleich aktiv und passiv parteifähig.
Im Wesentlichen besteht der Unterschied zur Rechtspersönlichkeit heute nur noch in der unterschiedlichen Ausgestaltung der Haftung der Gesellschafter; die Rechtsfähigkeit selbst stellt kein entscheidendes Kriterium mehr zur Unterscheidung von Kapital- und Personengesellschaften mehr dar.
b) Anzahl Gesellschafter
Die Personengesellschaft, welche, wie dargestellt, personenbezogen ist, kann nur durch mehrere Personen gegründet werden. Personengesellschaften müssen daher aus mindestens 2 Gesellschaftern bestehen.
Kapitalgesellschaften wiederum können bereits von einer einzelnen Person gegründet werden. Tatsächlich dürften über 1/3 der Kapitalgesellschaften Einmanngesellschaften sein, diese Form der Gründung ist also von erheblicher praktischer Relevanz.
c) Kapital
Sowie sich die Personenbezogenheit der Personengesellschaft in der Mindestanzahl der Gesellschafter zeigt, so zeigt sich die Kapitalbezogenheit der Kapitalgesellschaft im Erfordernis eines Mindestkapitals.
Bei der Aktiengesellschaft beträgt das Mindest-Gesellschafskapital 50.000,00 €, § 7 AktG.
Bei der GmbH beläuft sich das Mindestkapital auf 25.000,00 €, § 5 Abs. 1 GmbHG.
Eine Besonderheit besteht bei der UG (haftungsbeschränkt), welche bereits mit einem Stammkapital ab 1.00 € gegründet werden kann, § 5a Abs. 1 GmbHG. Aus Gläubigerschutzgründen bestehen hier dann aber bestimmte Besonderheiten bei späteren Gewinnausschüttungen.
Personengesellschaften können ohne Mindest-Kapital, also auch gänzlich vermögenslos, gegründet werden. Hintergrund ist der, dass bei Personengesellschaften der Rechtsverkehr wegen der persönlichen Haftung der Gesellschafter (s.u.) weniger schutzwürdig ist.
d) Haftung der Gesellschafter
Bei Personengesellschaften haften die Gesellschafter grundsätzlich mit ihrem Privatvermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft (vgl. § 128 HGB). Eine Ausnahme besteht nur im Rahmen der KG, bei derer die Haftung einzelner Gesellschafter (Kommanditisten) auf die Höhe einer bestimmten Einlage beschränkt ist, vgl. § 171 Abs. 1 HGB. Die persönliche Haftung ist die Kehrseite des Umstands, da es bei der Personengesellschaft kein Mindestkapital gibt, das den Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung steht.
Bei Kapitalgesellschaften hingegen haftet den Gesellschaftsgläubigern grundsätzlich nur die Gesellschaft selbst mit ihrem Gesellschaftsvermögen (Trennungsprinzip, vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 AktG, § 13 Abs. 2 GmbHG). Eine Haftung von Gesellschaftern oder Geschäftsführern kommt nur in besonderen Ausnahmefällen (z.B. Durchgriffshaftung, etwa wegen strafbarem Verhalten) in Betracht.
e) Interne Willensbildung, Geschäftsführung
Die Geschäftsführung als interne Willensbildung erfolgt bei Personengesellschaften nicht zuletzt wegen der Haftungsrisiken grundsätzlich nach dem Prinzip der Einstimmigkeit (vgl. § 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB) – durch Gesellschaftsvertrag kann jedoch etwas anderes geregelt werden.
Bei Körperschaften wiederum gilt der Grundsatz des Mehrheitsprinzips (vgl. § 32 Abs. 1 S. 3 BGB,§ 133 AktG, § 47 Abs. 1 GmbHG).
f) Vertretung, Selbst- und Fremdorganschaft
Gesellschaften selbst können nicht handeln; handlungsfähig sind grundsätzlich nur natürliche Personen. Damit eine Gesellschaft handlungsfähig ist und z. B. Verträge schließen kann, braucht sie sog. Organe, deren Handeln (jedoch auch Verschulden) der Gesellschaft zugerechnet werden kann. Bildlich gesprochen handeln die Organe für die Gesellschaft und die Gesellschaft handelt – rechtlich gesehen – durch die Organe. Dieses Prinzip der organschaftlichen Zurechnung wird auch im Rechtsgedanken des § 31 BGB deutlich, wonach einem Verein das Handeln seiner satzungsgemäß berufenen Vertreter als eigenes Handeln zugerechnet wird. § 31 gilt nach allgemeiner Auffassung in entsprechender Anwendung auch für alle anderen Körperschaften und Personengesellschaften.
Bei Personengesellschaften gilt im Außenverhältnis zwingend der Grundsatz der Selbstorganschaft, d. h. Träger organschaftlicher Vertretungsmacht sind grundsätzlich und nicht abdingbar ausschließlich die Gesellschafter selbst, nicht Dritte. Eine Vollmacht als Grundlage für eine rechtsgeschäftliche Vertretung können nur die Gesellschafter als Inhaber organschaftlicher Vertretungsmacht geben. Zu beachten ist, dass auch in diesem Fall die Personengesellschaft allein durch ihre Gesellschafter handlungsfähig bleiben muss. Begründet wird das Prinzip der Selbstorganschaft mit folgenden Schutzinteressen:
- Schutz des Gesellschafters selbst: dieser haftet unbeschränkt und persönlich, muss also auch die Unternehmensleitung selbst in Händen halten.
- Schutz der Mitgesellschafter: diese haften alle unbeschränkt und persönlich, sodass jeder darauf bedacht sein soll, Schaden von der Gesellschaft fernzuhalten.
- Schutz des Rechtsverkehrs: da – im Gegensatz zur Kapitalgesellschaft - kein Mindesthaftkapital besteht, ist zum Schutz der Vertragspartner erforderlich, dass die organschaftlich Handelnden unbeschränkt und persönlich haften.
Bei Kapitalgesellschaften hingegen gilt das Prinzip der Fremdorganschaft (oder Drittorganschaft), d. h. auch Nichtgesellschafter können mit der Vertretung betraut werden.
Mit anderen Worten:
Geschäftsführer einer GmbH bzw. Vorstand einer AG kann auch eine Person sein, die nicht selbst als Gesellschafter hieran beteiligt ist. Bei der OHG, KG, GbR ist das nicht möglich.
g) Gesellschafterwechsel
Geschäftsanteile an Personengesellschaften, d.h. die Gesellschafterstellung hieran, ist grundsätzlich nicht ohne Zustimmung der Mitgesellschafter übertragbar. Dementsprechend führt das Ausscheiden eines Gesellschafters bei einer GbR grundsätzlich zur Auflösung der Gesellschaft (vgl. §§ 723 ff BGB). Bei einer OHG oder KG als Personenhandelsgesellschaften wird dieses Prinzip hingegen bereits durchbrochen (vgl. § 131 Abs. 3 HGB, wonach der Gesellschafter lediglich ausscheidet, die Gesellschaft dann ohne ihn fortgeführt wird).
Bei Kapitalgesellschaften hingegen sind Beteiligungen grundsätzlich frei übertragbar und vererblich. Der Bestand der Gesellschaft ist zudem unabhängig vom Ausscheiden einzelner Mitglieder (vgl. §§ 39 Abs. 1, 41 BGB; 15 Abs. 1 GmbHG; 68 Abs. 1 AktG).
h) Besteuerung
Ein grundlegender Unterschied von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften zeigt sich auch in deren Besteuerung. Einkommensteuerrechtliches Besteuerungssubjekt bei den Personengesellschaften ist nicht die Gesellschaft selbst, sondern sind deren Gesellschafter. Auf der Ebene der Gesellschaft wird zwar zunächst einheitlich der Gewinn oder Verlust der Gesellschaft ermittelt, dieser ist aber anschließend gesondert von jedem Gesellschafter entsprechend seines Gesellschaftsanteils als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Rahmen der persönlichen Einkommensteuer zu versteuern.
Bei Kapitalgesellschaften erfolgt die Besteuerung von Gewinnen oder Verlusten hingegen auf der Ebene der Gesellschaft, Besteuerungssubjekt im Rahmen der Körperschaftsteuer ist die Körperschaft selbst.
i) Rechnungslegung, Publizität
Kapitalgesellschaften unterliegen im Vergleich zu Personengesellschaften deutlich umfangreicheren Rechnungslegungs- sowie Prüfungs- und Publizitätspflichten, was mit erhöhtem Verwaltungs-, Arbeits- und Kostenaufwand verbunden ist und dementsprechend auch zu oftmals ungewünschter Transparenz führt. Für Handelsgesellschaften (d.h. Kapitalgesellschaften sowie OHG und KG) gilt zudem die Eintragungspflicht im Handels- und Transparenzregister.
j) Formalien
Kapitalgesellschaften unterliegen im Gegensatz zu Personengesellschafen, welche grundsätzlich formfrei gegründet und geändert werden können, einer umfangreichen Formstrenge. Nicht nur die Gründung, sondern darüber hinaus jedwede Änderung (des Gesellschaftsvertrages, der Übertragung von Geschäftsanteilen bei der GmbH) bedürfen notarieller Beurkundung. Auch dies ist mit nicht unerheblichem zusätzlichem Kostenaufwand verbunden.
3. Rechtsformwahl
Art.9 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Das Recht zur Gesellschaftsgründung hat also hohen Verfassungsrang. Eine (kleine) Einschränkung dieses Verfassungsrechts begründet der Grundsatz des numerus clausus der Gesellschaftsformen. Dieser besagt, dass die in den einschlägigen Gesetzen vorgegebenen Gesellschaftsformen abschließend sind und neue Gesellschaftsformen nicht geschaffen werden können.
Aus den zur Verfügung stehenden Rechtsformen können die Gründer aber grundsätzlich frei wählen (sofern nicht aufgrund der tatsächlichen Begebenheiten einzelne Rechtsformen im Einzelfall gesperrt sind, z.B. steht für Angehörige der freien Berufe die Rechtsformen der OHG bzw. der KG nicht zur Verfügung, sondern vielmehr als Pendant die PartG, welche jedoch für Nicht-Freiberufler wiederum gesperrt ist).
Innerhalb dieses Rahmens ist der gesetzlich vorgegebene Rahmen oftmals individuell anpassbar und bietet Raum für individuelle Gestaltungen. Dabei sind die Gestaltungsmöglichkeiten der Kapitalgesellschaften wiederum deutlich geringer als diejenigen der Personengesellschaften. Auch dieser erhöhte Formzwang ist als Kehrseite des Privilegs der Haftungsbeschränkung zu verstehen.
Auch Misch- und Sonderformen sind im Rahmen des numerus clausus zulässig. Prominentestes Beispiel ist hier wohl die GmbH & Co. KG, welche als KG die Vorteile der Personengesellschaft (Flexibilität) mit den Vorteilen der Kapitalgesellschaft (Haftungsbeschränkung) auf Ebene der GmbH als Komplementärgesellschaft vereint.
Welche Rechtsform im Einzelfall die richtige ist, kann niemals pauschal gesagt werden. Dies muss, wie einleitend dargestellt, immer anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden.
Exemplarisch sind hier erfahrungsgemäß insbesondere folgende Faktoren (einzeln oder kumuliert) regelmäßig von ausschlaggebender Bedeutung und zu berücksichtigen:
- Gesellschaftszweck und beabsichtigte Unternehmenstätigkeit
- Anzahl der Gesellschafter und ihr Verhältnis zueinander
- (Spätere) Beteiligung weiterer Gründer oder Gesellschafter
- Kapitalausstattung / Finanzierung
- Persönliche Haftung
- Gewinn- und Verlustverteilung
- Nachfolgeregelung
- Bereitschaft zur Übernahme der Geschäftsführung/Vertretung, ggf. Wunsch nach Fremdgeschäftsführung
- Erforderlichkeit einer (Handels-)Registereintragung
- Unternehmensbezeichnung, Firmierung
- Formvorschriften
- Kosten und Verfahren der Gründung
- Publizitätspflichten
- Steuerliche Gesichtspunkte
Gerne berate Sie bei der Auswahl der richtigen Rechtsform sowie der Gestaltung der notwendigen Verträge.
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