Ehegattenerbrecht: Wozu ein Trennungstestament und ein Geschiedenentestament gut ist
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Zusammenfassung:
Wer sich von seinem Ehepartner ernsthaft ud endgültig trennt, sollte sich immer vor Augen halten, dass eine Trennung das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten unberührt lässt. Auch der getrennt lebende Ehegatte zählt noch immer zum Kreis der gesetzlichen Erben - und zwar neben den Abkömmlingen und ggfls. auch neben den Eltern des anderen Ehegatten.
Etwas anderes kann gelten, wenn das Scheidungsverfahren bereits läuft.
Und selbst wenn die Ehegatten geschieden sind, kann das Vermögen des einen geschiedenen Ehegatten nach seinem Ableben durch normabweichende Verläufe noch zumindest teilweise bei dem anderen geschiedenen Ehegatten "ankommen".
Lesen Sie hier, weshalb Trennungstestamente und auch Geschiedenentestamente so wichtig sind:
Trennungstestament: Wann es wichtig werden kann
Nachdem sie festgestellt hatte, dass ihr Mann sie betrog, setzte Monika M. ihn vor die Tür ihres Einfamilienhauses. Der Mann zog zu seiner Freundin und Monika M. gönnte sich zum Trost einen langen Skiurlaub. Auf einer Skiwanderung verunglückte sie tödlich, den untreuen Mann und zwei erwachsene Kinder sowie einiges Vermögen hinterlassend. Da Monika M. kein Testament gemacht hatte, galt die gesetzliche Erbfolge:
Ihr Mann, mit dem sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatte, erbte ihr Vermögen – trotz der erfolgten Trennung! – zur Hälfte und die beiden Kinder zu je einem Viertel. Zudem bekam der Mann noch den sogenannten Ehegattenvoraus, das heißt Monika M.´s Anteil am Hausrat. Im Zuge der Nachlassaufteilung erhielten die Kinder das Barvermögen und der Mann das Haus – in dem er fortan mit seiner Freundin lebte. Ein Zustand, den die Kinder unerträglich fanden und den Monika M. ganz gewiss nicht gewollt hätte.
Was die Trennung von Eheleuten und der Scheidungsantrag erbrechtlich für Folgen hat
Trennung
Solange das für eine Scheidung nötige Trennungsjahr läuft, hat eine Trennung unter Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern keine erbrechtlichen Auswirkungen:
Der getrenntlebende Ehegatte / Lebenspartner ist – gegebenenfalls neben den Kindern oder auch den Eltern – weiterhin gesetzlicher Erbe des verstorbenen Ehegatten.
Scheidungsantrag
Das Ehegattenerbrecht ist nach dem Gesetz erst dann ausgeschlossen, wenn zum Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der verstorbene Ehegatte die Scheidung entweder beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Und das ist für jeden der Ehegatten gesondert zu betrachten:
Beispiel 1: Beide Ehegatten haben die Scheidung beantragt oder ein Ehegatte hat die Scheidung beantragt und der andere hat zugestimmt und die Trennung dauert schon mindestens drei Jahre
In diesem Fall sind beide Ehegatten jeweils von der gesetzlichen Erbfolge nach dem anderen Ehegatten ausgeschlossen.
Beispiel 2: Nur ein Ehegatte hat die Scheidung beantragt, der andere Ehegatte hat nicht zugestimmt und die Trennung dauert schon mindestens drei Jahre
In diesem Fall ist derjenige Ehegatte, der der Scheidung nicht zugestimmt hatte, nicht mehr gesetzlich erbberechtigt nach dem Ehegatten, der die Scheidung beantragt hatte. Umgekehrt ist aber derjenige Ehegatte, der die Scheidung beantragt hatte, noch gesetzlich erbberechtigt nach demjenigen Ehegatten, der dem Scheidungsantrag nicht zugestimmt hatte!
Das klingt kompliziert und ist es leider auch:
Vor etlichen Familiengerichten wird erbittert darüber gestritten, ob der Ehegattenstatus derart erschüttert ist, dass die Voraussetzungen für eine Scheidung gegeben sind, eben weil viele Eheleute ihren Status nicht oder nicht so schnell verlieren möchten. Ein solcher Streit setzt sich beim vorzeitigen Ableben eines der Kontrahenten dann womöglich in einer Erbauseinandersetzung (in der Regel zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Kindern) fort:
Es musste schon manch ein Nachlassrichter entscheiden, ob eine Ehe im Todeszeitpunkt scheidungsreif war… .
Was ein Trennungstestament bewirkt
Einem solchen Streit können Sie abhelfen, indem Sie nach der Trennung von Ihrem Ehepartner ein Trennungstestament errichten, worin Sie zum Beispiel Ihr Kind als alleinigen Erben oder Ihre Kinder als Erben zu gleichen Anteilen einsetzen. Ihren Noch-Ehegatten müssen Sie dabei nicht ausdrücklich enterben – es reicht, wenn er in Ihrem Testament nicht genannt wird.
Die Folge: Es gilt nun nicht mehr die gesetzliche, sondern die von Ihnen gewollte (gewillkürte) Erbfolge. Weiterer Vorteil: Der enterbte Ehegatte hat auch keinen Anspruch mehr auf den Voraus.
Die Folge einer Enterbung: Der Pflichtteil des getrennt lebenden Ehegatten
Pflichtteilsberechtigt sind die Kinder bzw. Abkömmlinge, der Ehegatte und gegebenenfalls auch die Eltern des oder der Verstorbenen.
Die Pflichtteilsberechtigung des getrenntlebenden Ehegatten entfällt ebenfalls erst dann, wenn sein gesetzliches Erbrecht nicht mehr besteht, weil die Ehe scheidungsreif ist.
Am Pflichtteil Ihres abtrünnigen Ehepartners kommen Sie also leider nicht bzw. nicht so schnell vorbei.
Was geschehen kann, wenn es kein Geschiedenentestament gibt
Wie gesagt: Ist eine Ehe rechtskräftig geschieden, dann ist das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten erloschen.
Aber: Das Schicksal nimmt mitunter Wendungen, die dazu führen können, dass das Vermögen des einen Ehegatten auch nach seiner Scheidung über Umwege zu dem anderen Ehegatten zurückfließt.
Beispiel 1: Vorversterben eines Kindes ohne eigene Familie und ohne Testament
Herr und Frau A. sind geschieden und haben einen Sohn. Herr A heiratet wieder, und zwar Frau B. Herr A. verstirbt, die B. wird seine testamentarische Alleinerbin. Der Sohn von Herrn A. fordert nun seinen Pflichtteil von Frau B. in Höhe von einem Viertel des Netto-Nachlasswertes, den er auch ausgezahlt bekommt. Bald darauf verstirbt der Sohn ohne Ehegatten, ohne Abkömmlinge und ohne Testament. Seine alleinige gesetzliche Erbin ist seine Mutter, Frau A., die nun wiederum einen Teil des Vermögens ihres verstorbenen Ex-Ehemannes zurückerhält.
Ohne Testament vorversterbende Kinder bzw. Abkömmlinge sind also das eine "Einfallstor" für einen Rückfluss des Vermögens an den oder die "Ex".
Beispiel 2: Vorversterben eines Kindes ohne eigene Familie, aber mit Testament
Frau X. ist geschiedenen und hat mit ihrem Ex-Ehemann eine gemeinsame Tochter, die aber noch keine eigene Familie hat. Die Tochter hat allerdings ein Testament errichtet, in dem sie ihren Vater, mit dem sie zerstritten ist, enterbt hat. Frau X. und die Tochter erleiden einen Verkehrsunfall: Frau X. ist sofort tot; die Tochter stirbt kurz darauf im Krankenhaus. Der Vater macht nun seinen Pflichtteil gegenüber den testamentarischen Erben der Tochter geltend - mit Erfolg:
Da die Tochter keine eigenen Kinder und auch keinen Ehegatten hat, ist ihr Vater nach ihr pflichtteilsberechtigt. Nach dem Tod der Frau X. war ihre Tochter ihre alleinige Erbin geworden. Das Vermögen der Frau X. war also zu ihr geflossen und floss, nachdem der Ex-Ehemann seinen Pflichtteil geltend gemacht hatte, zu einem Teil wieder an ihn zurück!
Der Pflichtteil des geschiedenen Ehegatten gegenüber dem vorverstorbenen Kind ist also das andere "Einfallstor" für einen teilweisen Rückfluss des Vermögens des geschiedenen Ehegatten an den "Ex".
Tipp:
Es gibt "Mechanismen" bei der Testamentserrichtung, die einen "Rückfluss" des eigenen Vermögens an den "Ex" ausschließen. Lassen Sie sich daher unbedingt bei der Errichtung eines Geschiedenentestaments fachlich beraten!
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