Ein Recht auf Klärung der Vaterschaft auch ohne sozial-familiäre Bindung

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mit einer Entscheidung vom 15.09.2011 die Rechte außerehelicher leiblicher Väter gestärkt. Im Ergebnis dürfen die deutschen Gerichte einen Vaterschaftstest nicht allein nach dem Gesichtspunkt der Umgangsrechte ablehnen. Zudem sei durch die Gerichte auch zu prüfen, ob die Klärung der Vaterschaft im Interesse des Kindes liegt. Insbesondere die deutschen Familiengerichte müssen bei Streitigkeiten über die Vaterschaft in Zukunft sehr viel stärker das Wohl des Kindes berücksichtigen. Dabei ist insbesondere stärker zu prüfen, ob ein Kontakt zwischen dem leiblichen Vater und dem Nachwuchs im Interesse der Kinder liegt.

Ein 53-Jähriger Mann aus Fulda hatte geklagt, weil die deutschen Gerichte die Klärung seiner Vaterschaft und den Umgang mit seinem mutmaßlichen Sohn verweigert hatten. Ausgangspunkt des Streits war eine Beziehung des Klägers mit einer verheirateten Frau im Jahr 2003. Die Frau wurde schwanger und brachte 2004 einen Sohn zur Welt. Nach dem Zivilrecht gilt bei Verheirateten automatisch der Ehemann als rechtlicher Vater. Der Kläger behauptet, der leibliche (biologische) Vater des Jungen zu sein.

Der Kläger hat die Vaterschaft beim Jugendamt anerkannt und fordert ein Recht auf Umgang mit dem Kind. Vor den Familiengerichten erhielt der Kläger kein Recht zum Umgang zugesprochen. Begründet wurde dieses damit, dass die Anerkennung der Vaterschaft unwirksam sei. Der Ehemann der Kindsmutter ist rechtlich der Vater. Das Bundesverfassungsgericht hat September 2006 die Verfassungsbeschwerde des Klägers mit der Begründung abgewiesen, dass das Grundgesetz die Beziehung des leiblichen Vaters zu seinem Kind nur dann schütze, wenn auch eine sozial-familiäre Bindung bestehe. Der Gesetzgeber habe eine klare Entscheidung getroffen. Danach ist dem Schutz der Familie und den sozialen Beziehungen ein absoluter Vorrang eingeräumt worden. Auch eine Anfechtung der Vaterschaft war nicht zulässig. Unter Berücksichtigung der bisherigen gesetzlichen Regelung war der potenzielle leibliche Vater damit völlig rechtlos gestellt.

Der EGMR sah darin einen Verstoß gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens. Dieses ist in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert. Es hätte insbesondere durch die Gerichte geprüft werden müssen, ob ein Umgang des mutmaßlichen Vaters nicht vielleicht im Interesse des Kindeswohls läge. Es sei dem mutmaßlichen Vater nicht anzulasten, dass dieser bislang keine Beziehung zu dem Kind hatte.

Aufgrund der Entscheidung des EGMR steht der deutsche Gesetzgeber in der Pflicht, gesetzliche Regelungen zu schaffen, dass leibliche Väter für ihre Kinder schneller soziale Väter werden können.

http://www.kanzlei-bussler.de/familienrecht/abstammung-vaterschaft/

Rechtsanwalt Bußler


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