Einheitspreise oder Festpreise?
- 2 Minuten Lesezeit
Der Fall
An einen Unternehmer wird ein Einheitspreis-Bauvertrag beauftragt. Seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten die Klausel „Die dem Angebot des Auftragnehmers zugrunde liegenden Preise sind grundsätzlich Festpreise und bleiben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich“. Wegen im Zuge der Bauarbeiten erfolgten Minderleistungen beansprucht der Unternehmer eine Preisanpassung gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B, die er unter anderem mit ungedeckten Baustellengemeinkosten in einer Größenordnung von 8.000 € begründet. Nach einer Klageabweisung über zwei Instanzen hat der Bauunternehmer Revision eingelegt.
Die Entscheidung
Der BGH ist nicht den Vorinstanzen gefolgt, sondern hat den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen: Die streitentscheidende AGB-Klausel müsse zwar nach der Einschätzung des BGH so ausgelegt werden, dass sie auch den bei Durchführung eines Bauvertrages wiederholt auftretenden Fall einer Massenänderung erfasse, mit welcher der vertraglich vereinbarte Mengenansatz um zumindest 10 % überschritten wird.
Allerdings sei die Klausel ohnehin nach § 307 BGB unwirksam. Bei „kundenfeindlichster Auslegung“ – das Wort „grundsätzlich“ in der Klausel ist dabei als „ausnahmslos“ zu verstehen – würde die Klausel nämlich dazu führen, dass sie auch Ansprüche auf Vergütungsanpassung gemäß § 313 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage ausschließen würde. Durch einen solchen Ausschluss eines Anspruches würde der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt; er würde nämlich auch in Fällen der Unzumutbarkeit am unveränderten Vertragspreis festgehalten werden. Folge der Unwirksamkeit der Klausel ist die Anwendbarkeit von § 2 Abs. 3 VOB/B.
Anmerkung
Durch die vom BGH als unwirksam erkannte Klausel würde einem Auftragnehmer während der gesamten Laufzeit des Vertrages neben dem Preisrisiko auch das Massenrisiko aufgebürdet; die Klausel erfasst zudem den Preisanpassungsanspruch gemäß § 313 BGB, was zur Unwirksamkeit gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB führt.
Richtet sich der Vertragsinhalt infolge der Unwirksamkeit der Klausel nach den gesetzlichen Vorschriften (§§ 631 ff. BGB – danach kein Preisanpassungsrecht im Sinne von § 2 Abs. 3 VOB/B), oder kann der Auftragnehmer sich unmittelbar auf § 2 Abs. 3 VOB berufen? Nach der Entscheidung des BGH ist bei einer Vereinbarung der VOB/B „als Ganzes“ quasi ersatzweise § 2 Abs. 3 VOB/B anwendbar, was § 306 Abs. 2 BGB nicht verhindere: Die Unwirksamkeit einer Bestimmung führt zwar zur Regelung eines Vertragsinhaltes nach den gesetzlichen Bestimmungen.
Allerdings führt die abweichende Bestimmung in den AGB (bezüglich Anwendbarkeit der VOB/B) wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB regelmäßig zur Unwirksamkeit der Klausel. Die Zweifel des BGH zur Anwendung von § 306 Abs. 2 BGB bei Anwendbarkeit einer für den Auftraggeber günstigeren Ersatzklausel werden dadurch gelöst, dass sich der Auftragnehmer als Verwender der AGB nicht auf die Unwirksamkeit seiner eigenen AGB berufen kann.
(BGH, Urteil vom 20. Juli 2017 – Az.: VII ZR 259/16)
Artikel teilen: