Einmal Erbausschlagung und zurück? Kann eine Erbausschlagung wieder rückgängig gemacht werden?

  • 3 Minuten Lesezeit

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

I. Das Thema

Eine Erbschaft muss nicht zwangsläufig vorteilhaft sein, sondern kann auch überwiegend Schulden enthalten. Dann ist es ratsam, die Erbschaft auszuschlagen, um nicht selbst zu haften.

Was aber, wenn sich eine bereits ausgeschlagene Erbschaft nachträglich doch als unerwartet werthaltig erweist? Was kann man dann noch tun?

II. Der Fall

In einem aktuellen Fall hatte das OLG Düsseldorf im November 2016 dazu zu entscheiden.

Der Fall lag wie folgt: Die Erblasserin und ihr Vater gehörten zu den Opfern der sog. German-Wings-Flugzeugkatastrophe in den französischen Alpen. Nun kam die Schwester des Vaters der Erblasserin als gesetzliche Erbin in Betracht. Durch eine notarielle Erklärung schlug diese im April 2015 die Erbschaft aus. Sie ging dabei von einem Nachlasswert von lediglich € 20.000 aus. 

Als sie erfuhr, dass auch der Erblasserin selbst – und nicht nur den Hinterbliebenen – Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen die Lufthansa als Mutterkonzern der German Wings GmbH zustehen, erklärte sie im Juni 2015 gegenüber dem Nachlassgericht die Anfechtung der Erbausschlagung. 

Sie argumentierte, sie habe sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses geirrt. Zum Zeitpunkt der Erbausschlagung sei sie noch davon ausgegangen, dass nur die Hinterbliebenen entsprechende Ansprüche geltend machen könnten. Die eigenen Ansprüche der Erblasserin würden allerdings zusätzlich in den Nachlass fallen und diesen wirtschaftlich wesentlich aufwerten. 

Bereits im Juli 2015 beantragten die gesetzlichen Erben der Erblasserin beim Nachlassgericht einen Erbschein, in dem auch die Betroffene als Erbin genannt werden sollte. 

Das Nachlassgericht verweigerte die Erteilung eines solchen Erbscheins.

Argument: Die Betroffene sei keine Erbin, da sie die Erbschaft wirksam ausgeschlagen habe. Die Anfechtung der Erbausschlagung greife nicht, da sie gewusst habe, dass der Nachlass werthaltig sei. Ein noch höherer Nachlasswert rechtfertige die Anfechtung nicht. 

Daraufhin rief die Antragstellerin das OLG an, um den beantragten Erbschein zu erlangen. Das OLG bewertete dann im November 2016 den Erbscheinsantrag positiv, da die Betroffene ihre Ausschlagungserklärung erfolgreich angefochten habe.

Der Anfechtungsgrund ergebe sich vorliegend aus § 119 Abs. 2 BGB, nachdem sich die Betroffene über eine verkehrswesentliche Sache der Erbschaft geirrt habe. 

Bei der Zugehörigkeit der eigenen Schmerzensgeldansprüche der Erblasserin zum Nachlass handle es sich, so das OLG, um eine solche verkehrswesentliche Eigenschaft der Erbschaft. 

Ein Irrtum über die Zugehörigkeit bestimmter Rechte oder Sachen zum Nachlass könne zur Anfechtung der Annahme oder Ausschlagung berechtigen, soweit es sich hierbei um eine verkehrswesentliche Eigenschaft handle. 

Verkehrswesentlich seien, so das OLG, dabei „wertbildende Faktoren von besonderem Gewicht, die im Verhältnis zur gesamten Erbschaft eine erhebliche und für den Wert des Nachlasses wesentliche Bedeutung haben“. Die Höhe der im Raum stehenden Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen die Lufthansa rechtfertige, so das OLG, die Annahme, dass diese Ansprüche als verkehrswesentlich eingestuft werden. Nachdem der Irrtum über die Zugehörigkeit der Ansprüche zum Nachlass auch kausal für die Entscheidung der Betroffenen war, die Erbschaft auszuschlagen, konnte die Betroffene ihre Ausschlagungserklärung erfolgreich anfechten. 

III. Das Fazit

Grundsätzlich führt die Ausschlagung einer Erbschaft dazu, dass der Erbe kein Recht am Nachlass mehr geltend machen kann. In engen Ausnahmefällen kann er jedoch die abgegebene Erklärung erfolgreich anfechten.

So etwa dann, wenn er sich über eine verkehrswesentliche Sache der Erbschaft geirrt hat. Inwieweit eine solche Argumentation gelingt, hängt wesentlich auch davon ab, wie kompetent dies gegenüber dem Gericht geltend gemacht und erläutert wird.

Holen Sie sich also kompetenten Rat bei der Dr. Andres Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, um Ihr Recht effektiv durchzusetzen.

Einen ersten Überblick zu gängigen Erbrechtsthemen können Sie sich im E-Book „Heute schon geerbt?“ von RA/StB Prof. Dr. Joerg Andres verschaffen, das in zahlreichen Onlinebuchshops erhältlich ist, wie www.neobooks.com.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt/FA SteuerR/StB Prof. Dr. Joerg Andres

Beiträge zum Thema