Einmal Wechselmodell, immer Wechselmodell?

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Viele getrennt lebende oder geschiedene Eltern kennen die Situation: 


Vor Gericht wurde entschieden oder vereinbart, dass die Kinder im Wechselmodell (50:50) betreut werden und nach einiger Zeit gibt es Probleme bei der tatsächlichen Umsetzung. Manchmal möchten die Kinder den wöchentlichen Wechsel einfach nicht mehr, manchmal gestaltet sich die Elternkommunikation äußerst kompliziert oder es gibt andere Gründe.
Dann stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Betreuungsmodell abgeändert werden kann und beispielsweise statt des Wechselmodells ein Residenzmodell eingeführt werden kann.

Wenn sich die Eltern einig sind, dass das ursprünglich vereinbarte Modell geändert werden soll und eine Änderung auch dem Kindeswohl entspricht, ist dies selbstverständlich unproblematisch möglich.


Oft ist es jedoch so, dass die Eltern unterschiedliche Auffassungen haben und deshalb ein gerichtlicher Abänderungsantrag gestellt werden muss. Soweit ein Wechselmodell in einem Umgangsverfahren gerichtlich vereinbart oder angeordnet worden ist, ist eine Entscheidung über seine Änderung ausschließlich in einem Umgangsverfahren und nicht in einem Sorgerechtsverfahren zu treffen, s. BGH, Beschluss vom 19.01.2022, XII ZA 12/21. Das Gericht muss dann nach § 1696 BGB überprüfen, ob eine Abänderung „aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist“.


Der BGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Vorteile der angestrebten Neuregelung, die mit der Abänderung verbundenen Nachteile deutlich überwiegen müssen und zwar unter Einschluss insbesondere des Kontinuitätsgrundsatzes, s. BGH in FamRZ 2016, 1780, Rn. 15. Damit soll sichergestellt werden, dass das Kind in möglichst stabilen Lebensverhältnissen aufwächst und eine einmal getroffene Regelung nicht beliebig und jederzeit, eben nicht ohne „triftige Gründe“, abgeändert werden kann.


Ein Beispiel: Das Wechselmodell wird seit 3 Jahren gelebt, ein Elternteil führt erhebliche Kommunikationsprobleme an und will das Modell ändern. Die Kinder sind nach Einschätzung des Jugendamtes durch das schwierige Elternverhältnis zwar belastet, kommen ansonsten aber mit dem Modell einigermaßen zu Recht. In diesem Fall dürfte regelmäßig kein ausreichender Grund für eine Abänderung des Modells vorliegen. Die Eltern müssen sich vielmehr an das einmal vereinbarte Modell halten und gegebenenfalls mit sozialberatender oder therapeutischer Hilfe das bestehende Kommunikationsproblem verbessern.
Anders ist die Situation zu beurteilen, wenn ein Kind unter dem bestehenden Betreuungsmodell so leidet, dass ernstzunehmende Krankheiten mit nachhaltiger Schädigung der Entwicklung auftreten. Hierzu können beispielsweise anhaltende, erhebliche Depressionen bei Kindern gehören. Falls das Kind in einer solchen Situation einen nachhaltigen und wiederholten Wechselwunsch äußert, muss dem nachgekommen werden, s. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.03.2022, 6 UF 23/22.


Dies sind zwei Extrembeispiele. In der Praxis gibt es selbstverständlich viele Fälle, die “irgendwo dazwischen“ liegen.


Fazit: Bevor ein Abänderungsantrag hinsichtlich eines bestehenden Betreuungsmodells gestellt wird, sollte anwaltlicher Rat hinsichtlich der Erfolgsaussichten eingeholt werden.


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