Einvernehmliche Scheidung oder doch eine streitige Scheidung?
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Die eigene Ehe mit einer einvernehmlichen Scheidung beenden zu können, hört sich für viele Ehegatten sehr gut an und ist auch eine erstrebenswerte Lösung. Sparen sich die Ehegatten in der Regel doch damit viel Geld, Stress und Zeit.
Was setzt eine einvernehmliche Scheidung voraus?
Sind sich beide Ehegatten nach ihrer Trennung einig, dass beide Ehegatten geschieden werden wollen, dann kann mit Ablauf des gesetzlichen Trennungsjahres die Scheidung eingereicht werden.
Man spricht in diesem Zusammenhang von einer einvernehmlichen Scheidung. Das Familiengericht hat nur darüber zu entscheiden, ob die beantragte Scheidung begründet ist und entscheidet über den Versorgungsausgleich. Die Ehe gilt als gescheitert, wenn das Trennungsjahr erfüllt ist und der andere Ehegatte zustimmt. Die Ehe wird auf dieser rechtlichen Grundlage geschieden. Für dieses Scheidungsverfahren erlaubt der Gesetzgeber, dass nur der antragstellende Ehegatte einen Anwalt für das Scheidungsverfahren beauftragt und der andere Ehegatte ohne anwaltliche Vertretung im Scheidungsverfahren bleiben kann.
Grundsätzlich sollen die Ehegatten sich vor der Scheidung über die Folgesachen, wie z.B. über Unterhaltsfragen und über die Vermögensauseinandersetzung geeinigt haben. Im Scheidungsantrag muss deshalb eine Erklärung erfolgen, ob die Ehegatten eine Regelung zum Umgang mit den Kindern, Unterhaltspflichten oder zur Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen getroffen haben.
Gibt es keine oder noch keine abschließenden Regelungen zwischen den Ehegatten, so macht es den Scheidungsantrag nicht unzulässig bzw. verhindert auch nicht, dass die Ehe antragsgemäß geschieden wird. Den Ehegatten ist es selbst überlassen, wie sie ihre Scheidungsfolgesachen auseinandersetzen und das Familiengericht prüft folglich nicht, ob und in welcher Weise tatsächlich eine Regelung stattgefunden hat. Solange dem Gericht kein Antrag vorliegt zur Entscheidung über eine Folgesache, behandelt das Gericht das Scheidungsverfahren als einvernehmliche Scheidung.
Wann ist oder wird eine Scheidung streitig?
Von einer streitigen Scheidung spricht man hingegen, wenn entweder ein Ehegatte nicht geschieden werden will oder sich die Eheleute über eine oder mehrere Scheidungsfolgesachen nicht einig sind und ein Ehegatte bereits einen Antrag auf Entscheidung über eine oder mehrere Folgesachen gestellt hat.
Will ein Ehegatte vor Ablauf der dreijährigen Trennungszeit nicht geschieden werden und willigt deshalb nicht in die beantragte Scheidung ein, liegt eine streitige Scheidung vor. Das Familiengericht muss das Scheitern der Ehe konkret prüfen und eine Aussage darüber treffen, ob die Ehe als zerrüttet zu sehen ist. Die Ehe gilt als gescheitert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und es unwahrscheinlich ist, dass die Ehegatten sie wieder herstellen.
In der Praxis ist es eher selten, dass eine Ehe nicht als zerrüttet zu betrachten ist, denn die Trennungsumstände sprechen meist für das Scheitern der Ehe. Der Ehegatte, der die Scheidung beantragt, muss darlegen und beweisen, was für das endgültige Scheitern der Ehe spricht. Die Scheidung kann daher nach Ablauf des einjährigen Trennungsjahres, aber vor Ablauf der dreijährigen Trennungszeit auch gegen den Willen des anderen Ehepartners ausgesprochen werden.
Häufiger ist der Fall, dass zwar beide Eheleute die Scheidung wollen, sich aber über eine oder mehrere vom Gericht im Verbund mit zu entscheidende Folgesachen nicht einig sind. Die Auseinandersetzungen können dabei z.B. Kindes- und nachehelicher Unterhalt oder das gemeinsame Vermögen betreffen.
Das Gericht muss über Scheidungsfolgen entscheiden, wenn ein Ehegatte dies im Rahmen des Scheidungsverfahrens beantragt. Anträge können dabei bereits zusammen mit der Einreichung des Scheidungsantrages gestellt werden oder auch erst im Laufe eines Scheidungsverfahrens als Verbundsache anhängig gemacht werden.
Eine solche streitige Scheidung ist meist sehr langwierig und damit auch stärker belastend. Im Vergleich zu einer einvernehmlichen Scheidung mit Versorgungsausgleich erhöhen sich zudem die Kosten. Für jede Folgesache tritt ein gesonderter Verfahrenswert hinzu, der dann auch die Gesamtkosten der Scheidung erhöht.
Allen streitigen Scheidungen ist gemeinsam, dass in dem Verfahren jeder Ehegatte zwingend anwaltlich vertreten sein muss und damit für beide Ehegatten jeweils Anwaltskosten anfallen.
Das Ziel sollte immer sein, eine außergerichtliche Einigung der Scheidungsfolgen zu erreichen.
Um verlässliche und tragfähige Scheidungsfolgenvereinbarungen treffen zu können, sollten sich Ehegatten anwaltlich beraten lassen und so anhand ihrer persönlichen Verhältnisse eine rechtliche Einschätzung zu den regelnden Angelegenheiten zu erhalten.
Ob die Ehegatten dann mit oder ohne anwaltlicher Hilfe ihre Scheidungsfolgesachen einvernehmlich regeln wollen, ist eine persönliche Entscheidung. Entscheidend ist, dass die Ehegatten sich der rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen ihrer Vereinbarung bewusst sind.
Eine Einigung über die Scheidungsfolgen, also was für die Zeit nach der Scheidung rechtlich gelten soll, kann bereits in der Trennungsphase erfolgen. Eine erzielte Einigung ist sinnvollerweise immer schriftlich festzuhalten. Vielen Ehegatten ist dabei nicht bewusst, dass eine Scheidungsvereinbarung, solange die Ehe noch nicht geschieden ist, nichts anderes ist als ein Ehevertrag. Damit gelten auch die gesetzlichen Formvorschriften. Für rechtswirksame Regelungen zum Zugewinn ist nach § 1410 BGB und für den nachehelichen Unterhalt nach § 1585 c BGB die notarielle Beurkundung erforderlich.
Ohne notarielle Beurkundung entfaltet weder eine von den Ehegatten schriftlich oder mündlich getroffene Vereinbarung eine rechtlich verbindliche Wirkung. Ändert sich im Laufe der Trennung die Lebenssituation oder stellt ein Ehegatte fest, dass er die Rechtslage völlig falsch eingeschätzt hatte, wie z.B. güterrechtlich das Vermögen aufzuteilen ist, dann wird er an den bisherigen Absprachen mit dem anderen Ehegatten nicht mehr festhalten wollen und ist rechtlich nicht gehindert seine Ansprüche doch noch gerichtlich zu verfolgen.
Eine Trennung und die Scheidung sind individuelle und komplexe Vorgänge, die auch immer unterschiedliche Handlungsweisen erfordern. Als erfahrene Fachanwältin im Familienrecht berate ich Sie umfassend und stehe Ihnen zur Seite, damit Ihre Rechte gewahrt werden. Es empfiehlt sich möglichst frühzeitig, also bereits mit der Trennung, sich anwaltlich beraten zu lassen. Desto schneller können Absprachen und Regelungen mit dem anderen Ehegatten getroffen oder geplant werden, wie sie ihre Rechte durchsetzen können.
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