Einwurf-Einschreiben reicht nicht ! - Warum Arbeitgeber beim Zugang einer Kündigung auf Nummer sicher gehen sollten
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Inhaltsverzeichnis
- Darf man sich auf den Sendungsverlauf der Post verlassen – oder reicht das nicht aus?
- Der Fall: Kündigung per Einwurf-Einschreiben – aber kein Zugang?
- Die Entscheidung: Kein Zugang, keine Kündigung
- Was war der Fehler – und wie können Arbeitgeber es besser machen?
- Fazit: Wer kündigt, muss den Zugang beweisen können
Darf man sich auf den Sendungsverlauf der Post verlassen – oder reicht das nicht aus?
Ein kleines Unternehmen kündigt einer schwangeren Mitarbeiterin – zunächst ohne Zustimmung der Behörde, dann erneut nachträglich. Die zweite Kündigung wird als Einwurf-Einschreiben verschickt. Im Prozess bestreitet die Mitarbeiterin: „Ich habe den Brief nie erhalten.“ Der Arbeitgeber verweist auf den Sendungsstatus der Post – doch das Bundesarbeitsgericht urteilt: Nicht ausreichend!
Was bedeutet das für Arbeitgeber in der Praxis?
Der Fall: Kündigung per Einwurf-Einschreiben – aber kein Zugang?
Die Klägerin war seit Mai 2021 angestellt. Im März 2022 kündigte die Arbeitgeberin fristlos – ohne die erforderliche Zustimmung des Regierungspräsidiums, weil die Klägerin schwanger war. Die erste Kündigung war damit unwirksam.
Im Juli 2022 holte sich der Arbeitgeber die behördliche Zustimmung nachträglich ein und kündigte erneut – diesmal mit Schreiben vom 26. Juli 2022. Dieses wurde laut Arbeitgeber am 28. Juli 2022 per Einwurf-Einschreiben zugestellt. Die Mitarbeiterin bestreitet aber, den Brief je erhalten zu haben.
Der Arbeitgeber verweist auf den Einlieferungsbeleg und den Online-Sendungsverlauf – dort steht: „Zugestellt am 28.07.2022.“ Doch das genügte dem Bundesarbeitsgericht nicht.
Die Entscheidung: Kein Zugang, keine Kündigung
Das BAG bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts: Die Kündigung sei der Mitarbeiterin nicht nachweislich zugegangen. Und: Der Sendungsverlauf der Post begründet keinen sogenannten Anscheinsbeweis dafür, dass der Brief wirklich im Briefkasten lag.
Wichtig: Der Arbeitgeber hatte keine Kopie des sogenannten Auslieferungsbelegs mehr – dieser wird von der Post nur für 15 Monate gespeichert. Auch ein Zeuge, der den Brief konkret eingeworfen hat, konnte nicht benannt werden.
Damit war der Arbeitgeber beweisfällig – und die Kündigung unwirksam.
Rechtslage: Wer trägt das Risiko beim Zugang einer Kündigung?
Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt: Eine Kündigung geht zu, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist und dieser unter normalen Umständen Kenntnis nehmen kann – z. B. durch Einwurf in den Briefkasten.
Aber: Der Arbeitgeber muss im Streitfall den Zugang beweisen! Und das ist oft schwieriger, als gedacht.
Ein Einwurf-Einschreiben allein reicht dafür nicht aus, wenn es an weiteren Nachweisen fehlt. Nur wenn ein konkreter Zustellnachweis mit dem „Peel-off-Label“-Verfahren vorliegt, könnte ein Anscheinsbeweis greifen – aber nur dann, wenn dieser Beleg auch vorgelegt wird.
Was war der Fehler – und wie können Arbeitgeber es besser machen?
Der zentrale Fehler des Arbeitgebers: Er verließ sich auf den Sendungsstatus der Post – und versäumte es, den vollständigen Zustellnachweis (Auslieferungsbeleg) zu sichern.
- Praxistipps für Arbeitgeber:
- Kündigungen immer persönlich gegen Empfangsbestätigung übergeben, z. B. im Betrieb oder bei einem Hausbesuch.
- Botenlösung nutzen: Lassen Sie das Kündigungsschreiben durch einen Mitarbeiter oder Dritten persönlich in den Briefkasten einwerfen – und dokumentieren Sie dies schriftlich (Ort, Zeit, Zeuge).
- Zustelloptionen mit Nachweis bevorzugen: Persönliche Zustellung durch Gerichtsvollzieher oder Kurierdienste mit lückenloser Dokumentation.
- Rechtzeitig handeln: Spätestens bei zu erwartenden Streitigkeiten frühzeitig Rechtsrat einholen und Zustellung strategisch planen.
- Dokumente sichern: Wenn Einschreiben, dann unbedingt Auslieferungsbeleg anfordern und aufbewahren – die Frist bei der Post beträgt nur 15 Monate!
Fazit: Wer kündigt, muss den Zugang beweisen können
Dieses Urteil macht deutlich: Für Arbeitgeber kann eine vermeintlich sicher zugestellte Kündigung schnell zur Falle werden. Ein einfacher Online-Sendungsstatus reicht im Streitfall nicht aus. Der sicherste Weg ist und bleibt die nachvollziehbare, dokumentierte Zustellung – am besten persönlich oder durch einen verlässlichen Boten.
Unser Tipp: Planen Sie Kündigungen sorgfältig – nicht nur inhaltlich, sondern auch bei der Form und Zustellung. Im Zweifel: Lassen Sie sich arbeitsrechtlich beraten.
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