Eltern haften für ihre Kinder! – Stimmt das wirklich immer?

  • 3 Minuten Lesezeit

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

Wenn Kinder im Freien spielen und dabei einen Schaden verursachen, muss genau hingeschaut werden, wie alt das Kind ist und ob nicht nur dem Kind, sondern auch dessen Eltern ein Vorwurf gemacht werden kann. So sind durchaus Fälle denkbar, in denen der Geschädigte auf seinem Schaden sitzen bleibt.

1. Haftung des Kindes selbst ist möglich

Hier stellt sich zunächst die Frage, ob das Kind selbst für den angerichteten Schaden, etwa an einem parkenden Auto, haftbar gemacht werden kann. Allerdings ist dies bei Kindern unter sieben Jahren von Gesetzes wegen ausgeschlossen, hier fehlt es schon an der sog. Deliktsfähigkeit. Bei Unfällen im Straßenverkehr zieht das Gesetz diese Grenze sogar erst bei zehn Jahren, außer das Kind handelt – wie allerdings wohl selten – vorsätzlich.

Im Umkehrschluss heißt dies, dass Kinder, die älter als sieben Jahre sind, u. U. für von ihnen verursachte Schäden aufkommen müssen. Dies setzt allerdings voraus, dass das Kind die sog. Einsichtsfähigkeit hat. Das ist der Fall, wenn das Kind in der Lage ist, die Situation und die Gefahren selbst richtig einzuschätzen. Dabei gilt die Faustformel: Je älter und reifer das Kind ist, desto eher kommt eine eigene Haftung des Kindes in Betracht. Allerdings kommt es immer auf den ganz konkreten Einzelfall an, ob das Kind wirklich schon begreifen konnte, was es anstellt.

Eine solche Haftung des Kindes mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen, da Kinder in aller Regel kein oder jedenfalls nicht ausreichend eigenes Geld haben, einen Schaden zu bezahlen. Zum einen zahlen allerdings in der Praxis häufig die Eltern selbst, obwohl sie möglicherweise nicht selbst, sondern „nur“ das Kind rechtlich zur Zahlung verpflichtet ist. Zum anderen kann der Ausgleich des Schadens, zum Beispiel wenn es ein rechtskräftiges Urteil gibt, das die Verjährung hemmt, mitunter auch noch lange Jahre später gefordert werden, wenn das Kind längst erwachsen ist und über eigenes Geld verfügt.

2. „Eltern haften für ihre Kinder“?

Fehlt es an der Einsichtsfähigkeit – und damit an der Haftung – des Kindes, ist dies allerdings noch kein Freibrief für die Eltern.

Schließlich haften Eltern für von ihren Kindern angerichtete Schäden, wenn sie ihre elterliche Aufsichtspflicht verletzen. Der Spruch „Eltern haften für ihre Kinder“ ist hier allerdings nicht ganz richtig, da die Eltern schließlich nicht für das Verhalten ihres Kindes, sondern für ihr eigenes Fehlverhalten, d. h. die Verletzung der Aufsichtspflicht, haften.

Hier ist die entscheidende Frage, welche Aufsichtspflichten Eltern gegenüber ihren Kindern zukommen. Auch hier ist wieder auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, d. h. das Alter des Kindes und dessen Persönlichkeit abzustellen. So billigt die Rechtsprechung den Eltern mit zunehmendem Alter, Reife und Selbstständigkeit des Sprösslings entsprechend geringere Aufsichtspflichten zu.

Es ist daher immer zu fragen, was „ordentliche“ Eltern tun würden, um Schädigungen Dritter zu vermeiden. So ist schließlich einleuchtend, dass Kinder im Vorschulalter weit besser beobachtet und kontrolliert werden müssen als etwa Kinder, die schon weiterführende Schulen besuchen.

3. Der Autofall

Ob man als Eltern für einen von seinem Kind an einem fremden Auto verursachten Schaden zahlen muss, lässt sich also nicht pauschal beantworten.

Entscheidend ist auch hier, wie alt und einsichtsfähig das Kind ist und ob die Eltern ihrer Aufsichtspflicht Genüge getan haben. Ist das Kind noch im Vorschulalter, wird man von den Eltern – grob gesagt – zumindest verlangen müssen, etwa alle 15–30 Minuten nach dem draußen spielenden Kind zu schauen, um im Ernstfall eingreifen zu können. Bei Schulkindern wird man hier zwar großzügiger sein dürfen und Spielen ohne regelmäßige Aufsicht erlauben. Auch hier sollten Eltern aber wissen, wo und was ihre Kinder machen, ohne ihre Augen vor naheliegenden Gefahren zu verschließen.

Ist das Kind somit nicht deliktsfähig und haben auch die Eltern „nichts falsch gemacht“, kann somit durchaus sein, dass die Eltern nicht zahlen müssen und der geschädigte Autobesitzer in die Röhre schaut.

Über die Kanzlei Mutschke:

Die Mutschke Rechtsanwaltsgesellschaft mbH berät sowohl private Mandanten als auch Unternehmen. Die Kanzlei ist deutschlandweit sowie international tätig und unterhält Büros in Düsseldorf und Bielefeld.

Foto(s): ©Adobe Stock/Cavan for Adobe

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Nicole Mutschke

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten