Enterben - geht das auch ohne den Pflichtteil?

  • 10 Minuten Lesezeit

Fragen Sie sich, wie hoch der Pflichtteil ist, wenn man enterbt wird? 

Oder ob es möglich ist, jemanden komplett zu enterben, ohne einen Pflichtteil zu gewähren? 

Vielleicht interessiert es Sie auch, wie der Pflichtteil bei einem Erbe von zum Beispiel 100.000 € aussieht, oder unter welchen Umständen ein Kind keinen Pflichtteil bekommt. 

Ob Sie überlegen, jemanden zu enterben, oder selbst von einer Enterbung betroffen sind – in unserer Kanzlei Herfurtner stehen wir Ihnen zur Seite, um diese wichtigen Fragen zu klären und Ihnen durch den Prozess zu helfen. 

Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf und vereinbaren Sie einen Termin.

Was bedeutet enterben?

Enterben bedeutet im deutschen Erbrecht, dass eine Person durch letztwillige Verfügung – also durch ein Testament oder einen Erbvertrag – gezielt von der Erbfolge ausgeschlossen wird. 

Dieser Ausschluss sorgt dafür, dass der Enterbte nicht mehr automatisch Teil der Erbengemeinschaft ist und somit keinen direkten Anspruch auf den Nachlass des Erblassers hat.

Wenn wir uns fragen "Was bedeutet enterben?" oder "Was heißt enterben?", geht es also um eine bewusste Entscheidung des Erblassers, jemanden vom Erbe auszuschließen. 

❗ Trotz dieser Ausschlussmöglichkeit sieht das deutsche Erbrecht vor, dass bestimmte nahe Angehörige, wie Kinder oder Ehepartner, einen Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil haben. ❗

Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs und stellt sicher, dass nahe Angehörige nicht gänzlich leer ausgehen. Dieser Anspruch muss jedoch aktiv geltend gemacht werden.

Die Enterbung und der Pflichtteil sind eng miteinander verbunden und stellen eine wesentliche Säule des deutschen Erbrechts dar. 

Sie spiegeln das Bemühen wider, ein Gleichgewicht zwischen dem Willen des Erblassers und dem Schutz der engsten Angehörigen herzustellen.

Kind enterben: Gründe und Vorgehen

Die Entscheidung, ein Kind zu enterben, ist oft eine der schwierigsten Entscheidungen, die Eltern treffen können. 

Ein häufiger Grund, der in der Praxis auftritt, ist der "Kind enterben da kein Kontakt". Dies bedeutet, dass Eltern ein Kind von der Erbfolge ausschließen möchten, weil der familiäre Kontakt abgebrochen ist oder es langanhaltende Konflikte gibt.

Aber wie kann man Kinder enterben? Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass das Enterben eines Kindes rechtlich möglich ist, aber bestimmten Regeln folgt. 

Die Enterbung muss durch ein rechtsgültiges Testament oder einen Erbvertrag erfolgen. In diesem Dokument muss klar und deutlich ausgedrückt werden, dass das betreffende Kind von der Erbfolge ausgeschlossen sein soll. 

Es ist ratsam, solche Entscheidungen nicht nur schriftlich festzuhalten, sondern auch die Gründe für die Enterbung zu dokumentieren, insbesondere in Fällen, in denen der Kontakt abgebrochen ist.

Trotz der Enterbung haben Kinder in Deutschland immer noch Anspruch auf ihren Pflichtteil. Das bedeutet, auch wenn sie enterbt sind, steht ihnen die Hälfte dessen zu, was sie als gesetzlichen Erbteil erhalten hätten. 

Dieser Pflichtteil kann nur in sehr speziellen Situationen entzogen werden, wie zum Beispiel bei schwerwiegendem Fehlverhalten gegenüber dem Erblasser.

Enterben wegen groben Undanks

Die Enterbung eines Erben aufgrund von grobem Undank ist eine spezifische Situation im deutschen Erbrecht. 

Hier sind einige wichtige Punkte dazu:

  • Definition von grobem Undank: Grober Undank liegt vor, wenn sich der Erbe in einer Weise verhält, die eine schwere Verletzung der moralischen Pflichten gegenüber dem Erblasser darstellt. Beispiele können schwere Beleidigungen, Betrug oder körperliche Gewalt sein.

  • Rechtliche Voraussetzungen: Um jemanden wegen groben Undanks zu enterben, muss der Erblasser ein Testament oder einen Erbvertrag erstellen. Darin muss klar und deutlich angegeben werden, dass der Grund für die Enterbung der grobe Undank ist. Es empfiehlt sich, konkrete Vorfälle zu dokumentieren.

  • Beweislast: Bei einer Enterbung wegen groben Undanks liegt die Beweislast in der Regel beim Erblasser oder dessen Nachlassverwaltern. Das bedeutet, es muss nachgewiesen werden, dass der Vorwurf des groben Undanks berechtigt ist.

  • Folgen für den Enterbten: Auch wenn jemand wegen groben Undanks enterbt wurde, behält er grundsätzlich den Anspruch auf den Pflichtteil. Allerdings kann in extremen Fällen der Pflichtteil entzogen werden, wenn die Voraussetzungen des § 2333 BGB erfüllt sind.

  • Wichtig zu beachten: Die Enterbung wegen groben Undanks ist eine ernsthafte rechtliche Maßnahme, die nicht ohne fundierte Beweise und rechtskonforme Dokumentation erfolgen sollte.

Der Pflichtteil im Erbrecht

Der Pflichtteil ist ein zentrales Element im deutschen Erbrecht und sorgt dafür, dass nahe Angehörige des Erblassers auch bei einer Enterbung einen Mindestanteil am Erbe erhalten. 

Hier sind die wichtigsten Aspekte:

  1. Was ist der Pflichtteil?: Der Pflichtteil ist der gesetzlich garantierte Mindestanteil am Nachlass, der bestimmten Angehörigen zusteht, auch wenn sie enterbt wurden. Er soll sicherstellen, dass nahe Familienmitglieder wie Kinder oder Ehepartner nicht vollständig von der Erbschaft ausgeschlossen werden.
  2. Berechnung des Pflichtteils: Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Das bedeutet, wenn jemand einen gesetzlichen Erbanspruch von beispielsweise 50% hat, beträgt sein Pflichtteil 25% des Nachlasses.
  3. Beantwortung der Frage "Wie hoch ist der Pflichtteil, wenn man enterbt wird?": Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst der Wert des gesamten Nachlasses ermittelt werden. Dann wird der gesetzliche Erbteil berechnet, der dem Enterbten ohne Enterbung zugestanden hätte, und davon die Hälfte genommen. Beispiel: Bei einem Nachlass von 100.000 € und einem gesetzlichen Erbteil von 50% wäre der Pflichtteil 25.000 €.
  4. Geltendmachung des Pflichtteils: Der Pflichtteil muss aktiv eingefordert werden. Das bedeutet, der Enterbte muss innerhalb einer bestimmten Frist seinen Anspruch beim Erben anmelden.
  5. Wichtig für Erblasser und Erben: Sowohl für den Erblasser bei der Testamentserstellung als auch für die Erben bei der Nachlassregelung ist es wichtig, die Regeln des Pflichtteils zu kennen und zu beachten.

Vollständige Enterbung ohne Pflichtteil

Die Frage, ob eine vollständige Enterbung ohne Pflichtteil möglich ist, gehört zu den komplexeren Aspekten im deutschen Erbrecht

Hier sind die wichtigsten Punkte dazu:

  • Grundsätzliche Regelung: In der Regel haben enterbte nahe Angehörige, wie Kinder oder Ehepartner, immer einen Anspruch auf den Pflichtteil. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs und soll einen gewissen finanziellen Schutz bieten.

  • Ausnahmefälle: Eine vollständige Enterbung ohne Pflichtteil ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich. Dazu gehören Fälle, in denen der Enterbte sich eines schweren Vergehens gegen den Erblasser oder nahe Angehörige schuldig gemacht hat. Beispiele könnten schwerer Missbrauch oder versuchter Mord sein.

  • Rechtliche Anforderungen: Um jemanden komplett zu enterben ohne Pflichtteil, muss im Testament nicht nur die Enterbung verfügt, sondern auch die Gründe für den vollständigen Ausschluss vom Pflichtteil klar und deutlich aufgeführt werden. Dies muss unter Umständen vor Gericht bewiesen werden können.

  • Bedeutung der Beweislast: Die Beweislast für die Gründe der vollständigen Enterbung ohne Pflichtteil liegt beim Erblasser beziehungsweise den Erben. Dies bedeutet, dass die Gründe für die Enterbung gerichtsfest sein müssen.

  • Beratung ist entscheidend: Aufgrund der Komplexität und der schwerwiegenden Konsequenzen einer vollständigen Enterbung ohne Pflichtteil ist professionelle rechtliche Beratung unerlässlich. In unserer Kanzlei Herfurtner bieten wir Ihnen die erforderliche Expertise und Unterstützung, um Sie durch diesen Prozess zu führen.

Berechnung des Pflichtteils

Die Berechnung des Pflichtteils ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Erbrechts. Hier sind einige Richtlinien und ein Beispiel, um zu verdeutlichen, wie der Pflichtteil berechnet wird, insbesondere bei Fragen wie "Wie hoch ist der Pflichtteil bei 100.000 €?":

  • Grundlagen der Berechnung: Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, den eine Person ohne Enterbung erhalten hätte. Die Berechnung des Pflichtteils hängt also vom Wert des Nachlasses und der Erbquote ab, die der Pflichtteilsberechtigte ohne Enterbung gehabt hätte.

  • Beispiel bei einem Nachlass von 100.000 €:

    • Angenommen, der gesetzliche Erbteil einer Person wäre 50% des Nachlasses. Ohne Enterbung hätte diese Person also 50.000 € (50% von 100.000 €) erhalten.
    • Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also in diesem Fall 25.000 € (50% von 50.000 €).

  • Berücksichtigung von Vermächtnissen und Auflagen: Bei der Berechnung des Pflichtteils müssen auch Vermächtnisse, Auflagen und andere testamentarische Anordnungen berücksichtigt werden, die den Wert des Nachlasses beeinflussen könnten.

  • Notwendigkeit einer Nachlassbewertung: Um den Pflichtteil genau berechnen zu können, muss zuerst der Gesamtwert des Nachlasses ermittelt werden. Dies kann die Bewertung von Immobilien, Bankguthaben, Wertpapieren und anderen Vermögenswerten umfassen.

  • Wichtig für Erblasser und Erben: Sowohl für den Erblasser bei der Erstellung eines Testaments als auch für die Erben bei der Abwicklung des Nachlasses ist es wichtig, eine genaue Berechnung des Pflichtteils vorzunehmen, um rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden.

Ausnahmefälle im Pflichtteilsrecht

Im deutschen Pflichtteilsrecht gibt es bestimmte Ausnahmefälle, in denen ein Kind oder ein anderer naher Angehöriger keinen Pflichtteil erhalten kann. 

Diese Ausnahmen sind jedoch streng geregelt und gelten nur unter besonderen Umständen:

  1. Schwerwiegendes Fehlverhalten: Ein Kind oder ein anderer Pflichtteilsberechtigter kann seinen Anspruch auf den Pflichtteil verlieren, wenn er sich eines schwerwiegenden Fehlverhaltens gegenüber dem Erblasser schuldig gemacht hat. Dazu gehören zum Beispiel schwere Straftaten gegen den Erblasser oder dessen nahe Angehörige.
  2. Entziehung des Pflichtteils: Die Entziehung des Pflichtteils muss ausdrücklich im Testament oder Erbvertrag festgelegt werden. Hierbei muss der Erblasser klar die Gründe für die Entziehung benennen und diese sollten idealerweise durch Beweise oder Zeugenaussagen belegbar sein.
  3. Wann bekommt ein Kind keinen Pflichtteil?: Ein häufiges Beispiel für eine solche Situation ist, wenn das Kind den Erblasser vorsätzlich und rechtswidrig schwer körperlich oder psychisch verletzt hat. Auch langjähriger, schwerwiegender Missbrauch oder andere gravierende Vergehen können zur Entziehung des Pflichtteils führen.
  4. Rechtliche Prüfung: Solche Entscheidungen werden in der Regel vor Gericht geprüft, um sicherzustellen, dass die Entziehung des Pflichtteils gerechtfertigt und im Einklang mit dem Gesetz ist. Es ist wichtig, dass die Gründe für die Entziehung klar und rechtlich haltbar sind.
  5. Beratung und Unterstützung: Angesichts der Komplexität solcher Fälle und der schwerwiegenden Konsequenzen ist professionelle rechtliche Beratung entscheidend. 

Diese Ausnahmefälle zeigen, wie differenziert und spezifisch das Pflichtteilsrecht in Deutschland geregelt ist. Jeder Fall erfordert eine sorgfältige Prüfung und individuelle Betrachtung.

Erbschein und Erbfolge: Ein Überblick

1. Erbschein beantragen

Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das die Erbberechtigung bestätigt.

Antragstellung: Erfolgt beim Nachlassgericht und ist besonders wichtig, wenn kein Testament vorliegt.

Erforderliche Nachweise: Zur Beantragung sind üblicherweise die Sterbeurkunde und andere relevante Dokumente notwendig.

2. Gesetzliche Erbfolge verstehen

Tritt ein, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorhanden ist.

Verwandtenpriorität: Ehepartner und Kinder haben Vorrang, gefolgt von weiteren Verwandten in festgelegten Ordnungen.

Regelungen bei Abwesenheit: Bei fehlenden nahen Verwandten können entferntere Verwandte oder der Staat erbberechtigt sein.

3. Bedeutung für Erben

Kenntnis der Prozesse und Regeln ist entscheidend.

Wichtiges Verständnis: Wissen um den Erbscheinprozess und die gesetzliche Erbfolge ist unerlässlich.

Juristische Unterstützung: Kann bei Unklarheiten oder Streitfällen wesentlich sein.

4. Unsere Rolle in Ihrer Erbschaftsangelegenheit

In der Kanzlei Herfurtner unterstützen wir Sie umfassend.

Hilfe beim Erbschein: Wir leiten Sie durch den Antragsprozess.

Beratung zur Erbfolge: Wir helfen Ihnen, Ihre Erbansprüche zu sichern und effektiv zu vertreten.

Berliner Testament: Auswirkungen auf Enterbung und Pflichtteil

Das Berliner Testament ist eine spezielle Form des Testaments, die häufig von Ehepartnern genutzt wird, um ihre Erbangelegenheiten zu regeln. 

In einem solchen Testament setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein, während die Kinder meist erst nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Elternteils erben.

Die Auswirkungen dieses Testaments auf die Enterbung und den Pflichtteil sind besonders relevant. Durch die gegenseitige Alleinerbensetzung wird die Erbfolge der Kinder aufgeschoben. 

Das heißt, im Todesfall eines Elternteils erben die Kinder zunächst nichts, behalten jedoch ihren Anspruch auf den Pflichtteil. 

Dieser Anspruch entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, was finanzielle Auswirkungen für den überlebenden Ehepartner haben kann, insbesondere wenn das Vermögen hauptsächlich in Immobilien gebunden ist.

Ein Berliner Testament kann auch Klauseln enthalten, die eine vollständige Enterbung der Kinder nach dem Tod des zweiten Elternteils vorsehen. 

In solchen Fällen bleibt den Kindern nur der Anspruch auf ihren Pflichtteil. Dies kann insbesondere dann relevant werden, wenn das Vermögen an Dritte, wie Stiefkinder oder gemeinnützige Organisationen, weitergegeben werden soll.

Insgesamt ermöglicht das Berliner Testament Ehepartnern, sich gegenseitig abzusichern und gleichzeitig die Erbfolge ihrer Kinder zu regeln. 

Schlussfolgerung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Thema Enterbung und Pflichtteil im deutschen Erbrecht vielschichtig und komplex ist. 

Wir haben verschiedene Aspekte beleuchtet, von der grundlegenden Definition des Enterbens und des Pflichtteils bis hin zu spezifischen Szenarien wie dem Berliner Testament und dessen Auswirkungen auf Enterbung und Pflichtteil

Wichtige Punkte umfassen:

  1. Enterbung ist das gezielte Ausschließen einer Person von der Erbfolge, wobei der Pflichtteil als Mindestanspruch für nahe Angehörige bestehen bleibt.
  2. Pflichtteil: Auch enterbte nahe Angehörige haben Anspruch auf einen Pflichtteil, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ausmacht.
  3. Berliner Testament: Eine spezielle Form des Testaments für Ehepartner, die Auswirkungen auf die Enterbung und Pflichtteile der Kinder hat.
  4. Spezielle Fälle: Darunter fallen Situationen, in denen Kinder wegen grobem Undank oder anderen schweren Vergehen keinen Pflichtteil erhalten.

In all diesen Angelegenheiten ist fachkundige Beratung unerlässlich. 

Unsere Kanzlei Herfurtner steht Ihnen zur Seite, um die komplexen Regelungen des deutschen Erbrechts zu navigieren. 

Wir unterstützen Sie bei der Planung und Umsetzung Ihrer testamentarischen Wünsche und helfen Ihnen, Ihre Rechte als Erbe oder Pflichtteilsberechtigter effektiv zu wahren.

Unser Ziel ist es, individuelle Lösungen zu finden, die Ihren persönlichen und rechtlichen Bedürfnissen entsprechen. 

Kontaktieren Sie uns, um in diesen wichtigen Fragen beraten zu werden.

Foto(s): https://kanzlei-herfurtner.de/


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