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Entlassung eines Testamentsvollstreckers

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Es besteht ein nahezu natürliches und regelmäßiges Spannungsverhältnis zwischen Testamentsvollstreckern und insbesondere dem oder den Erben, denn das Bestehen einer Testamentsvollstreckung hat in aller Regel zur Folge, dass der oder die Erben über den Nachlass nicht oder nur eingeschränkt verfügen können. Eine aktuelle Entscheidung des OLG München wirft ein Schlaglicht auf die Thematik der Entlassung von Testamentsvollstreckern, mit der Nachlassgerichte nicht selten befasst sind (OLG München, Beschluss vom 25.05.2023, Az. 33 Wx 36/23).


Voraussetzungen für die Entlassung eines Testamentsvollstreckers

Nach § 2227 Abs. 1 BGB kann der Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Beteiligten – insbesondere dem oder den Erben – aus dem Amt entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das Gesetz gibt als Beispiele eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers oder dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung an.

Neben den im Gesetz genannten Beispielsfällen kann ein wichtiger Grund ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Testamentsvollstreckers auch darin liegen, wenn dieser durch sein persönliches Verhalten begründeten Anlass zu der Annahme gibt, dass ein längeres Verbleiben im Amt der Ausübung des letzten Willens des Erblassers hinderlich ist oder dass sich dadurch eine Schädigung oder eine erhebliche Gefährdung der Interessen der am Nachlass Beteiligten ergeben könnte.

Auch ein nicht nur auf subjektiven Gefühlsmomenten, sondern auf Tatsachen beruhendes Misstrauen eines Beteiligten, zu dem der Testamentsvollstrecker Anlass gegeben hat, kann zur Entlassung führen. Schließlich kann auch ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Testamentsvollstrecker einerseits und Erben andererseits ein wichtiger Grund zur Entlassung sein.


Die Rolle des Oberlandesgerichts München: Ein Fallbeispiel 

In dem o. g. Beschluss des Oberlandesgerichtes (OLG) München hatte dieses einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem Miterben rügten, dass der Testamentsvollstrecker es auch nach vier Jahren seiner Tätigkeit unterlassen habe, eine Nachlassimmobilie zu veräußern und unter Verteilung des Erlöses die Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen, obwohl der Erblasser den Testamentsvollstrecker mit der Abwicklung des Nachlasses und des Verkaufs der Immobilie betraut habe.

Das Nachlassgericht und dann auch das OLG München im Beschwerdeverfahren waren zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei der Testamentsvollstreckung insoweit nicht um eine sogenannte Dauervollstreckung, die dem Testamentsvollstrecker einen größeren zeitlichen Spielraum zur Veräußerung der Nachlassimmobilie vermittelt hätte, sondern um eine Abwicklungsvollstreckung handelte, die den Testamentsvollstrecker verpflichtete, die Nachlassimmobilie mit „tunlicher Beschleunigung“ zu veräußern.

Über die Rechtsauffassung des Nachlassgerichtes war der Testamentsvollstrecker bereits frühzeitig informiert worden und das OLG München hat im Beschwerdeverfahren daraus abgeleitet, dass spätestens dieser Hinweis des Nachlassgerichtes den Testamentsvollstrecker bei ordnungsgemäßer Tätigkeit hätte dazu veranlassen müssen, die zeitnahe Veräußerung der Nachlassimmobilie anzustreben. Schließlich sei eine sogenannte Abwicklungsvollstreckung darauf gerichtet, ohne schuldhaftes Zögern die Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Miterben zu bewerkstelligen, wozu hier eben auch die Veräußerung einer Nachlassimmobilie erforderlich war.

Schon diese Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers war aus Sicht des OLG München bereits ein wichtiger Grund, um eine Entlassung des Testamentsvollstreckers zu rechtfertigen.


Schuldhafte Pflichtverletzung: Mieteinnahmen und Kautionen 

Das OLG München hatte zudem weitere Pflichtverletzungen des Testamentsvollstreckers festgestellt, die darin lagen, dass dieser Mieteinnahmen aus der besagten Nachlassimmobilie und Kautionen von Mietern nicht auf ein Nachlass- bzw. Treuhandkonto einzahlte, sondern auf ein persönliches Konto des Testamentsvollstreckers. Das OLG München stellte dazu fest, dass dadurch die Erben dem Risiko ausgesetzt wurden, dass Nachlassgelder durch Eigengläubiger des Testamentsvollstreckers in diese Nachlasseinnahmen vollstrecken konnten und damit auf eine Haftungsmasse Zugriff hatten, die für Eigenverbindlichkeiten des Testamentsvollstreckers grundsätzlich nicht zur Verfügung stehen dürfen. Diese Handhabung des Testamentsvollstreckers – unabhängig davon, ob Nachlassgelder tatsächlich den Miterben entzogen wurden oder nicht – stelle eine erhebliche schuldhafte Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers dar.


Kritische Bewertung der Entscheidung des OLG München

In der juristischen Literatur wurde die hier behandelte Entscheidung des OLG München teilweise kritisch gewürdigt. Im Ergebnis wird die Entscheidung des OLG München jedoch jedenfalls deshalb für richtig gehalten, weil die Anlage der Mietkautionen nicht vom Vermögen des Testamentsvollstreckers getrennt erfolgt sei. Weniger kritisch wird die nicht getrennte Handhabung der Mieteinnahmen betrachtet, zumal der Testamentsvollstrecker auch Miterbe war und insoweit ein familiärer Zusammenhang bestand, der die Entscheidung des OLG München als zu streng erscheinen lasse.

Hinsichtlich der nicht zeitnah erfolgten Veräußerung der Nachlassimmobilie wird auch die Rechtsauffassung vertreten, dass lediglich unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen Testamentsvollstrecker und Erben nicht schon deshalb eine Entlassung des Testamentsvollstreckers rechtfertigen sollen, weil die Rechtsauffassung des Testamentsvollstreckers nicht vom Nachlassgericht geteilt werde. Unterschiedliche Rechtsauffassungen könnten schließlich vor den ordentlichen Gerichten entschieden werden und sollten nicht im ersten Schritt zum Gegenstand eines Entlassungsverfahrens vor Nachlassgerichten gemacht werden.


Strenge Maßstäbe für Testamentsvollstrecker

Jedenfalls möchte der Verfasser festhalten, dass tendenziell durchaus strenge Maßstäbe an die Ordnungsgemäßheit der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers durch die befassten Gerichte angelegt werden und Fehler des Testamentsvollstreckers deshalb nicht selten zu dessen Entlassung durch das Nachlassgericht führen. Weiter sei beispielhaft angeführt, dass durch die Rechtsprechung die nicht zeitnahe Bestellung eines Nachlassverzeichnisses nach Amtsannahme des Testamentsvollstreckers bereits ein wichtiger Grund im Sinne des § 2227 Abs. 1 BGB darstelle, der zur Entlassung des Testamentsvollstreckers führen kann. Dies gilt auch für eine längere und nicht zu rechtfertigende Untätigkeit des Testamentsvollstreckers, was nach Erfahrung des Verfassers ein eher häufiges Phänomen darstellt.


Handlungsempfehlungen für Erben: Anwaltliche Beratung und Entlassungsantrag 

Haben Erben den Eindruck, dass die Testamentsvollstreckung nicht ordnungsgemäß erfolgt und haben auch deshalb kein Vertrauen mehr in die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers, sollte anwaltliche Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht in Anspruch genommen werden, um zu prüfen, ob ein Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers aus seinem Amt erfolgversprechend und sinnvoll ist.


[Detailinformationen: RA Arno Wolf, Fachanwalt für Erbrecht, Tätigkeitsschwerpunkt Immobilienrecht, Telefon 0351 80718-80, wolf@dresdner-fachanwaelte.de


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