Erbeinsetzung oder Zuwendung eines Vermächtnisses?

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Die Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Zuwendung eines Vermächtnisses bereitet in der Praxis der Testamentsauslegung oftmals Probleme.

Der Erbe ist der Nachfolger des Erblassers und übernimmt dessen sämtlichen Rechte, aber auch Pflichten. Bei einem Vermächtnis handelt es sich um die Zuwendung eines oder mehrerer Gegenstände aus der Erbmasse an eine bestimmte Person. Diese hat dann gegen den Erben einen Anspruch auf Herausgabe dieser Gegenstände.

Im allgemeinen Sprachgebrauch und damit auch bei der Errichtung von Testamenten werden die Wörter „vererben“ und „vermachen“ häufig anders verwendet, als im Gesetz definiert.

Aus diesem Grunde müssen Testamente von den Nachlassgerichten oftmals ausgelegt werden. Dabei wird der tatsächliche Wille des Erblassers ermittelt, unabhängig von dessen Wortwahl.

Erfolgen beispielsweise in einem Testament Einzelzuweisungen sämtlicher Gegenstände des Nachlasses an verschiedene Personen, ist davon auszugehen, dass mit diesen Zuwendungen Erbeinsetzungen gewollt waren, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Erblasser gar keinen Erben berufen wollte.

Auch die Zuwendung eines Gegenstandes kann Erbeinsetzung sein, wenn dieser Gegenstand das gesamte oder fast das gesamte Vermögen des Erblassers darstellte.

Bei der Auslegung ist ebenfalls zu berücksichtigen, welche Person oder Personen nach dem Willen des Erblassers den Nachlass zu regeln und die Nachlassschulden zu tilgen hat bzw. haben. Denn diese Aufgaben erfüllen regelmäßig die Erben.

Es gibt zahlreiche Entscheidungen über die Abgrenzung zwischen Erbe und Vermächtnisnehmer, die jeweils Einzelfallentscheidungen sind. Denn es ist für jeden Fall zu prüfen, welche Vorstellungen der Erblasser bei der Errichtung des Testaments gehabt hat.

Erbschaftsteuerlich macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis handelt – beide unterliegen der Erbschaftsteuer. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage einer Erbschaft werden jedoch die sog. Nachlassschulden, wie beispielsweise Bestattungskosten oder auch die Erfüllung von Vermächtnissen, abgezogen. Zur Ermittlung der für ein Vermächtnis anfallenden Erbschaftsteuer ist der (steuerliche) Wert des zugewendeten Gegenstandes maßgebend.


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