Erbschein beantragen!

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Der Tod eines geliebten Menschen hinterlässt bei den Hinterbliebenen oft eine tiefe Trauer. Im Zuge der Verarbeitung dieser Trauer fehlt häufig der Antrieb sich mit den amtlichen Folgen des Erbfalles zu beschäftigen. Diese müssen jedoch geregelt werden.  

Ein Erbschein wird benötigt, um die Erbenstellung nach dem Tod eines Menschen nachzuweisen. Diesen braucht man regelmäßig zur Vorlage bei Grundbuchämtern, Banken, Versicherungen, Behörden, etc.

Hierzu folgender Beispielsfall:

Anton und Christel sind verheiratet und haben zwei Kinder. Sie besitzen ein Einfamilienhaus. Jetzt verstirbt Anton, ohne dass ein Testament oder ein Erbschein vorliegt. Was müssen die Erben tun? Erben sind hier die Ehefrau Christel und die beiden Kinder, und zwar als gesetzliche Erben. Sie brauchen einen gemeinschaftlichen Erbschein zur Legitimation.  Diesen können sie nur beim Notar oder dem Nachlassgericht beantragen. Bis der Erbschein dann vorliegt geht einige Zeit ins Land und bis dahin können die Erben hinsichtlich des Nachlasses nichts unternehmen, d.h. sie bekommen grundsätzlich noch nicht einmal Auskunft von der Bank, soweit keine Vollmacht vorliegt, die über den Tod hinauswirkt.

Abwandlung des Beispielsfalls:

Die Eheleute Anton und Christel haben ein handschriftliches sog. „Berliner Testament“ hinterlassen und sich gegenseitig zu Erben eingesetzt. Dieses Testament wurde zuhause aufbewahrt, es wird jedoch erst einige Zeit nach dem Tod von Anton im Haus aufgefunden.
 Was ist hier zu tun? Das Testament muss beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden. Dieses eröffnet das Testament und schickt es der Ehefrau Christel und den Kindern zu. Christel muss hier als Alleinerbin wiederrum einen Erbschein beim Notar oder Amtsgericht beantragen. Bis der Erbschein ihr dann zugesandt wird vergeht erneut einige Zeit. Auch bis dahin besteht keine Möglichkeit Auskunft über den Nachlass von Anton bei Banken oder Versicherungen, etc. zu beantragen, geschweige denn könnte Christel das Einfamilienhaus veräußern bis der Erbschein vorliegt. In diesem Fall braucht Christel viel Geduld, da das Testament zuhause aufgefunden und beim Amtsgericht abgebeben, dieses vom Amtsgericht eröffnet und schließlich noch ein Erbschein beantragt werden muss.

Weitere Abwandlung des Beispielsfalls:

Die Eheleute Anton und Christel waren beim Notar und haben ein notarielles Testament errichtet und sich gegenseitig zu Erben eingesetzt. Der Notar hat dieses Testament beim Amtsgericht einreichen. Danach stirbt Anton. Was ist zu tun?
 In diesem Fall eröffnet das Amtsgericht das notarielle Testament, sobald es durch die Sterbeurkunde Kenntnis vom Tode Antons erlangt hat, und sendet das notarielle Testament der Ehefrau Christel, aber auch den Kindern zu. Auch dieses Prozedere nimmt Zeit in Anspruch, wobei dies von Amtsgericht zu Amtsgericht sehr unterschiedlich ist; jedenfalls ist die Zeitdauer, bis die Erbin hinsichtlich des Nachlasses handlungsfähig ist, erheblich kürzer als in beiden vorangegangenen Fallvarianten.

Wenn man dazu noch unterstellt, dass Anton seiner Ehefrau Christel eine notarielle Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus erteilt hat, kann Christel auch nach dem Tod von Anton handeln. Sie bekommt Auskunft von der Bank, könnte ggf. das Einfamilienhaus verkaufen und sich, bis der Erbschein vorliegt oder das notarielle Testament eröffnet ist, allen Dritten gegenüber legitimieren. Hier ist Christel am flexibelsten und handlungsfähigsten.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag in der Regel dazu führt, dass ein Erbscheinsantrag sich erübrigt. Andernfalls muss der Erbschein grundsätzlich beim Nachlassgericht oder Notar beantragt werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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