Erhält man nach einem Fahrradunfall die Kosten für ein Sachverständigengutachten ersetzt?

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Nicht zuletzt aufgrund der Pandemie zieht es mehr Menschen auf das Fahrrad, Lastenrad oder E-Bike. Aufgrund der Zunahme des gemischten Verkehrs (z.B. Radwege auf der Straße) und den höheren Geschwindigkeiten, beispielsweise durch E-Bike/Pedelec, kommt es in der Folge vermehrt zu Fahrradunfällen.
Die Neupreise vieler Fahrräder erreichen aufgrund der technischen (z.B. E-Bikes) oder bautypischen (z.B. Lastenräder) Ausstattung heute problemlos die Kaufpreise „anständiger“ gebrauchter PKW. Vor allem aufgrund der oftmals verbauten Technik stellt sich daher für die Beteiligten eines Unfalls die Frage, ob ein Gutachter hinzugezogen werden darf und ob die dafür anfallenden Kosten auch vom Unfallgegner zu übernehmen sind.

Genau wie bei einer Beschädigung des PKWs darf immer ein Gutachter hinzugezogen werden. Wenn der Unfall vollständig von der Gegenseite verschuldet worden ist, und es sich nicht um einen Bagatellschaden handelt, müssen diese Kosten grundsätzlich von der Gegenseite übernommen werden.

Merke: Die Bagatellgrenze für Schäden bei PKWs wird bei etwa 750,00 – 1.000,00 € netto Reparaturkosten zzgl. Wertminderung gezogen

Allerdings weigern sich bis heute viele Versicherer die Kosten bei Fahrradunfällen zu übernehmen. Die häufigsten Argumente dafür sind die vermeintliche Bagatellbeschädigung und der Verweis darauf, dass der Gutachter ein Kfz-Sachverständiger sei, es sich hier aber um ein Fahrrad handele.
Inwieweit die Bagatellgrenze auch für Fahrräder herangezogen werden kann, ist derzeit noch nicht abschließend von den Gerichten geklärt. Es lässt sich jedoch festhalten, dass man als Geschädigter eine Pflicht hat den Schaden möglichst gering zu sein. Daher wird man bei offensichtlich oberflächlichen Beschädigungen die Kosten für einen Gutachter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht ersetzt bekommen.

Festzuhalten ist allerdings auch, dass man bei Rädern deutlich schneller im Totalschadenbereich landet, sodass der Wert des Rades vor der Kollision eine größere Rolle spielt. Gerade bei E-Bikes. Pedelecs und Lastenrädern liegt man nicht selten deutlich über der Bagatellgrenze. Da der Totalschaden und dessen Berechnung für Laien auch bei größeren Schäden nicht ohne weiteres erkennbar ist, kann man sich als Faustformel den Neupreis heranziehen. Liegt der Neupreis über 1.000,00 € und handelt es sich nicht um eine Kleinstbeschädigung, sollten grundsätzlich die Kosten für das Gutachten ersetzt werden.

Merke: Ab einem Jahr sollte man einen Wertverlust von 30% und nach zwei Jahren von 50% einkalkulieren. Bei älteren Fahrrädern noch etwas mehr.
Der für das Gutachten beauftragte Sachverständige darf auch ein Kfz-Sachverständiger sein, wenn er zusätzliche Qualifikationen für Fahrräder nachweisen kann. Dafür reichen Weiterbildungslehrgänge aus.

Völlig zu Recht hat daher beispielsweise das Amtsgericht Ansbach (Urteil vom 3. November 2021, Az. 1 C 571/21) die Kosten für ein Gutachten bei einem Neupreis von 2.299,00 € im Rahmen eines Totalschadens zugesprochen.

Ergebnis: Bei einem Fahrradunfall sind insbesondere unter Berücksichtigung der Bagatellgrenze ebenfalls die Kosten für ein Sachverständigengutachten vom Unfallverursacher zu ersetzen.

Haben Sie einen Fahrradunfall erlitten, sind die Schäden am Rad oft zweitrangig - aufgrund von entstandenen Verletzungen. Da ist Klarheit über die vorliegenden Sachschäden von Vorteil, mit jemandem, der Sie in einer solchen Situation nicht allein lässt. Kontaktieren Sie uns daher frühzeitig, sodass wir uns um den Schriftverkehr kümmern können. Denn auch beim unverschuldeten Unfall mit dem Zweirad werden die Anwaltskosten grundsätzlich von der Gegenseite zu tragen sein.

Wir können daher prüfen, welche Schadenersatzansprüche Ihnen zustehen und ob dies auch auf die hier thematisierten Gutachterkosten zutrifft.

Gerne steht Ihnen unser Team zur Verfügung.


Ihr Christian Dannhauer
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht

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