Ermächtigungsgrundlage bei Auskunft über Postsendungen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren

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Postunternehmen können hinsichtlich solcher Postsendungen, die sich nicht mehr in ihrem Gewahrsam befinden, nach den Regelungen der Strafprozessordnung (StPO) nicht zur Auskunft verpflichtet werden. Den Antrag des Generalbundesanwaltes beim BGH, in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat einem Paketzustelldienst aufzugeben, für die Zeit ab einem bestimmten Datum Auskunft über sämtliche an eine bestimmte Person gerichtete Lieferungen zu erteilen, lehnte der BGH mit Beschluss vom 27.10.2016 – 1 BGs 107/16 – ab:


Die StPO sieht hierfür keine Eingriffsnorm vor. Mit Blick auf das Postgeheimnis aus Art. 10 Abs. 1 GG, § 39 PostG kommt als einzige Rechtsgrundlage § 99 StPO in Betracht, nach welcher die Beschlagnahme und – als weniger einschneidende Maßnahme - auch ein Auskunftsverlangen über Sendungen, die an den Beschuldigten gerichtet sind, von ihm herrühren oder für ihn bestimmt sind, zulässig ist. Dies erfordert jedoch, dass sich die Sendung noch im Gewahrsam des Postunternehmens befindet. Anderenfalls stellt § 99 StPO keine taugliche Eingriffgrundlage für eine Auskunftsverpflichtung dar. Das Auskunftsverlangen über Umstände, die dem sowohl verfassungs- als auch einfachrechtlich geschützten Postgeheimnis unterliegen, ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Zwar wurde ein entsprechendes Regelungsbedürfnis im Gesetzgebungsverfahren zu § 39 PostG ausführlich diskutiert, allerdings seitens der Bundesregierung mit Blick auf die nach herrschender Meinung als Minus gegenüber der Beschlagnahmebefugnis in dieser enthaltene Auskunftsbefugnis verneint. Damit habe sich der Gesetzgeber bewusst gegen die Regelung eines über die strafprozessuale Ermächtigungsnorm hinausgehenden Auskunftsanspruches entschieden. Bereits daher verbiete sich aus verfassungsrechtlichen Gründen eine analoge Anwendung auf Auskünfte betreffend Postsendungen, die sich nicht mehr im Gewahrsam des Postunternehmens befinden. Gesetzliche Ermächtigungsgrundlagen zu Eingriffen in Art. 10 GG müssen dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenbestimmtheit und -klarheit genügen, d.h. Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs klar festlegen. Eine Analogie würde dies unterwandern. Auch ein Rückgriff auf die ihrer Rechtsnatur nach lediglich dienstlichen Anweisungen der sog. „Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren“ scheidet aus. Diese Lücke zu schließen, ist daher Aufgabe des Gesetzgebers und nicht der Rechtsprechung.


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