EU-Prospektverordnung zum 21. Juli 2019: Umsetzung der Haftung

  • 4 Minuten Lesezeit

Die Reduzierung von Pflichten für die Emittenten soll die Kapitalaufnahme einfacher, kostengünstiger und effektiver gestalten. Kleine und mittlere Unternehmen sollen angesprochen werden. Bessere Informationen für den Anleger sollen ihn erreichen.

In Zukunft kann nach der EU-Prospektverordnung zum 21. Juli 2019 auch die englische Sprache benutzt werden, es ist dann aber eine deutsche Zusammenfassung vorgesehen.

Für eine Vielzahl von Rechtsverletzungen sind Bußgeldtatbestände vorgesehen. Die Produktintervention soll weiterhin möglich sein.

Die Angaben in dem Prospekt sollen in einer einfachen und verständlichen Sprache erfolgen. Lange Kettensätze sind nicht erwünscht. Umständliche Kettenverweise sollen unzulässig sein.

Eine wichtige Rolle nimmt wohl die Prospektzusammenfassung ein. Sie soll der vorgegebenen Definition entsprechen müssen. Sie soll emissionsspezifische Angaben nach einem bestimmten Aufbau enthalten müssen. Die Zusammenfassung kann nur solche Ausführungen enthalten, die bereits vorher in dem Hauptteil genannt wurden. 

Neue Risiken sollen dort nicht stehen dürfen. Genannt werden dürfen maximal 15 Risikofaktoren. Es sind die zentralen wesentlichen Vermögensgefährdungen. Diese zu benennen, soll Aufgabe des Emittenten sein. Diese Aussagen lassen sich gegebenenfalls weiter untergliedern. Es bestehen sowohl Emittentenrisiken als auch eventuell Wertpapierrisiken.

Die Prospektzusammenfassung soll nur sieben Seiten lang sein dürfen. Wenn ein Garantiegeber vorhanden ist, sind auch acht Seiten möglich. Tritt ein zweiter Garantiegeber hinzu, soll es bei acht Seiten bleiben (es werden nicht neun Seiten).

Ein Prospekt soll die Erklärung enthalten, dass er von der BaFin geprüft wurde, und zwar in Hinblick auf Kohärenz, Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit. Diese (formale) Prüfung sei keine Billigung der Produkte. Ob die Produkte für den Anleger geeignet seien, soll eine Entscheidung sein, die der Anleger selbst treffen müsse.

Mit den Gewinnprognosen soll es sich so verhalten, dass sie in dem Prospekt aufgenommen werden sollen, wenn entsprechende Prognosen vorher schon einmal veröffentlicht worden sind. Die Gewinnprognose muss nicht mehr vom Wirtschaftsprüfer geprüft werden.

Ratings müssen aufgenommen werden, wenn sie vorhanden sind. Ebenso müssen die Schulden angegeben werden.

In Bezug auf die Besteuerungsrisiken soll der allgemeine Hinweis genügen, dass es steuerliche Gesetze gäbe, die den Ertrag schmälern können. Anders soll es sich bei konkreten steuerlichen Risiken verhalten. Für das deutsche Steuerrecht wäre an das Risiko fehlender Gewinnerzielungsabsicht zu denken. 

Das allgemeine Steuerrisiko wird also auf einen knappen Hinweis gekürzt, es sei denn, es gibt besondere steuerliche Gründe, die zu nennen wären.

In Bezug auf die 15 maximal zu nennenden Risikofaktoren in der Zusammenfassung sind die zentralen wesentlichen Risiken maßgeblich, nicht allein die wesentlichen Risiken.

Haftungsfragen: Gemäß Artikel 11 der EU-Prospektverordnung vom 14. Juni 2017 („Prospekthaftung“) sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass je nach Fall zumindest der Emittent oder dessen Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan, der Anbieter, die die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragende Person oder der Garantiegeber für die Richtigkeit der in einem Prospekt und Nachträgen dazu enthaltenen Angaben haftet. 

Die für den Prospekt und Nachträge dazu verantwortlichen Personen seien im Prospekt eindeutig unter Angabe ihres Namens und ihrer Funktion – bei juristischen Personen ihres Namens und ihres Sitzes – zu benennen. 

Der Prospekt müsse zudem Erklärungen der betreffenden Personen enthalten, dass ihres Wissens die Angaben in dem Prospekt richtig seien und darin keine Angaben (nicht?) aufgenommen werden, die die Aussage des Prospekts verändern können (EU-Prospektverordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017).

Offenkundig hat sich in Artikel 11 der EU-Prospektverordnung vom 14. Juni 2017 ein vermutlicher Übersetzungsfehler eingeschlichen, nämlich das folgenden Wort „nicht“ („… der Prospekt muss zudem Erklärungen der betreffenden Personen enthalten, dass ihres Wissens die Angaben in dem Prospekt richtig sind und darin keine Angaben nicht aufgenommen werden, die die Aussage des Prospekts verändern können“). 

Mit den Worten „Angaben nicht aufgenommen“ ist wohl tatsächlich der Begriff „Auslassungen enthalten“ gemeint. Die Entschlüsselung ergibt sich aus der Rückübersetzung der entsprechenden französischen Passage.

Die entsprechende französische Fassung lautet etwas unscharf übersetzt: „… enthält eine Erklärung von ihnen, dass nach bestem Wissen die im Prospekt enthaltenen Informationen der Realität entsprechen und keine Auslassungen enthalten, die ihren Geltungsbereich verändern könnten“.

Damit ist die deutsche Formulierung so zu verstehen, dass keine Auslassungen in den Erklärungen enthalten sein dürfen (statt: keine Angaben nicht aufgenommen).

Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte im Wertpapierprospektgesetz. Gemäß § 8 Wertpapierprospektgesetz ab dem 21.07.2019 hätten zumindest der Anbieter, der Emittent, der Zulassungsantragsteller oder der Garantiegeber die Verantwortung für den Inhalt des Prospekts ausdrücklich zu übernehmen, § 8 Wertpapierprospektgesetz ab dem 21.07.2019. 

Die Prospekthaftung und Haftung bei Wertpapier-Informationsblättern (§ 8 Wertpapierprospektgesetz), die Haftung bei fehlerhaftem Börsenzulassungsprospekt (§ 9 Wertpapierprospektgesetz), sonstigem fehlerhaftem Prospekt (§10 Wertpapierprospektgesetz) und die Haftung bei fehlerhaftem Wertpapier-Informationsblatt (§ 11 Wertpapierprospektgesetz) etc. (§§ 8 – 16 Wertpapierprospektgesetz ab dem 21.07.2019) sind nicht unmittelbar aus der EU-Prospektverordnung übernommen worden, sondern teilweise eigenständig geregelt (in §§ 8 -16 Wertpapierprospektgesetz). 

Fazit: Nach dem Wertpapierprospektgesetz ab dem 21.07.2019 wurden die Regeln zur Prospekthaftung und Haftung bei Wertpapier-Informationsblättern im Wesentlichen unverändert beibehalten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Wilhelm Segelken

Beiträge zum Thema