Exhibitionistische Handlungen gemäß § 183 StGB - Tatbestand und Verteidigungsmöglichkeiten

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Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wird bestraft, wer eine exhibitionistische Handlung begeht und dadurch andere belästigt (§ 183 StGB). Die Strafandrohung klingt nicht sehr schwerwiegend, meinen Sie? Das stimmt, aber bedenken Sie auch, wie Ruf und Reputation unter dem Vorwurf leiden, wenn nicht professionell dagegen vorgegangen wird.

Rechtsanwalt H. Urbanzyk aus Coesfeld (bei Bocholt, Borken, Dülmen) erklärt, unter welchen Umständen der Tatbestand erfüllt ist und wo Verteidigungsansätze bestehen bzw. keine strafbare Handlung begangen wurde.


Der Tatbestand Exhibitionismus 

Täter der strafbaren Handlung können ausschließlich Männer sein, und zwar solche ab 21 Jahren. In Zeiten von Geschlechterfragen bzw. Gender-Debatte sollte noch klargestellt werden, daß es jedenfalls für § 183 StGB auf das Vorhandensein des männlichen Gliedes ankommt.  

Strafbar macht sich, wer seinen nackten Penis einer anderen Person (sei es Mann oder Frau) zeigt, um sich durch das Vorzeigen sexuell zu erregen. Ausreichend ist auch, wenn die sexuelle Erregung durch die Reaktion des anderen erlangt werden soll; das kann sogar die angewiderte Abweisung des sexuellen Ansinnens sein.

Die belästigte Person muß räumlich anwesend sein. 

Nicht strafbar ist ein nur ganz kurzer Blickkontakt auf das Gemächt – in der Praxis kommt es jedoch trotzdem zu Anklagen, obwohl eine Zeugin z.B. konkret aussagt, sie habe den Penis nur ganz kurz gesehen. Hier liegt großes Verteidigungspotential, spätestens im Zeitpunkt der Zeugenbefragung im Gericht.  

Das Vorzeigen des Penis muß zudem einen Widerwillen der Frau hervorrufen, damit eine Straftat vorliegt. Beispiele sind das Hervorrufen von Ekel und Abscheu oder eine Verletzung des Schamgefühls. Ist der Wahrnehmende lediglich verwundert, überrascht, macht sich lustig oder gibt sich gar mitleidig ob des Verhaltens oder der Penisgröße, so liegt keine Belästigung vor.       

Für den Erfolg der Belästigung genügt Eventualvorsatz. Wenn der Beschuldigte, also z.B. auf eine positive Reaktion hofft und sich letztlich mit der Möglichkeit einer Anwiderung abfindet. 


Verteidigungsansätze im subjektiven Tatbestand

Hier: Absicht der Wahrnehmung des Gliedes durch andere Personen


Sehr streng sind die Anforderungen an den sogenannten subjektiven Tatbestand. Es geht also um das Vorstellungsbild des Beschuldigten über seine Tat.


Der Täter des § 183 Abs. 1 StGB muß hinsichtlich der Wahrnehmung des seines Gliedes durch eine andere Person mit direktem Vorsatz handeln. Das Handeln muß also von der Absicht der Wahrnehmung des eigenes Penis durch eine andere Person getragen sein.


Notwendig ist Absicht der konkreten Herstellung der optischen Beziehung von Glied und Zeugin; denn ohne die tatsächliche Herstellung einer optischen Beziehung zu dem Tatopfer und ohne das sichere Wissen des Täters um die konkrete Existenz dieser Beziehung kann von einer absichtsvollen "Exhibition" im Sinne von § 183 I StGB schon begrifflich nicht ausgegangen werden.


Es genügt für eine Strafbarkeit also nicht, daß eine mögliche Wahrnehmung des Gliedes durch andere bloß billigend in Kauf genommen wird.


Beispiele:


  • Ein Beschuldigter sagt, es hätte ihn erregt, wenn die Frau möglicherweise seinen erigierten Penis wahrgenommen haben. > kein Tatvorsatz trotz Vorzeigen des Gliedes; straflos


  • Ein Beschuldigter sagt, er wisse gar, ob die Frau möglicherweise seinen erigierten Penis wahrgenommen habe, weil sich beide die ganze Zeit in die Augen schauten. > eher kein Tatvorsatz trotz Vorzeigen des Gliedes; je nach Einzelfall straflos


  • Ein Beschuldigter sagt, er wollte unbedingt, daß die Frauen seinen Penis sehen, um sich zu erregen. > Absicht liegt vor; strafbar



Verteidigungsansätze im subjektiven Tatbestand

Hier: keine sexuelle Motivation der Entblößung des Gliedes


Fraglich ist auch stets, ob das Vorzeigen des Gliedes der sexuellen Erregung des Beschuldigten dient oder der Wille der eigenen sexuellen Erregung nachweisbar ist.


Ein Verteidigungsansatz besteht darin, ob Zeuginnen z.B. keine über das Wahrnehmen des Gliedes hinausgehende Wahrnehmung zu einer sexuellen Befriedigung oder sonstigem Lustgewinn machen konnten.


Ein Verteidigungsansatz besteht darin, wenn der Beschuldigte / Angeklagte angegeben hat, sexuelle Erregung, Lustgewinn oder Befriedigung durch sein Handeln nicht erreichen zu wollen. Wenn der Beschuldigte als Fred Vorzeiger, wie es früher hieß, nur mal „abschalten“ oder wegen Streß mal „ausflippen“ wollte, ist ein Rückschluß auf Strafbarkeit wegen sexueller Erregung sicher nicht ohne Weiteres möglich.    



Wichtig: Schweigen und Verteidiger beauftragen!   


Bedenken Sie, welche Stigmatisierung der Vorwurf mit sich bringt!


Gerade die möglichen Verteidigungsansätze im Vorstellungbild des Beschuldigten sollten Ihnen daher verdeutlicht haben, daß Sie als Beschuldigter des Exhibitionismus auf keinen Fall mit der Polizei über den Tatvorwurf reden sollten. Denn wissen Polizei und Gericht nicht, was in Ihrem Kopf vorgeht, wird es mit der Überführung zumindest schwieriger.


Vom neunmalklugen Reden mit der Polizei, um „etwas richtig zustellen“ oder ähnlichem, ist dringend abzuraten. Die Polizei ist schlauer als Sie, wird im Bereich Sexualstraftaten zudem sehr ruppig - und weiß vor allem die richtigen Fragen zu stellen, deren auch nur ansatzweise „falsche“ Beantwortung den Vorwurf erst besiegeln könnte.


Wenn schon der Vorwurf im Raum steht, reden Sie allein mit einem versierten Strafverteidiger, der Akteinsicht nimmt, Ihren Fall mit Ihnen bespricht und die richtige Verteidigungsstrategie empfiehlt. Selbst wenn Sie schon mit der Polizei gesprochen haben und glauben, Sie könnten nichts mehr an Ihrer Bestrafung ändern, kontaktieren Sie einen Rechtsanwalt für Strafrecht! Denn grundsätzlich und mit viel Geschick im Einzelfall kann Ihr Verfahren vielleicht doch noch eingestellt werden.


Heiko Urbanzyk ist als Fachanwalt für Strafrecht nicht nur in Coesfeld (bei Dülmen, Ahaus, Gescher), sondern auch bundesweit für Sie in Sexualstrafverfahren tätig. Einfach Kontakt per mail oderWhatsApp / Signal aufnehmen: 0151-52068763.  

Foto(s): Heiko Urbanzyk

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