Fahrradunfall: Muss Versicherung Gutachterkosten erstatten?

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Immer mehr Fahrräder sind auf den deutschen Straßen unterwegs. Immer häufiger kommt es dabei zu Unfällen. Das liegt zum einen sicher an der höheren Geschwindigkeit von E-Bikes und Pedelecs, aber auch daran, dass so viele Verkehrsteilnehmer ganz einfach mit unterschiedlichem Tempo unterwegs sind – seien es Fußgänger, Autofahrer, E-Scooter- oder Lastenrad-Fahrer. Kommt es zu einem Fahrradunfall, kann inzwischen auch der Schaden recht hoch sein – moderne Fahrräder können je nach Ausstattung schnell einen guten vierstelligen Betrag kosten. Klar ist, dass der Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung den entstandenen Schaden ersetzen muss. Gilt das aber auch für die Kosten eines Sachverständigengutachtens, das die Schäden am Fahrrad erst feststellt und beziffert?

AG Ansbach: Gutachterkosten sind erstattungsfähig

Mit dieser Frage hat sich das Amtsgericht Ansbach beschäftigt (AG Ansbach, Urteil v. 3.11.2021, Az.: 1 C 571/21). Es ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gegenseite die Kosten für ein Sachverständigengutachten unter bestimmten Voraussetzungen erstatten muss.

Wie so oft hatte sich die gegnerische Versicherung geweigert, die Kosten für ein Gutachten zur Ermittlung der Schadenshöhe zu übernehmen. Das hat sie damit begründet, dass der Schaden an dem betroffenen E-Bike unterhalb der Bagatellgrenze läge. Außerdem sei der Totalschaden offensichtlich gewesen – ein Gutachten allein daher schon nicht erforderlich. Schließlich sprach die Versicherung dem Sachverständigen auch noch die Kompetenz ab, da er „nur“ Kfz-Gutachter, aber kein Fahrradgutachter sei.

Diese Argumentation hat das Gericht nicht überzeugt. Es hielt im konkreten Fall die Kosten für ein Gutachten bei einem E-Bike mit einem Neupreis von über 2.000 Euro für erstattungsfähig.

Wie begründet das Gericht seine Entscheidung?

Das Gericht stellt bei seiner Entscheidung insbesondere heraus, dass angesichts des Neupreises des E-Bikes ganz sicher kein Bagatellschaden vorliegen könne. (Hinweis: Beim Kfz-Unfall liegt die Bagatellgrenze beispielsweise bei etwa 700-1.000 Euro.)

Dass bei dem Fahrrad ein Totalschaden vorlag, sei vor dem Ergebnis des Gutachtens für einen Laien auch nicht erkennbar gewesen. Die Qualifikation des Gutachters sah das Gericht schließlich auch als ausreichend an, um seine Kosten für erstattungsfähig zu erklären. Er habe sich zum einen auf dem Gebiet „Fahrräder“ nachweislich weitergebildet, zum anderen gebe es eine spezifische Ausbildung zum Fahrradgutachter bisher überhaupt nicht. Wäre das Gericht daher der Argumentation der Versicherung gefolgt, müssten auf absehbare Zeit bei Fahrradunfällen wohl nie Gutachterkosten erstattet werden. Unfallgegner und Versicherung könnten dann ganz einfach immer die fehlende Qualifikation des Gutachters als Fahrradgutachter ins Feld führen. Vor einer solchen Entwicklung bewahrt diese Entscheidung des Amtsgerichts Ansbach alle bei Fahrradunfällen Geschädigten.

Fahrradunfall: Was ist jetzt zu tun?

Sie sind in einen Fahrradunfall verwickelt worden und Sie oder Ihr Fahrrad haben dabei Schaden genommen? Sprechen Sie mich gerne an. Ich prüfe für Sie, welche Sach- und ggf. Personenschäden von der Gegenseite zu ersetzen sind – und ob Gutachterkosten im konkreten Fall ebenfalls erstattungsfähig sind. Haben Sie keine Schuld an dem Unfall, ist die Gegenseite übrigens auch verpflichtet, die Kosten für einen Rechtsanwalt zu übernehmen.



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