Fairness und Nachvergütung im Urheberrecht: Was Kreative und Unternehmen wissen sollten
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Viele Kreative kennen diese Situation: Ein aufwendig produziertes Werk erzielt später große Reichweite und wirtschaftlichen Erfolg. Doch der oder die Urheber:in hat davon kaum etwas. Wie kann das sein? Und was sagt das Gesetz dazu? In dieser Folge des Podcasts Kaffeerecht sprechen wir über genau diese Fragen – und werfen einen Blick auf die rechtlichen Regelungen zur Nachvergütung im Urheberrecht.
Die Rechtsgrundlage: Paragrafen 32 bis 32e UrhG
Das Urhebervertragsrecht wurde Anfang der 2000er reformiert, um Urheber:innen stärker zu schützen. Kernelemente sind:
§32 UrhG: Anspruch auf angemessene Vergütung – auch dann, wenn nichts oder zu wenig vereinbart wurde.
§32a UrhG: Anspruch auf Nachvergütung, wenn sich das Werk wirtschaftlich erfolgreicher entwickelt als erwartet.
§32d UrhG: Proaktive Auskunftspflicht des Vertragspartners über Nutzung und Erträge.
§32e UrhG: Auskunftsanspruch auch gegen Dritte, an die Nutzungsrechte weitergegeben wurden.
Diese Vorschriften greifen besonders dann, wenn eine Pauschalvergütung vereinbart wurde, das Werk aber überproportional erfolgreich wird.
Konkreter Anlass: Das OLG-Köln-Urteil zur Auskunftspflicht
Der Podcast nimmt ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 15.11.2024 zum Anlass, sich intensiver mit §32e UrhG zu beschäftigen. In dem Fall verlangte eine Filmemacherin von RTL Auskunft über Werbeeinnahmen, die mit der Ausstrahlung ihrer Reportage erzielt wurden. Und zwar nicht nur für den Zeitraum der Sendung selbst, sondern auch für Werbung direkt davor und danach.
Das Gericht gab ihr Recht: Die Werbeeinnahmen stünden in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem ausgestrahlten Werk. Es spiele keine Rolle, ob RTL Werbeslots generell oder gezielt für bestimmte Formate verkaufe – entscheidend sei die wirtschaftliche Verknüpfung. Damit wurde der Anwendungsbereich von §32e UrhG praxisnah und weitreichend konkretisiert.
Bedeutung für die Praxis: Wer muss wem was sagen?
Besonders spannend ist die Erkenntnis, dass nicht nur der direkte Vertragspartner des:der Urheber:in zur Auskunft verpflichtet ist, sondern auch Dritte. Das heißt: Wenn ein Werk an einen Sender oder Verlag lizenziert wurde, muss auch dieser Informationen über wirtschaftliche Erträge offenlegen.
Außerdem betonte das Gericht: Der Aufwand zur Auskunftserteilung muss in einem angemessenen Verhältnis zur zu erwartenden Nachvergütung stehen. Im konkreten Fall war das gegeben – ein Hinweis darauf, dass es hier tatsächlich um relevante Beträge geht.
Die "Fairness-Paragrafen" im Lichte der Vertragsgestaltung
Was heißt das nun für die Vertragsgestaltung?
Pauschalvergütungen können riskant sein. Denn wenn ein Werk überraschend erfolgreich ist, drohen Nachforderungen.
Erfolgsbeteiligungen schaffen Transparenz. Beteiligungsmodelle an Reichweite oder Erlösen vermeiden spätere Konflikte.
Der §32e ist nicht abdingbar. Auch wer einen umfassenden Vertrag unterschreibt, behält diesen Auskunftsanspruch.
Unternehmen sollten deshalb präzise regeln, wie sich eine Beteiligung an Erlösen bemisst. Kreative wiederum sollten sich nicht mit Pauschalen abspeisen lassen, wenn wirtschaftlicher Erfolg realistisch erscheint.
Verweis auf die Podcast-Folge
Wer tiefer einsteigen möchte, findet die vollständige Diskussion und viele Praxisbeispiele in der Podcast-Folge #46: Fairness und Nachvergütung im Urheberrecht. Hier erklären wir anschaulich, wie die Rechtsprechung funktioniert, was die Hintergründe des Urteils sind und wie sich Kreative und Unternehmen klug vertraglich aufstellen können.
Fazit: Transparenz statt Streit
Das Urhebervertragsrecht will ein wirtschaftliches Gleichgewicht zwischen Kreativen und Verwertern schaffen. Die Rechtsprechung entwickelt diese Regeln weiter und stärkt damit die Position der Urheber:innen. Wer sich frühzeitig mit angemessener Vergütung und transparenter Auskunft befasst, vermeidet langwierige Auseinandersetzungen und schafft Fairness auf beiden Seiten.
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