Familiengesellschaft und Familienpool - optimale Nachfolgegestaltung

  • 8 Minuten Lesezeit

1. Was ist eine Familiengesellschaft?

Eine Familiengesellschaft (auch Familienpool oder Familienholding genannt) hat zwei charakteristische Eigenschaften:

  1. In der Gesellschaft wird das Vermögen einer Familie gebündelt, das in der Regel aus Unternehmensbeteiligungen, Immobilien und/oder Kapitalvermögen besteht.
  2. An der Gesellschaft sind ausschließlich oder überwiegend die Mitglieder einer Familie (Einfamiliengesellschaft) bzw. mehrerer Familien (Mehrfamiliengesellschaft) beteiligt.

Die Gründer (m/w/d) bringen bestimmte Vermögensgegenstände in die Familiengesellschaft ein, die neue Eigentümerin dieses Vermögens wird. Die Familiengesellschaft wird von der Familie gehalten und verwaltet und stellt die Grundlage für das Vermögen und Einkommen der Familie dar. Auf die Nachfolger (m/w/d) werden künftig nur noch Anteile an der vermögensverwaltenden Familiengesellschaft übertragen.

2. Warum eine Familiengesellschaft?

Die Hauptmotive für die Errichtung einer Familiengesellschaft sind:

  1. Sicherung des Vermögens in Familienbesitz auch in künftigen Generationen (asset protection).
  2. Umsetzung von Nachfolgen und Generationswechseln unter Wahrung von Einfluss und Einnahmequellen der älteren Generation.
  3. Optimierung der steuerlichen Belastung von Gewinnen und insbesondere bei Übertragungen.

a. Vorteile

Familiengesellschaften haben gegenüber Einzelschenkungen (unter Nießbrauchvorbehalt) und Erbengemeinschaften eine Reihe von erheblichen Vorteilen:

  1. Freibeträge optimal nutzen: durch schrittweise Übertragung der Anteile können die Freibeträge des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts alle 10 Jahre bestmöglich ausgenutzt werden (Bsp: statt Übertragung von Bruchteilen an Immobilien werden passgenau Unternehmensanteile übertragen). 
  2. Ertragsteuerliche Optimierung: Zudem können durch Aufteilung des Einkommens auf die gesamte Familie einkommensteuerliche Freibeträge mehrfach genutzt sowie ein Progressionsvorteil in der Familie erreicht werden (sog. Familiensplitting).
  3. Schaffung von neuem Abschreibungspotential: bei Immobilienvermögen kann ggf. durch Verkauf bzw. Einbringung der Immobilien in eine gewerblich geprägte Familiengesellschaft neues Abschreibungsvolumen (AfA-Step-Up) generiert werden.
  4. Das Vermögen kann ohne Aufteilung bzw. Zerschlagung in die Familiengesellschaft eingebracht werden und dort einfacher und gerechter verteilt und dadurch Streitigkeiten in der Familie vermieden werden (Bsp: weder müssen Immobilien aufgeteilt werden, noch können Diskussionen um den Wert der einzelnen Immobilien entstehen, da sie in Gänze auf die Familiengesellschaft übertragen werden).
  5. Die ältere Generation kann sich durch gesellschaftsvertragliche Gestaltung die Kontrolle über die Familiengesellschaft vorbehalten und die Gewinne vereinnahmen, sodass keine Abhängigkeit von den Kindern bzw. Enkeln entsteht. Demgegenüber verliert der Schenker bei einer Schenkung die Verfügungsmacht über das Vermögen an den Beschenkten.
  6. Die jüngere Generation kann schrittweise am Vermögen beteiligt und sukzessive an die Verantwortung für die Familiengesellschaft herangeführt werden. Es ist auch möglich, minderjährige Kinder an der Familiengesellschaft zu beteiligen.
  7. Die persönliche Haftung der Gesellschafter kann durch Wahl einer haftungsbeschränkten Rechtsform ausgeschlossen werden.
  8. Der Gesellschaftsvertrag ermöglicht Bindungen der Familienmitglieder, die das Vermögen vor einer Zerschlagung schützen, z.B. Kündigungsbeschränkungen, Abfindungsbeschränkungen, Verkaufsbeschränkungen und erbrechtliche Übertragungsbeschränkungen (Bsp: anders als in einer Miteigentümergemeinschaft oder Erbengemeinschaft ist keine Teilungsversteigerung möglich).
  9. Ehepartner und Schwiegerkinder können auf Wunsch durch gesellschaftsvertragliche Gestaltung sowie dem Abschluss von Eheverträgen und Pflichtteilsverzichten vom Vermögen der Familiengesellschaft ferngehalten werden.
  10. Pflichtteilsansprüche und Pflichtteilsergänzungsansprüche können durch gesellschaftsvertragliche Erbklauseln und Abfindungsbeschränkungen sowie Pflichtteilsverzichte vermieden bzw. vermindert werden.
  11. Gläubiger können nicht auf das Vermögen der Familiengesellschaft, sondern lediglich auf den Anteil des betroffenen Gesellschafters zugreifen, wobei der Gläubiger aufgrund gesellschaftsvertraglicher Bestimmung nicht Gesellschafter werden und der Abfindungswert des Anteils im Gesellschaftsvertrag der Vermögensverwaltungsgesellschaft reduziert werden kann.
  12. Insbesondere bei Immobilienvermögen können die Vollzugskosten für Übertragungen langfristig gesenkt werden, da im Fall einer Personengesellschaft Anteilsübertragungen nicht notariell beurkundet werden müssen, während bei Übertragung von Immobilien oder Bruchteilen daran stets Notarkosten anfallen.

b. Nachteile

Diesen Vorteilen stehen nur wenige Nachteile gegenüber:

  1. Die Errichtung und laufende Verwaltung (insb. Buchhaltung) der Familiengesellschaft verursacht gewisse Kosten.
  2. Je nach Rechtsform und Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags können für grundlegende Änderungen der Familiengesellschaft qualifizierte Mehrheiten erforderlich sein.

3. Für wen und wann ist sie sinnvoll?

Steht die steuerliche Optimierung im Vordergrund lohnt sich die Errichtung einer Familiengesellschaft in der Regel für die Strukturierung von größeren Vermögen (siebenstelliges Vermögen und mehr, in der Regel ab ca. 3mio €). Geht es primär darum, bestimmte Vermögenswerte langfristig im Familienbesitz zu erhalten, kommt eine Familiengesellschaft auch unterhalb dieser Schwelle in Betracht.

Im Idealfall wird die Familiengesellschaft bereits frühzeitig und nicht erst am Lebensende der älteren Generation errichtet, um die Vorteile dieser Gestaltung länger nutzen zu können (z.B. Freibeträge alle 10 Jahre). In jedem Fall sollte die Nachfolge zu Lebzeiten der älteren Generation im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vollzogen werden, da sie dadurch unter Einbeziehung aller Beteiligten bestmöglich rechtssicher umgesetzt werden kann.

4. Für welches Vermögen ist sie sinnvoll?

Das eingebrachte Vermögen kann aus Immobilien, Unternehmensbeteiligungen und/oder Kapitalvermögen bestehen. 

Sinnvoll ist eine Einbringung in den Familienpool, wenn die Vermögensubstanz langfristig in der Familie erhalten werden soll und nur die Erträge entnommen werden. Immobilien können dabei grundsätzlich grunderwerbsteuerfrei auf einen Familienpool in Form einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft übertragen werden.

Soll die Substanz von Vermögenswerten z.B. zwecks Altersversorgung planmäßig (durch Verkauf) verbraucht werden, sollte dieses Vermögen ggf. nicht in den Familienpool eingelegt werden. 

Wenn die Erträge des eingelegten Vermögens nicht allen Gesellschaftern des Familienpools, sondern weiterhin nur dem Vermögensinhaber zugerechnet werden sollen, so kann dieser den Vermögenswert unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts auf die Familiengesellschaft übertragen, damit die Einkünfte weiterhin vollständig ihm zugerechnet werden. 

Hinsichtlich des Familienheims der Elterngeneration sollte genau überlegt werden, ob dieses in den Familienpool eingebracht wird oder ob die Eltern ihr Eigenheim lieber im freien Privatvermögen behalten.

5. Welche Rechtform?

Als Rechtsform kommt je nach Lage des Einzelfalls in Betracht eine:

  1. GbR,
  2. KG,
  3. GmbH & Co. KG, oder
  4. GmbH.

Die passende Rechtsform muss durch Prüfung der Familienstruktur, der Zusammensetzung des Vermögens sowie der steuerlichen Belastung individuell ermittelt werden. Hierbei müssen die jeweiligen Vor- und Nachteile der Rechtsformen gegeneinander abgewogen werden.

Sollen minderjährige Kinder beteiligt werden, so bietet sich häufig eine KG oder GmbH & Co. KG an, in der die Minderjährigen eine Stellung als Kommanditist erhalten. Abhängig von der jeweiligen Konstellation sind für die Beteiligung von Minderjährigen zudem eine Zustimmung des Familiengerichts sowie die Bestellung eines Ergänzungspflegers notwendig.

6. Haftung der Gesellschafter?

Abhängig von der Rechtsform haften die Gesellschafter eines Familienpools 

  • entweder unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen (z.B. GbR-Gesellschafter und Komplementäre einer KG), oder 
  • beschränkt auf ihre Einlage in das Gesellschaftsvermögen (z.B. GmbH-Gesellschafter und Kommanditisten einer KG).

7. Wer hat die Kontrolle?

Die Entscheidungsbefugnisse können maßgeschneidert auf die jeweilige Familienkonstellation festgelegt werden.

Die Gründer der Familiengesellschaft können sich Sonderrechte hinsichtlich der Verwaltung der Familiengesellschaft einräumen. Bspw. kann ein grundsätzlich unentziehbares Sondergeschäftsführungsrecht verbunden mit Einzelvertretungsberechtigung sowie Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB vereinbart werden, um das Tagesgeschäft eigenverantwortlich führen zu können. 

Selbst wenn sich die Gründer aus dem operativen Geschäft zurückziehen, können sie ihren Einfluss durch Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafterversammlung absichern. Bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen können sich die Gründer Mehrstimmrechte oder ein Vetorecht vorbehalten, um die Beschlussfassung maßgeblich beeinflussen zu können.

Die junge Generation kann schrittweise an die Leitung der Familiengesellschaft herangeführt werden. So können Nachfolger bspw. zunächst von der Geschäftsführung ausgeschlossen sein und später Gesamtgeschäftsführungs- und -vertretungsbefugnis erhalten.

Typischerweise möchte sich die ältere Generation zunächst die Kontrolle über die Familiengesellschaft weitgehend vorbehalten, während die Nachfolgegeneration möglichst bald ihre eigenen Vorstellungen umsetzen will. Zudem können die geschäftsführenden Gesellschafter bestrebt sein, den Einfluss der nur passiv beteiligten Gesellschafter möglichst gering zu halten. Das darin liegende Konfliktpotential sollte durch geschickte Gestaltung des Gesellschaftsvertrags sowie Regelung eines Streitschlichtungsverfahrens entschärft werden.

8. Wie werden Gewinne verteilt?

Die Gewinnverteilung kann individuell geregelt werden.

Benötigen die Gründer die überwiegenden Einnahmen zu Zwecken der Altersabsicherung, so kann bspw. zu ihren Gunsten eine disquotale Gewinnverteilung vereinbart werden oder sie können die Anteile unter Vorbehalt eines Nießbrauchs an die Nachfolger übertragen. Um die laufende Liquidität der Gründer zu sichern, können sie z.B. monatliche Zahlungen in Form von Gewinnvorschüssen erhalten. Aktiv tätige Gesellschafter können ein Gehalt von der Gesellschaft bekommen.

In der Ausschüttungspolitik liegt ein häufiges Konfliktfeld zwischen den geschäftsführenden Gesellschaftern und den nur passiv beteiligten Gesellschaftern. Gehört ein Unternehmen zum Vermögen der Familiengesellschaft haben die Geschäftsführer naturgemäß ein Interesse daran, dass Gewinne zur Finanzierung des Unternehmens einbehalten werden, während passive, nur vermögensmäßig beteiligte Gesellschafter regelmäßig eine großzügigere Ausschüttung wünschen.

Dieses Spannungsverhältnis kann durch gesellschaftsvertragliche Regelung einer Mindestgewinnausschüttung sowie einer maximal zulässigen Thesaurierungsquote austariert werden.

9. Wer kann Anteile erhalten?

Die Frage, wer Gesellschafter der Familiengesellschaft sein kann und wer nicht, kann individuell beantwortet werden.

So kann geregelt werden, dass lediglich Familienmitglieder Anteile halten können. Dies kann, muss aber nicht Ehepartner bzw. eingetragene Lebenspartner und Schwiegerkinder von Familienmitgliedern umfassen. Generell sollte überlegt werden, ob Familienmitglieder einen Ehevertrag sowie einen Pflichtteilsverzicht abschließen müssen, damit Ehepartner und Schwiegerkinder bei Scheidung oder Tod nicht am Vermögen der Familiengesellschaft beteiligt werden. 

Regelmäßig unerwünscht ist, dass Dritte in den Gesellschafterkreis eindringen können. Ihre Beteiligung kann daher gesellschaftsvertraglich ausgeschlossen werden - ggf. mit Ausnahme eines abweichenden Gesellschafterbeschlusses.

Rechtlich abgesichert werden diese Vorgaben durch eine Vinkulierung sowie erbrechtliche Nachfolgeklauseln im Gesellschaftsvertrag. Flankierend sollten die Gesellschafter ein dazu passendes Testament bzw. einen Erbvertrag aufsetzen.

10. Können Anteile wieder entzogen werden?

Zur Absicherung können der älteren Generation bestimmte Widerrufsvorbehalte in Bezug auf die geschenkten Anteile am Familienpool eingeräumt werden, mit denen sie die Anteile zurückfordern können, z.B. wenn der Nachfolger einen unerwünschten Lebenswandel vollzieht, seine Beteiligung eine problematische Steuerlast auslöst oder der Nachfolger vor dem Schenker verstirbt.

Zudem kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass ein Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen aus wichtigem Grund aus dem Familienpool ausgeschlossen werden kann, wenn eine Fortführung mit dem betreffenden Familienmitglied unzumutbar ist. Der ausscheidende Gesellschafter erhält in diesem Fall eine Abfindung, die jedoch durch gesellschaftsvertragliche Gestaltung unter den Verkehrswert reduziert werden kann.

11. Beratung und Begleitung

Aufgrund ihrer Flexibilität und Gestaltbarkeit eignen sich Familiengesellschaften hervorragend zur Planung und Umsetzung von  steueroptimierten Nachfolgen mit dem Ziel, das Vermögen in den Händen der Familie zu erhalten. Dabei sind Familiengesellschaften so unterschiedlich wie die Familien selbst und müssen durch maßgeschneiderte Beratung an den jeweiligen Einzelfall angepasst werden.

Gerne erarbeiten wir mit Ihnen die für Ihre Familie passende Lösung. Melden Sie sich jederzeit, wenn Sie eine Frage zum Thema Familiengesellschaften haben oder eine Beratung wünschen.


Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Rainer Freudenberg LL.M.

Beiträge zum Thema