Schenkung bzw. Vererbung von Gesellschaftsanteilen an minderjährige Kinder - familienrechtliche Fallstricke beachten

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Die Beteiligung minderjähriger Nachfolgerinnen und Nachfolger in Familienunternehmen ist aus verschiedenen Gründen üblich, birgt jedoch familienrechtliche Komplexitäten, die vorab geprüft werden sollten, um rechtliche Unwirksamkeiten zu vermeiden. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren unterliegen bei der Übernahme von Unternehmensanteilen durch Schenkung besonderen Regelungen hinsichtlich ihrer Geschäftsfähigkeit. Eltern, die ihre Kinder durch Schenkung beteiligen wollen, können aufgrund von Interessenkonflikten von der Vertretung ihres Kindes ausgeschlossen sein, sodass die Bestellung eines Ergänzungspflegers durch das Familiengericht notwendig wird. Zudem bedürfen bestimmte Übertragungen der Genehmigung des Familiengerichts, insbesondere bei Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften, die ein Erwerbsgeschäft betreiben. Für die Errichtung neuer Gesellschaften mit minderjährigen Beteiligten und bei Erbschaften gelten spezifische Regelungen, wobei unter bestimmten Umständen die Einsetzung eines Ergänzungspflegers oder eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich sein kann.

1. Minderjährige Nachfolger

In Familienunternehmen werden nicht selten minderjährige Abkömmlinge an der Firma beteiligt. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

  • die Nachfolger sollen rechtzeitig an das Unternehmen herangeführt werden;
  • die steuerlichen Freibeträge sollen frühzeitig ausgeschöpft und nach Möglichkeit alle 10 Jahre wieder genutzt werden;
  • die ältere Generation verstirbt zu früh oder unerwartet. 

Die Beteiligung von Minderjährigen unterliegt besonderen familienrechtlichen Beschränkungen, die vor jeder Nachfolge geprüft werden sollten. Andernfalls kann die Nachfolge rechtlich unwirksam sein. 

Dieser Artikel befasst sich mit den familienrechtlichen Besonderheiten bei der Beteiligung von Minderjährigen. Allgemeine Ausführungen zur Schenkung von Unternehmensbeteiligungen finden Sie hier. Zur Vererbung von Unternehmen lesen Sie bitte diesen Rechtstipp.

2. Lebzeitige Schenkung einer Beteiligung

Häufig erhalten Kinder bzw. Enkelkinder eine Beteiligung durch Schenkung Ihrer Eltern oder Großeltern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. 

Zu beachten ist hierbei, dass Kinder bis 6 Jahre geschäftsunfähig sind und bei der Schenkung durch ihre Eltern vertreten werden (§ 104 BGB). 

Im Alter zwischen 7 und 17 Jahren sind Kinder beschränkt geschäftsfähig und können nur dann selbst handeln, soweit das Geschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist, was bei einer Unternehmensnachfolge häufig nicht der Fall ist, sodass sie ebenfalls durch ihre Eltern vertreten werden müssen (§§ 106, 107 BGB). 

Im Bereich von Unternehmensnachfolgen ist das Vertretungsrecht der Eltern jedoch auf verschiedene Weise gesetzlich beschränkt:

a. Ergänzungspfleger

Insbesondere wenn die Eltern ebenfalls an dem Unternehmen beteiligt sind, können die Eltern nach dem Gesetz von der Vertretung ihres Kindes ausgeschlossen sein, sodass sie es nicht wirksam beim Abschluss des Schenkungsvertrages vertreten können (§§ 1629 Abs. 2, 1824 BGB). Hintergrund ist der mögliche Interessenkonflikt der Eltern, die sowohl für sich selbst als auch für ihr Kind handeln.

Dies gilt insbesondere für den Fall der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH, auch wenn die Anteile voll eingezahlt sind. Ebenfalls für Anteile an einer GbR oder OHG.

In diesen Fällen muss durch Antrag beim zuständigen Familiengericht für den Abschluss des Schenkungsvertrags ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Sollen mehrere Kinder beteiligt werden, muss für jedes Kind ein separater Ergänzungspfleger bestellt werden. Hierbei können die Eltern Vorschläge für die Person des Ergänzungspflegers unterbreiten, denen das Gericht folgen kann.

Eine Ausnahme hiervon besteht nach umstrittener Auffassung für die Übertragung von voll eingezahlten Kommanditanteilen an einer KG oder GmbH & Co. KG.

b. Zustimmung des Familiengerichts

Unabhängig vom Erfordernis, ggf. einen Ergänzungspfleger bestellen zu müssen, muss die Nachfolge in bestimmten Fällen zusätzlich durch das Familiengericht genehmigt werden.

Genehmigungsbedürftig sind insbesondere der entgeltliche wie unentgeltliche Erwerb von Anteilen an einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft, die ein Erwerbsgeschäft betreibt (§§ §§ 1643 Abs. 1, 1852 Nr. 1 BGB). Der Antrag wird beim zuständigen Familiengericht gestellt.

Grundsätzlich nicht genehmigungspflichtig ist der Erwerb eines Gesellschaftsanteils, wenn der Zweck der Gesellschaft in der Verwaltung eigenen Vermögens besteht, was typischerweise bei einer vermögensverwaltenden Familiengesellschaft oder einem Familienpool der Fall ist.

3. Exkurs: Gründung einer neuen Gesellschaft

Soll eine neue Gesellschaft unter Beteiligung eines Minderjährigen errichtet werden, muss der Gesellschaftsvertrag für den Minderjährigen im Regelfall durch einen Ergänzungspfleger abgeschlossen werden. Dies folgt daraus, dass die Begründung des Gesellschaftsverhältnisses nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, bspw. wegen Übernahme einer Einlageverpflichtung oder von persönlicher Haftung.

Die Genehmigung des Familiengerichts ist zusätzlich notwendig, wenn die Gesellschaft ein Erwerbsgeschäft betreiben soll (§§ §§ 1643 Abs. 1, 1852 Nr. 2 BGB). Eine Ausnahme gilt wiederum für reine Vermögensverwaltungsgesellschaften.

4. Vererbung einer Beteiligung

Die Vererbung eines Gesellschaftsanteils unterscheidet sich von einer Schenkung zu Lebzeiten grundlegend dadurch, dass der Beteiligungserwerb durch Erbschaft kraft Gesetzes erfolgt (und nicht durch Rechtsgeschäft). Das Kind wird bei einer Erbschaft nicht durch die Eltern vertreten, da die erbrechtlichen Rechtsfolgen von Gesetzes wegen eintreten. Daher gelten auch die vorgenannten familienrechtlichen Beschränkungen nicht, wenn der Abkömmling einen Anteil als Erbe erwirbt, d.h. es ist weder ein Ergänzungspfleger noch eine familiengerichtliche Zustimmung notwendig.

Ausnahmen können jedoch in folgenden Konstellationen gelten, sodass im Ergebnis die Bestellung eines Ergänzungspflegers und/oder die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich sein können:

  1. Die Beteiligung wird dem Minderjährigen durch Vermächtnis zugewandt, da dieses nach dem Erbanfall durch Rechtsgeschäft erfüllt werden muss. Dieses Risiko kann ggf. durch Einsetzung eines Testamentsvollstreckers abgemildert werden.
  2. Dem Minderjährigen steht lediglich ein Eintrittsrecht zu, die Beteiligung nach dem Erbanfall durch Rechtsgeschäft zu erwerben (insb. Eintrittsklauseln bei Personengesellschaften).

Sehr wichtig ist, die erbrechtliche Verfügung im Testament oder Erbvertrag mit dem Gesellschaftsvertrag abzustimmen, um sicherzustellen, dass der erbrechtliche Nachfolger auch gesellschaftsrechtlich nachfolgeberechtigt ist und in der Gesellschaft verbleiben darf.

5. Beratung und Begleitung

Wir besitzen langjährige Erfahrung mit Familienunternehmen unter Beteiligung von minderjährigen Kindern. Kommen Sie gerne auf uns zu, wenn Sie Fragen haben oder eine Beratung wünschen.

Mehr Informationen finden Sie auf unserer Website: https://freudenberg-law.com/


Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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