Fehlerhafte Eurogine Spirale - Schmerzensgeldansprüche möglich!
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Fehlerhafte Eurogine Spirale: Schmerzensgeld bis zu 7.500,- € einklagbar |
Für viele ist hormonfreie Verhütung von großer Bedeutung. Aus diesem Grund wenden sich jährlich tausende Frauen der Kupferspirale zu, auch als Intrauterinpessare (IUP) bekannt. Diese wird von medizinischem Fachpersonal eingesetzt und verweilt je nach Modell etwa 5 bis 7 Jahre im Körper, wobei sie eine Schwangerschaft ohne Hormoneinsatz verhindert. Im Jahr 2018 wurden erstmals aus Spanien Mängel an den Kupferspiralen des Herstellers Eurogine gemeldet. Daraufhin gab das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Ende 2019 eine Warnung an Gynäkologen und medizinische Einrichtungen heraus, die diese Spiralen verwendeten. Infolgedessen wurde der Vertrieb dieser Spiralen in Deutschland im selben Jahr eingestellt. Es wird geschätzt, dass mehrere tausend fehlerhafte Kupferspiralen eingesetzt wurden, was zu schwerwiegenden Gesundheitsproblemen führen kann. Einige Patientinnen haben bereits erfolgreich Klagen gegen den spanischen Hersteller eingereicht und Schadensersatz zwischen 2.000 und 7.500 Euro erhalten. Dieser Artikel geht auf die Hintergründe dieser Gerichtsverfahren ein, beschreibt den Verlauf der Prozesse und beleuchtet die vielversprechenden Aussichten für Betroffene, die noch in diesem Jahr Klage erheben. |
Mehrere Chargen sind fehlerhaft |
Eurogine produziert verschiedene Typen von Kupferspiralen, einschließlich der Modelle ANCORA, NOVAPLUS und GOLD T. Bei diesen Modellen wurde ein sprödes Kunststoffmaterial für die horizontalen Seitenarme verwendet, was deren Bruchrisiko erhöht. Ein Herstellungsfehler führt dazu, dass sich an spezifischen Stellen dieser Arme Bariumsulfat-Klumpen bilden, die die Sprödigkeit verstärken und so zum Bruch der Arme beitragen können. Betroffene Chargen sind:
Die Risiken dieser defekten Kupferspiralen umfassen das Brechen eines oder beider Seitenarme, was die spontane Ausstoßung der Spirale, die Notwendigkeit einer Entfernung im Rahmen eines operativen Eingriffs unter Vollnarkose, eine ungewollte Schwangerschaft sowie weitere Operationen zur Entfernung eventuell im Körper verbliebener Fragmente nach sich ziehen kann. Die mit diesen medizinischen Eingriffen verbundenen körperlichen und psychischen Schmerzen sind für viele Betroffene erheblich, insbesondere wenn unklar bleibt, ob Fragmente der Spirale im Körper verbleiben und weitere Schäden verursachen könnten. Eine ungewollte Schwangerschaft kann ebenfalls erhebliche emotionale und finanzielle Belastungen nach sich ziehen. Die fehlende Warnung der Betroffenen hängt damit zusammen, dass Kupferspiralen in Deutschland als Medizinprodukte gelten, die lediglich einmalig mit einem CE-Zeichen versehen werden. Bei Fehlern in Medizinprodukten erfolgt kein automatischer Rückruf; stattdessen werden lediglich medizinisches Fachpersonal informiert, wobei diese Informationen im hektischen Alltag einer Praxis oft untergehen. Eine direkte Benachrichtigung der Betroffenen unterbleibt, da es in Deutschland keine systematische Erfassung der Kontaktdaten zu diesem Zweck gibt. |
Klagen gegen Eurogine erfolgreich |
Viele gerichtliche Auseinandersetzungen mit dem spanischen Hersteller Eurogine endeten erfolgreich für die Klägerinnen. Der Fall ist meistens klar: Durch die Verwendung von sprödem Kunststoff bei der Produktion der Kupferspiralen entstand ein Produkthaftungsfall im Sinne des Produkthaftungsgesetzes (ProdHaftG), was den Hersteller Eurogine zur Haftung auch ohne eigenes Verschulden verpflichtet, sobald eine Gesundheitsschädigung der Betroffenen vorliegt, gemäß § 1 ProdHaftG. Dies schließt nach § 8 ProdHaftG auch Ansprüche auf Schmerzensgeld mit ein. Patientinnen, die die Spirale in einer deutschen Praxis eingesetzt bekommen haben, können auch in Deutschland gegen Eurogine klagen, da der Ort des schädigenden Ereignisses hier der Einsetzungsort der Spirale ist. In einem spezifischen Fall wurde einer Klägerin 2018 in Hamburg eine fehlerhafte Kupferspirale von Eurogine eingesetzt, die sich 2021 löste und bei der ein Seitenarm fehlte, der auch bei nachfolgenden Untersuchungen nicht aufgefunden werden konnte. Der Bruch dieses Arms diente als Prima-facie-Beweis für einen Produktmangel, da keine andere plausible Ursache ersichtlich war. Die betroffene Patientin musste sich zwei operativen Eingriffen unterziehen, darunter einer unter Vollnarkose, und sie litt unter der Sorge um den Verlauf und die Ergebnisse dieser Operationen. Das Landgericht Hamburg sprach ihr dafür ein Schmerzensgeld von 2.000 Euro zu (Urteil vom 14.11.2022, Aktenzeichen 322 O 63/22). In einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Offenburg wurde einer Klägerin am 18.04.2024 ein Schmerzensgeld von 7.000 Euro zugesprochen (Urteil noch unveröffentlicht). Die Seitenarme ihrer Spirale waren im Körper gebrochen und mussten unter Vollnarkose entfernt werden. Sie litt unter den Belastungen durch den Fremdkörper, was vom Gericht anerkannt wurde. Dass die Spirale etwa ein Jahr über die vom Hersteller empfohlene Liegedauer hinaus verwendet wurde, war für das Urteil irrelevant. Über diesen Fall berichtet die Anwaltskanzlei CLLB aus München und Berlin. |
Was Betroffene tun können |
Die Kupferspiralen von Eurogine wurden bis 2019, ohne dass man sich der Mängel bewusst war, eingesetzt und sind für eine Nutzungsdauer von 5 Jahren vorgesehen, weshalb bis Ende 2024 weiterhin Brüche auftreten könnten. Patientinnen, die erst in diesem Jahr durch Medienberichte (z.B. https://www.zdf.de/politik/frontal/fehlerhafte-kupferspirale-verhuetung-medizinprodukt-100.html) von der Fehlerhaftigkeit der Spiralen Kenntnis erlangten, haben in der Regel kein Verjährungsproblem. Es wird jedoch empfohlen, keine Zeit zu verlieren, da der Hersteller noch in diesem Jahr die Verjährung erreichen möchte. Zur optimalen Vorbereitung auf eine Klage sollten Betroffene sich mit ihren Ärztinnen und Ärzten in Verbindung setzen und alle relevanten medizinischen Unterlagen sammeln, einschließlich des Spiralenmodells und der Behandlungsdokumentationen, die die körperlichen und gegebenenfalls psychischen Auswirkungen bestätigen. Für diejenigen, die ungewollt schwanger wurden, könnten auch Ansprüche auf Freistellung von Unterhaltsverpflichtungen nach § 4 des Medizinproduktegesetzes (MPG) relevant sein. Eine Rechtsberatung ist hierzu zu empfehlen. Es ist zudem wichtig zu wissen, dass in solchen Gerichtsverfahren die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann, was den Betroffenen in einer Verhandlung einen geschützten Rahmen bietet. |
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