Arbeitsrecht 2025: Was sich ändert – und was das für Sie bedeutet
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Von digitalen Verträgen bis zur Zeiterfassung – wie der Bürokratieabbau den Arbeitsalltag erleichtern soll |
Der digitale Wandel klopft an die Bürotür Das Arbeitsrecht verändert sich – und das nicht zu knapp. Im Jahr 2025 kommen gleich mehrere Neuerungen auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu. Neben der Erhöhung von gesetzlichem Mindestlohn und Minijobgrenze bringt vor allem das neue „Vierte Bürokratieentlastungsgesetz“ (kurz: BEG IV) Schwung in die Büroräume. Das Ziel ist: weniger Papierkram, mehr digitale Abläufe und klarere Regeln für die Arbeitswelt von heute. Doch was bedeuten diese Änderungen konkret? Wird die Unterschrift auf Papier nun vollständig ersetzt? Und welche Dokumente dürfen tatsächlich digital übermittelt werden? Keine Sorge – wir bringen Licht ins juristische Dunkel. |
Was sich im Arbeitsrecht 2025 ändert: |
Was viele nicht wissen: Ein Arbeitsvertrag musste grundsätzlich nie schriftlich abgeschlossen werden – in den meisten Fällen genügte sogar eine mündliche Vereinbarung oder ein einfacher „Handschlag“. Wichtig ist jedoch: Sobald der Vertrag eine Befristung enthält, ist weiterhin die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben, vgl. § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). In der Praxis wurde die Freiheit zur mündlichen Vereinbarung allerdings stark eingeschränkt – und zwar durch das sogenannte Nachweisgesetz (NachwG). Nach der früheren Fassung des § 2 Abs. 1 NachwG mussten zentrale Vertragsinhalte – wie etwa die vereinbarte Vergütung – zusätzlich schriftlich dokumentiert und dem Arbeitnehmer in Papierform übergeben werden. Kurz: Die Schriftform i.S.d. § 126 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sollte eingehalten werden. Doch was ist darunter zu verstehen? Nun folgt die Erleichterung: Beispiele hierfür sind:
Wichtig ist: Die Erklärung darf nicht einfach nur flüchtig angezeigt werden – z. B. auf einem Bildschirm ohne Speichermöglichkeit. Entscheidend ist, dass die betroffene Person jederzeit auf die Information zugreifen und die Erklärung unverändert wiedergegeben werden kann.
Auch Zeugnisse können jetzt digital erteilt werdenWer ein Arbeitszeugnis bekommt, darf es ab 2025 auch elektronisch erhalten – wenn er oder sie das möchte. Zu beachten ist hier jedoch, dass die Textform jedoch dafür nicht genügt. Vielmehr ist die Erteilung in elektronischer Form i.S.d. § 126a BGB erforderlich. Trotz digitaler Übermittlungsmöglichkeit ist dies mit höherem Aufwand verbunden als eine einfache Erteilung in Textform. Wenn das Arbeitszeugnis elektronisch unterschrieben werden soll, muss der Name im Dokument genannt und eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) verwendet werden. Diese besonders sichere Form der Signatur ist durch die eIDAS-Verordnung der Europäischen Union (EU) geregelt und kann die Schriftform nach § 126 Abs. 3 BGB ersetzen – sofern das Gesetz nichts anderes verlangt. Genau dies war in der alten Fassung in § 630 S. 3 BGB aber der Fall. Um eine QES zu nutzen, muss die Identität der unterzeichnenden Person zuvor eindeutig bestätigt werden, etwa per Online-Ausweisfunktion (eID) oder ein Video-Ident-Verfahren. Das erforderliche Zertifikat wird ausschließlich von zugelassenen Vertrauensdiensteanbietern (VDA) ausgestellt, die in der von der EU-Kommission zur Verfügung gestellten aktuellen Ansicht der Vertrauenslisten aller EU-Mitgliedstaaten eingesehen werden können. Komplizierter als ein Übermitteln in Textform, aber am Ende doch angenehmer - sofern das erforderliche Zertifikat bereits eingeholt wurde. Elternzeit & Co. jetzt einfacher beantragenFür werdende Eltern gibt es gute Nachrichten: Ein Anspruch auf Elternzeit oder Teilzeit kann ab dem 01.05.2025 einfach per E-Mail geltend gemacht werden. Vorher musste der Antrag schriftlich eingereicht werden – und wenn man das vergaß, konnte dies dazu führen, dass der Antrag auf Eltern- oder Teilzeit unwirksam ist. Das ist jetzt zum Glück etwas leichter. Allerdings ist Vorsicht geboten: Diese Lockerung gilt nur für Eltern, die ihre Kinder nach dem 01.05.2025 geboren haben. Lockerungen bei LeiharbeitsverträgenAuch in der Zeitarbeit tut sich was. Verträge über Leiharbeit (auch „Arbeitnehmerüberlassung“ genannt) dürfen nun in Textform abgeschlossen werden. Praktisch – denn Verstöße gegen die alte Formvorschrift konnten richtig teuer werden: Bußgelder von bis zu 30.000 Euro waren möglich. |
Arbeitszeiterfassung: Wer wann wie lange arbeitet, muss bald genau dokumentiert werden |
Schon seit 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Beschluss vom 13.09.2022 - Az. 1 ABR 22/21 entschieden: Arbeitgeber müssen erfassen, wann ihre Mitarbeiter mit der Arbeit anfangen, aufhören und wie viele Überstunden sie machen. Das ist kein Vorschlag, sondern Pflicht – und zwar auch ohne eine konkrete Ausgestaltung von Vorschriften. Der Hintergrund? Ein Urteil vom 14.05.2019 - Az. C-55/18 des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Unternehmen in der EU müssen danach verpflichtet werden, die gesamte Arbeitszeit systematisch zu erfassen. Zuvor war nach dem Arbeitszeitgesetz nur erforderlich, dass Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden. Seit dem EuGH-Urteil hat das BAG über das Arbeitszeitgesetz hinaus den § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) unter Berücksichtigung dieser europäischen Rechtsprechung herangezogen und verbindlich entschieden, dass die Pflicht zur systematischen Erfassung der Arbeitszeit besteht. Dies hat zur Folge, dass die Arbeitszeit elektronisch dokumentiert werden muss, auch wenn eine konkretisierte rechtliche Ausgestaltung noch fehlt. Bezweckt wird insbesondere der Schutz der Arbeitnehmer vor unbezahlten Überstunden und fehlender Einhaltung von Pausen. Um mehr Rechtssicherheit zu schaffen, liegt inzwischen ein Gesetzesentwurf vor, der derzeit von der Regierung beraten wird. Ausnahmen von der Pflicht zur systematischen Arbeitszeiterfassung sollen voraussichtlich für Kleinbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten gelten. Außerdem sollen Tarifpartner in Zukunft individuelle Lösungen vereinbaren können. Mehr Flexibilität bei der ArbeitszeitDie elektronische Zeiterfassung erhöht nicht nur die Transparenz, sondern stärkt auch das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie schafft die Grundlage für moderne, flexible Arbeitszeitmodelle und erleichtert es Beschäftigten, ihre Arbeitszeit eigenständig und verantwortungsvoll zu gestalten. Wer also beispielsweise morgens lieber joggen geht und abends produktiver ist, sofern es die sonstigen Arbeitsbedingungen zulassen – nur zu! Hauptsache, die Zeit wird sauber dokumentiert. |
Bürokratieabbau mit digitalem Rückenwind |
Das große Ziel hinter all den Änderungen: Weniger Bürokratie, mehr Effizienz. Für Arbeitgeber heißt das:
Für Arbeitnehmer bedeutet es:
Aber Achtung: Der Datenschutz darf keinesfalls vergessen werden. Wer mit digitalen Dokumenten und persönlichen Daten arbeitet, muss sicherstellen, dass diese gut geschützt sind – durch sichere IT-Systeme und klare Zugriffsrechte. |
Was Arbeitgeber aufgrund der Änderungen im Arbeitsrecht beachten sollten |
Damit Arbeitgeber nicht in ein digitales Fettnäpfchen treten, empfehlen wir folgende Schritte:
Auch Arbeitnehmer sollten sich informieren und sicherstellen, dass alles korrekt dokumentiert wird. Fazit und Ausblick für das Arbeitsrecht 2025:Das Jahr 2025 bringt viele Neuerungen im Arbeitsrecht. Die gute Nachricht: Vieles wird einfacher, schneller und übersichtlicher. Unternehmen sparen Zeit und Papier, Beschäftigte behalten den Überblick – und alle sind ein Stück näher an der modernen Arbeitswelt. Aber: Wer bestimmte Regeln ignoriert, riskiert rechtliche Konsequenzen. Deshalb gilt: Jetzt die rechtlichen Grundlagen kennen und ggf. handeln - nicht erst dann, wenn es zu spät ist! Sie wollen auf Nummer sicher gehen?Um rechtliche Risiken zu vermeiden, ist eine fundierte juristische Beratung unerlässlich. Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, die neuen gesetzlichen Vorgaben zu verstehen und rechtskonform umzusetzen, damit Sie in der digitalisierten Arbeitswelt nicht den Anschluss verpassen. Kontaktieren Sie uns gerne unter der Telefonnummer: 📞 Tel.:04202 / 638370 📧 E-Mail:info@rechtsanwaltkaufmann.de Dieser Artikel ist stark vereinfacht und dient lediglich zu Informationszwecken. Eine individuelle Beratung mit einem Rechtsanwalt ist zu empfehlen! |
Link zum Artikel “Änderungen im Arbeitsrecht 2025”:Mehr zum Thema “Arbeitsrecht”:
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Quellen zum Thema “Digitalisierung im Arbeitsrecht”: |
Was genau muss ein „dauerhafter Datenträger“ im Sinne des § 126b BGB leisten?
Ein dauerhafter Datenträger muss gewährleisten, dass die übermittelten Informationen
unverändert gespeichert werden können,
jederzeit zugänglich und lesbar sind,
dauerhaft aufbewahrt werden (z. B. in E-Mail-Postfächern, als PDF-Datei auf Festplatten oder in revisionssicheren Plattformen),
und bei Bedarf in ihrer ursprünglichen Form wiedergegeben werden können.
Flüchtige Darstellungen – etwa rein im Browser ohne Download- oder Speicherfunktion – genügen nicht. Arbeitgeber sollten deshalb auf dokumentenbasierte Formate (PDF, E-Mail mit Anlage) oder spezialisierte DMS/ECM-Systeme setzen, die Archivierungs- und Revisionssicherheit nachweisen können.
Gelten die digitalen Erleichterungen (Textform) uneingeschränkt oder gibt es Ausnahmen?
Die neuen Regelungen greifen grundsätzlich für
Arbeitsverträge (inkl. befristeter Verträge, soweit in Textform übermittelt),
Zeugniserteilung (in elektronischer Form mit qualifizierter elektronischer Signatur)
sowie Elternzeit- und Teilzeitanträge ab dem 01.05.2025.
Ausnahmen bestehen weiterhin in besonders schwarzarbeitsgefährdeten Branchen wie
Baugewerbe und
Gaststättengewerbe,
wo nach wie vor die strenge Schriftform (§ 126 BGB) vorgeschrieben bleibt. Außerdem kann jede Arbeitnehmerin bzw. jeder Arbeitnehmer auf Papierform bestehen, auch wenn digital übermittelt wurde (§ 126b S. 3 BGB)
Ab wann und für wen ist die elektronische Arbeitszeiterfassung verpflichtend?
Die Pflicht zur systematischen Erfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit wurde durch das BAG bereits mit Beschluss vom 13. 09. 2022 (Az. 1 ABR 22/21) eingefordert, basierend auf dem EuGH-Urteil vom 14. 05. 2019 (C-55/18).
Ein Regierungsentwurf zur Konkretisierung (mit möglichen Ausnahmen für Kleinbetriebe unter zehn Beschäftigten und individuellen Tariflösungen) befindet sich aktuell in der Beratung.
Umsetzungsempfehlung: Arbeitgeber sollten zeitnah ein rechtskonformes, elektronisches Zeiterfassungssystem einführen und prüfen, ob sie sich auf die vorgesehenen Ausnahmeregelungen berufen können.
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