Filesharing - ein Abmahnanwalt plaudert aus dem Nähkästchen (Teil 2)

  • 2 Minuten Lesezeit

Gestern hatten wir begonnen, ein Interview mit einem Abmahnanwalt zu veröffentlichen. Heute geht es weiter.

Frage:

Wieviele Filesharing-Abmahnungen sprechen Sie eigentlich aus?

Antwort:

Ich bitte um Verständnis, dass ich hier keine konkreten Zahlen nennen darf. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass die Zahl hoch ist.

Frage:

Das bringt uns zum nächsten Problem: Ist die hohe Zahl der Filesharing-Abmahnungen nicht rechtsmissbräuchlich?

Antwort:

Sie haben Recht, eine hohe Zahl von Abmahnungen kann ein Hinweis auf Rechtsmissbrauch sein. Im UWG ist das in § 8c Abs. 2 sogar ausdrücklich geregelt: Im Zweifel, aber auch nur im Zweifel, ist Rechtsmissbrauch anzunehmen, wenn die Anzahl der Abmahnungen außer Verhältnis zur eigenen Geschäftstätigkeit steht oder wenn der Abmahnende das Kostenrisiko für die Abmahnungen nicht selbst trägt. Das ist im Urheberrecht so nicht anwendbar. Meine Mandanten sind übrigens wie bereits gesagt meistens große, weltweit tätige Firmen, die mich selbstverständlich auch bezahlen.

Eine große Zahl von Rechtsverletzungen zieht eine große Zahl von Abmahnungen nach sich. Nur weil viele Leute Filesharing betreiben, wird das nicht legal. Ich vergleiche das gern mit Falschparkern: Die Stadt Köln hat im Jahr 2022 mehr als eine halbe Million Knöllchen verteilt. Das ist auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Frage:

Beim Falschparken reden wir über Verwarnungsgelder ab 20,00 EUR; Sie verlangen mehrere Hundert Euro nur für Schadensersatz.

Antwort:

Beim Falschparken gibt es auch keinen Schadensersatz, das ist eine reine „Strafe“. Eine Strafe verlangen meine Mandanten gar nicht. Aber dass Filesharing in unseren Fällen strafbar ist, steht auf einem anderen Blatt. Hier geht es nur um Schadensersatz. Den Schaden können meine Mandanten nach der sog. Lizenzanalogie berechnen…

Frage:

… also dem Betrag, den vernünftige Leute in Kenntnis der Sachlage als Lizenz für Filesharing vereinbart hätten…

Antwort:

... und die Gerichte haben in den letzten Jahren Schadensersatzbeträge von mehreren Hundert bis mehreren Tausend Euro bestätigt.

Frage:

Nun sagt der BGH in seiner Entscheidung „Tauschbörse I“ aber, dass keine vernünftige Privatperson 200,00 EUR für einen Musiktitel zahlen würde. Damit sind die von Ihnen geforderten Beträge doch offensichtlich zu hoch.

Antwort:

Hat der BGH das? Nun, das ist wohl bisher niemandem so recht aufgefallen.

Frage:

Aber ist dieser ganze Abmahnumfang notwendig? Kann die Unterhaltungsindustrie das bisschen Filesharing nicht verschmerzen? Und die drei ??? , um ein Beispiel zu nennen, verdienen doch auch so genug Geld? 

Antwort:

Naja, ganz so stimmt das nicht. Natürlich wird immer noch viel Umsatz gemacht. Sie dürfen aber nicht vergessen, dass nur sehr wenige Produktionen ihre Kosten wieder einspielen. Die finanzieren dann wirtschaftliche Flops mit. Diese wirtschaftlichen Flops sind in künstlerischer Hinsicht aber oft sehr hochwertig. Wenn mit erfolgreichen Produktionen durch Filesharing weniger Gewinn erzielt wird, können weniger erfolglose Produktionen mitfinanziert werden, und das wäre ein kultureller Verlust. Ein Beispiel: Die ersten Alben von Herbert Grönemeyer sind gefloppt. Eine Produktionsfirma sah aber trotzdem das Potential und hatte das Durchhaltevermögen, um ihn aufzubauen. Und genau für solche Fälle brauchen wir erfolgreiche Produktionen. Verkürzt gesagt heißt das: Filesharing hätte Herbert Grönemeyer verhindert.

Den Schluss des Interviews können Sie morgen hier lesen Freuen Sie sich darauf!

Foto(s): Adobe Stock

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs

Beiträge zum Thema